Nachtjäger 65 schrieb:
Fehler können jedem passieren und passieren auch jedem, auch mir, wenn auch nur selten :21: .
Ich schreib das ganze deswegen ein wenig "direkter", weil nach einem schlechten Schuß Schluß mit lustig sein muß. Dann gibt es eine leidende Kreatur und weitere Fehler vergrößern das Leiden nur, dann ist auch keine Kuschelpädagogik mehr möglich sondern Klartext. Das dies ausgerechnet unter "Jungjäger fragen" dann einen fragenden Jungjäger evtl. vor den Kopf stößt und zukünftige Fragende davon abhält weiß ich ebenfalls. Aber wenn ich abwäge - leidende Kratur und deren Leid frühstmöglich beenden- und - Kuschelpädagogik - fällt mir die Wahl nicht schwer. Nachtjäger
...mir schon:
- weil ich nicht mit religiösen Versatzstuecken zu denken gewohnt bin, wenn ich jage;
- weil ich mich von dem Leid eines mir völlig fremden Wesens distanzieren kann. Ohne es zu vermenschlichen, ihm denselben Schmerz und dieselbe Konfrontation mit derselben Endlichkeit unterzuschieben, welche mir selbst bei so nem Kugelriss einsam durch's Hirn gingen;
- weil ich selbst immer noch jage, obwohl mir solcherlei Pannen passiert sind. Und damit feststeht, dass die nächste nur eine Frage der Zeit ist, mit wachsendem Alter und mieserer Sicht sogar wahrscheinlicher wird;
- weil hier ne Frau einen noch passablen Schuss, ein fehlendes absplitterndes Teilchen durch beide Lungen entfernt von ziemlich soforttoedlich, abgegeben hat und so ziemlich ihren ersten. Weil ich mich einfühle in eine schussgehemmte Anfängerin, die sich eben wahnsinnig schuldig und versagend fühlt Ganz ohne jedes zusätzliches unnoetige Wort;
- weil ich mich einfühle in den Partner dieser Frau, der erstens genau wie ich nicht doof Kritik über ihr ausschütten mag nach diesem kleinen Mucken nach unten, der nach der gebotenen Arbeit eines DL ausharrte und das weiterhin sehr lebendige Stück für sie und die gemeinsame Reputation als Jagdgäste mit seinen Mitteln beharrlich verfolgte und das Saeulein erlegte.
Nachtjäger 65 schrieb:
Jagd ist kein Schießstand. Jemand, der eine halbe Stunde auf dem Schießstand zielt ohne abzudrücken wird wohl für bekl*ppt oder unfähig erklärt. Auf dem Ansitz zwingt dich aber niemand, zu schießen, wenn du nicht sauber drauf bist. Dann kannst du auch einfach den Finger gerade lassen, tief Luft holen oder mal eine Rauchen. Die nächste Möglichkeit kommt bestimmt.
Das ist in Zeiten der "Drückjagdjunkies und -nomaden, ich schieß das Wild bis 1000 m Tod und Wald vor Wild Rassisten" nicht modern, aber hilft der Kreatur, nicht mit einem Stück Blei im Körper durch die Gegend zu wanken. Sollten hier mal einige drüber nachdenken.
Wh
Nachtjäger
...haben wir teilweise schon, ich zum Beispiel.
Die "Erziehung" eines Jägers beschraenkt sich für mich darauf, seinen Beutewillen und sein Selbstbewusstsein zu stärken, so wie man das von nem Fahrlehrer erwarten kann - indem der selbst jagt, mehr jagt, richtig jagt. Kleine Tipps - o.k. - aber ins Steuer reingreifen nurmehr im alleraeussersten Notfall. Und nach dem Schuss ist schluss mit lustig ist genau mitten in der kurve am Abgrund fuer die Psyche der Betroffenen. Hier wäre ich etwa selbst mit meinem Hund so lange in dem Acker geblieben, bis die Sau rausgebrochen wäre. Aber - auch nur als Unbetroffener - einen Satz des Gatten zu kritisieren, dass man halt ein wenig rumwackle oder ähnlich..wäre mir nie eingefallen, würde ich niemals machen.
Du misst die Welt der wahren Jagenden an einem Maßstab wie Dschingis Khan und beginnst damit gleich bei Anfängern ? Du erwartest Zögern, Wegziehenlassen, die totale Kontrolle fuer den totaltödlichen Schuss auf breitstehendes Wild und siehst nicht, dass jeder Anfänger an diesem Rad geköpft werden MUSS, immer . Und Du meinst, mit solchem Selbstverständnis und nach solcher "Zucht" seien einige Auserlesene vielleicht tatsächlich imstande, in einem Revier ausreichend Beute zu machen ?
Und wer sagt Dir, in den wenigen Momenten, wo Du noch fahrlässig fehlbar warst und schuldig wirst, was für ein Riesen-Idiot Du selber bist ? Belegst Dich dann selbst mit 100 Stunden Schiesstraining und Jagdverbot ?
Jagen betreibt man nicht auf dem Boden antispeziesistischer Totalidentifikation mit "Gottes Mitkreatur" , kein Jagender tut das wirklich. Man erloest auch keine Schwachen sondern Quietschfidel gesundes Wild, ohne wirkliche Not; man ist auch nicht als perfekte Toetungsmaschine draußen. Sondern man will die Beute, will sich dabei erregen, will sich mit der möglichen Fehlbarkeit auseinandersetzen - und wenn sie zuschlägt, dann ist dies vor allem eine narzisstische Kränkung . Echtes Mitleid aber erwächst daraus nur wenig, es ist eine Ungeduld des Herzens....wäre es mehr, dann würdest auch Du nimmer jagen. Denn ein wesentlicher Teil der Faszination des Jagens ist und bleibt das Versagen, das ausgelöste Leid, die immer mögliche Totalpanne. Das macht den Reiz aus, ansonsten Waters dickbluetiges Abknippsen, cool, wohlueberlegt und ...schal. Wer sich sowas aber oefter antut, den treibt Grade dieses Messerschneide. Und je schärfer sie ist, je besser einer schließlich vielleicht wird, desto härter wird es ih / sie am Ende gar zum Schuss auf Rehe treiben, die mit "allen Vieren in der Luft" waren und wo sie (" flüchtete Schrei auf mich zu, weißt !" ) deshalb nur ca 30 cm vorne hin gehalten hatten....die Meister dann, 8 Miles High.
Und Dein Schlenker über Drueckjagdnomaden zeigt ja dann auch den Rest : Du traust, Dich, in die abgrundtief schwarzen Herzen anderer hineinzuinterpretieren, was für charakterlose Menschen das wohl sein muessen, die den Wald mit nem Schiestand verwechseln - Dein Mitleiden mit der Mitkreatur wird angesichts Deiner Haerte und Selbstgerechtigkeit im Umgang mit Deinem Nächsten dann vollends merkwürdig ....soviel Brutalität bring ich nicht auf.
"Gnade" gegenüber dem Wild zu zeigen ist ne trivial abgeforderte "Leistung" - frag Deine kleinen Kinder. Dann die allerhöchste Achtsamkeit beim kill vom Jaeger zu verlangen , wenn gepaart mit solcherart gnadenloser " Zucht" anderer perfekter Ritualschlaechter , ist aber ein Programm zum Jaegerausrotten und zum eigenen Scheitern. Ganz abgesehen von konsekutiver Schalenwildplage.
"Nicht geschossen ist auch daneben" ist kein zynischer Spruch, sondern genau gegen diese Gralsdenkerische Frömmelei gottloser Waidgerechter gerichtet, die gleich vorne weg eins niemals waren oder sind: nämlich Weidgenossen. So fehlbar wie wir eben alle nunmal sind und so neidlos glücklich im Gelingen.
Weidmannsheil dem Erlegerpaar, weiterjagen:
Ihr habt restlos alles richtig gemacht, richtig gesagt.
Und jetzt waer' s schön, carcano haett gute Laune und wuerde das alles ein wenig besser gedacht und formuliert auch noch beschauen - denn wir stehen hier an einem der tiefsten Gräben der Jagerei.
Gruß,
Martin