Ich habe einen Pirschbezirk des HessenForst per Jagderlaubnisschein "gepachtet". Das war ein riesiger Reinfall. Hier schildere ich euch meine persönliche Erfahrung.
Ich bin seit Jahren Jäger und habe zuletzt lange Jahre bei einem privaten Pächter über BGS gejagt. Kirrungen beschicken, Hochsitzbau, das ganze Programm. Nach einem Umzug war es nicht so einfach, sich eine neue Jagdmöglichkeit zu erschließen. Da wurde mir über Umwege ein Pirschbezirk des HessenForst (HF) angeboten.
Vertragsabschluss zum Jagderlaubnisschein (JES)
Was folgte, war ein reines Verkaufsgespräch, von dem sich wenig als wahr herausstellte. Die Konditionen: 800 € Entgelt für das einjährige Jagdrecht in einem ca. 100 ha großen Pirschbezirk. Das klang nicht schlecht und war deutlich günstiger als mein alter BGS in der Großstadtnähe. Allerdings haben viele Jäger im KJV Restriktionen geäußert vor der Staatsjagd, aber es war nie konkret. Einmal traf ich einen, der auch mal einen Pirschbezirk hatte. Sein einziger Kommentar: "Die sollen sich einen anderen Dummen suchen!" Auch hier im Forum fand ich nichts konkretes über JES beim HF.
Ich verabredete also einen Ortstermin mit dem zuständigen des Forstamtes im Pirschbezirk. Da wurde es noch blumiger: alles jagbare Wild frei, keine Revierarbeit, eine Gesellschaftsjagdeinladung inklusive, weibliches Rotwild frei, sogar Hirsche Klasse III "unter bestimmten Voraussetzungen" und wenn man fleißig Reh- und Rotwild geschossen hat, dann bekommt man im Folgejahr einen vergünstigten Tarif. Die 800 € seien schließlich Rotwildtarif! Damit nicht genug, der Förster habe persönlich "gerade dort vorne" im vergangenen Jahr sogar Sikawild gesehen! Dies sei selbstverständlich frei.
Was zu gut klingt, um wahr zu sein, ist es auch.
Ich bohrte nach und es kamen die ersten Einschränkungen: keine Anlage von Kirrungen, kein Aufstellen von Kameras, keine Nachtjagd, etc. Es gäbe dann noch eine Jagdruhe im Sommer für zwei, drei Wochen, um das Rotwild zu schonen.
Die Realität des Jagderlaubisscheins
Die Realität sah anders aus. Ich bekam den Jagderlaubnisschein erst im Mai, nachdem ich mehrfach angerufen hatte. Es hieß sodann, der April sei ohnehin ein Jagdruhemonat gewesen. Auf dem JES war gleichwohl vermerkt, dass dieser ab 01. April gültig war. Ferner war längst nicht "alles jagbare Wild" frei, sondern in erster Linie Schalenwild, dazu Waschbären und Füchse. Auch von Hirschen war nichts mehr zu lesen.
Im Revier waren mehrere Jagdeinrichtungen wackelig/morsch. Ich meldete dies umgehend dem Förster, der meinte, er wüsste das. Auf diese Sitze dürfe niemand rauf gehen. Repariert wurden diese im ganzen Jahr nicht und selber darf man nichts bei HF. Einen habe ich dennoch selbst fit gemacht.
Im Mai schoss ich dann ein Stück Reh. Dies konnte ich in die Wildkammer des HF hängen. Zerwirken oder aus der Decke schlagen waren unlängst verboten worden. Dann kam eine Email mit der Mahnung, dass die Raiffeisen kein Wild abnehmen würde. Bevor man Wild schösse, müsse man selbst für den Verkauf sorgen oder zu den üblichen Preisen übernehmen. Dies war vorher nie kommuniziert worden. Ich hatte Glück, dass ich Bekannte hatte, die gern viel Wild aßen. Meine Pirschbezirksnachbarn hatten da mehr Schwierigkeiten. Bei einem Stück blieb es bei mir, denn es war pro Pirschbezirk nur ein mehrjähriger Bock frei.
Ende Mai kam dann die Ansage, dass im gesamten Juni und Juli in allen Rotwildgebieten des Hessenforst Jagdruhe herrsche. Von wegen zwei, drei Wochen! In den ersten vier Monaten JES konnte also nur ein Monat gejagt werden, obgleich das volle Entgelt gefordert wurde. Als ich Ende Mai mit dem jungen Azubi an der Pforte des Forstamts sprach, erklärte dieser, dass seit Jahren eigentlich nur in Gebiet M. Rotwild geschossen würde. Aus dem mehrere hunderte Hektar reichenden Bezirk, in dem auch mein Pirschbezirk lag, habe er noch in seiner Zeit noch nie Rotwildabschüsse registriert oder Stücke in der Wildkammer hängen haben. Ich rief also beim Zuständigen an, der entrüstet meinte, er persönlich habe vor zwei Jahren ein Stück in meinem Pirschbezirk gesehen. Ich glaube eher dem Azubi, denn im ganzen Jahr habe ich trotz zahlreicher Ansitze nicht ein einziges Stück Rotwild oder auch nur eine Spur gesehen und ebenso meine Bezirksnachbarn.
Im August durfte dann wieder gejagt werden. Anfang August kam dann die Email mit der Weisung, im August/September nicht auf Sauen, sondern nur auf Reh- und Rotwild zu gehen. Dies sei geboten und dringlich, wegen der Verbiss- und Schälsituation.
Anblick hatte ich in diesem Gebiet wenig bis gar nicht. Mein alter Pächter rief mich an und lachte, als ich ihm von meiner "Pacht" erzählte. "Müssen Sie sich nicht wundern, in den leergeschossenen Revieren beim Staat ist soll man kein Jäger, sondern Schädlingsbekämpfer sein."
Dann bekam ich eine Jagdeinladung für eine Gesellschaftsjagd vom HessenForst: in meinem "eigenen" Pirschbezirk. Am Tag der Jagd kamen weit über fünfzig Jäger aus allen Ecken der BRD und jede Kanzel wurde besetzt. In den über tausend Hektar fassenden Pirschbezirken kamen trotz Besetzung jeder Kanzel nur 12 Rehe zur Strecke - sonst nichts. Sauen waren zwar frei, aber niemand hat welche in Anblick bekommen. Ein weiteres Indiz dafür, dass die Besatzdichte extrem gering gehalten wird. Nach der Gesellschaftsjagd jedenfalls habe ich bis Ende Januar nicht ein Stück Schalenwild mehr in Anblick bekommen.
Von einem privaten Jagdpächter hörte ich, dass der HF sein Reviernachbar sei. Dort treffe er auf dem Parkplatz oft holländische Jagdgäste, die schon seit Jahren mit Nachtsichaufsatzgeräten jagen gehen. Ob der HF das wüsste, wisse er nicht. Er könne es sich vorstellen. Ferner sei Sikawild tatsächlich nur in seinem Revier bei seinem Vorgänger vor über 40 Jahren bestätigt worden. Das sei schon damals nur Wanderwild gewesen. Habe sogar in der Zeitung gestanden. Er konnte nur lachen über meine Leichtgläubigkeit. Zu recht.
Im Januar kam dann die Email, dass von Februar bis April Jagdruhe herrsche. Anschließend bekam ich einen Anruf, in der mir der Zuständige seine Enttäuschung ausdrückte, dass sie das Abschuss-Soll beileibe nicht erreicht hätten. Ja, meinte ich, wenn nur sechs Monate gejagt werden darf und Kirrungen verboten sind, dann solle man sich nicht wundern, wenn am Ende die Streckenzahl nicht stimme.
Im gesamten Jahr fiel nur eine einzige Sau in allen fünf arrondierten Pirschbezirken. Wie kann das schon statistisch sein? Der private Pächter nebenan meinte, sie tummeln sich in den anrainenden Revieren an den Kirrungen. Da gäb's einfach mehr zu fressen.
Zusammenfassung
Der Jagderlaubnisschein beim HessenForst lässt sich wie folgt zusammenfassen:
- Wilde Ankündigungen, wenig davon wahr.
- Trotz angekündigtem "Jahr" darf für das Jahresentgelt von 800 € nur sechs Monate gejagt werden. (Mai, Aug, Sep, Okt, Dez, Jan)
- Wild muss im Ergebnis übernommen werden ("für Absatz sorgen, bevor man was schießt"). Preise sind die des Forstamts ohne Erlegerrabatte o.ä.
- Viele Beschränkungen: Kein Nachtjagd, keine Anlage von Kirrungen, keine Kameras, etc.
- Besatzstärke sehr gering.
- Es wird eine Gesellschaftsjagd im Pirschbezirk organisiert, so dass die wenigen übrigen Stücke auch noch vergrämt oder geschossen werden.
- Es soll praktisch nur weibliches Reh- und Rotwild samt Kalb/Kitz geschossen werden.
Das Ende vom Lied
Mit Jagd hat das alles nichts mehr zutun. Alle großen Reden von "Schonung der Mittelklasse" und "Waidgerechtigkeit" und was weiß ich ist alles nur Gerede. Der HessenForst ist -- wie der Name schon sagt -- ein Forstunternehmen, für das Reh- und Rotwild nur Verbiss- und Schäl-Schädlinge sind. Und wer sich dort einen JES holt, ist im Prinzip selber Schuld. Man ist ein "Ungeziefervernichter", der den Besatz niedrig halten und dafür auch noch blechen soll. Was ist bloß aus der Jägerschaft geworden???
Mit den Worten eines klugen Menschen:
"Die sollen sich einen anderen Dummen suchen!"