ich komme aus dem kopfschütteln nicht mehr raus, nur weil einer sich proffessor schimpft und irgendwelche forschung betreibt ist das richtig oder was? macht euch selber ein bild:
Sehr geehrerter Herr,
vielen Dank für Ihr Schreiben zu unserer Odysso-Sendung zum Thema Natur im Fadenkreuz. Es freut uns immer, wenn Zuschauer unsere Sendungen kritisch begleiten.
Wir bedauern, daß Ihnen die Beiträge der Sendung mißfallen haben. Ihre Kritikpunkte gehen jedoch am Gehalt der Sendung vorbei.
Alle Vorwürfe mangelnder Seriosität und Sensationsmache weisen wir entschieden zurück. Die behandelten Fakten und Vorgänge wurden ausgesprochen nüchtern dargestellt. Die Darstellung gründet sich auf fundierte wissenschaftliche Untersuchungen renommierter Forscher. Die Beiträge der Sendung wurden von erfahrenen Wissenschaftsautoren (die selbst in der Forschung gearbeitet haben), gründlich recherchiert und sehr sorgsam gestaltet. Wir stützen uns in keinem Fall auf nicht fundierte Angaben oder fragwürdige Quellen.
Die Kernaussage der Sendung lautete: Jagd löst, entgegen der Darstellung der Jägerschaft, keine ökologischen Probleme, sondern schafft sie.
Diese Aussage repräsentiert nicht die subjektive Meinung der Autoren oder der Odysso-Redaktion. Sie ist vielmehr das Ergebnis einer ganzen Reihe fundierter neuer Untersuchungen und Studien, unter anderem aus den Themenbereichen Ökologie, Zoologie und Wildbiologie.
Einer der wichtigsten Autoren dieser Untersuchungen ist Professor Josef Reichholf, der als Experte in der Sendung zu Wort kam und die entsprechenden Positionen vortrug. Professor Reichholf ist ein vielfach ausgezeichneter, national wie international höchst renommierter Experte auf den Gebieten, auf denen er arbeitet. Von ihm stammen rund 800 wissenschaftliche Veröffentlichungen. Er ist Herausgeber der „Naturenzyklopädie Europa“ (12 Bde.) und der „Naturenzyklopädie Welt“ (6 Bde.). Selbst seine Monographien, die direkt mit unserem Thema zu tun haben, umfassen mehr als ein Dutzend Bände. Unter anderem: Tiere des Waldes / Der schöpferische Impuls: Eine neue Sicht der Evolution / Comeback der Biber / Der blaue Planet. Einführung in die Ökologie / Die Zukunft der Arten / Der Bär ist los: Ein kritischer Lagebericht zu den Überlebenschancen unserer Großtiere / Eine kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausends / Stadtnatur / Ende der Artenvielfalt? Gefährdung und Vernichtung von Biodiversität / Stabile Ungleichgewichte / Die Ökologie der Zukunft
Und wie jeder gute Wissenschaftler stützt Professor Reichholf sich bei seinen Aussagen keineswegs nur auf eigene Forschungen und Beobachtungen, sondern er zitiert zahllose Studien anderer Wissenschaftler aus unterschiedlichsten szientifischen Disziplinen und Ländern, um seine Thesen zu belegen. Insofern steht er auch keineswegs allein mit seinen Erkenntnissen, auch andere Experten vertreten gleichermaßen jagdkritische Positionen wie die in unserer Sendung dargestellten.
Trotz dieser eindeutigen Fakten kamen in der Sendung auch Jagdbefürworter zu Wort. Im Beitrag „Kritik an der Jagd“ kam Jochen Borchert, der Präsident des Deutschen Jagdschutz-Verbandes fast exakt gleich lang zu Wort wie Professor Reichholf. Im Beitrag über die Jagdgenossenschaften kam Raimund Wagner vom Jagdverband Bad Kissingen zu Wort sowie der Bayerische Landwirtschaftsminister Helmut Brunner. Lediglich im ersten Beitrag der Sendung kam nur eine Person zu Wort, nämlich der ehemalige Berufsjäger Michael Hess; da es sich bei dem Film um ein Portrait dieses Mannes handelte, liegt das in der Natur des Genres.
Unsere Filme stellen in aller Regel Einzelschicksale dar. Das ist die Art und Weise, mit der im Fernsehen auch allgemeine Themen behandelt werden müssen. Nur wenn Fragestellungen personalisiert und anhand konkreter Beispiele erörtert werden, findet ein Programm auch ihr Publikum. Das bedeutet aber keineswegs, daß wir willkürlich nicht repräsentative Einzelfälle darstellen, sondern die Schicksale und Erfahrungen der Protagonisten in den Stücken stehen stellvertretend für verbreitete Phänomene.
Wir fühlen uns einem kritisch berichtenden Journalismus, aber auch einer objektiven und ausgewogenen Berichterstattung verpflichtet. Unser kritischer Blick geht in alle Richtungen, gerade auch in Bereiche, über die man generell Bescheid zu wissen glaubt, denen gegenüber bestimmte (Vor-)Urteile feststehen.
Vorwürfe, wir berichteten „einseitig“ oder „tendenziös“ weisen wir entschieden zurück. Es ist unstrittig, daß unsere Beiträge eine klare Haltung haben und bestimmte Positionen vertreten, doch das ist – neben reiner Faktenpräsentation – legitimer Bestandteil journalistischer Formate. Es gehört zur essentiellen Aufgabe des Journalismus, das Zeitgeschehen kritisch zu begleiten. Dazu gehören auch das Recht und die Pflicht, Kritik an bestimmten Gruppierungen, Organisationen oder Personen sowie an deren Zielen und Praktiken zu üben, wenn sich Mißstände zeigen.
Das widerspricht weder dem Gebot der Objektivität noch dem der Ausgewogenheit.
Unser Programm ist in seiner Gesamtheit ausgewogen und trägt den Ansichten und Interessen aller Schichten und Gruppen unserer Bevölkerung Rechnung. Daß nicht auch jeder einzelne Beitrag oder jede einzelne Sendung alle unterschiedlichen Positionen berücksichtigen kann, versteht sich angesichts der Komplexität von Fragestellungen und Problemen, aber auch angesichts der im Journalismus notwendigen Fokussierung auf Kernfragen von selbst.
Wir hoffen, Sie bleiben auch in Zukunft interessierter Zuschauer unseres Magazins Odysso.
Freundliche Grüße aus der Wissenschaftsredaktion des Südwestrundfunks, Baden-Baden.