Heidihei,
wenn ich das so lese sind die Jägers in 2 Lager gespalten.
Die einen, die mit der Strecke am liebsten nix zu tun haben wollen. Bloß weg mit der Leiche, schnell den Wildhändler anrufwen, dann bin ich's los. Gottseidank!
Die anderen, die mit Direktvermarktung und anderen Aktionen das Produkt zu schätzen wissen und auch Bedarf wecken können.
Wenn jeder Jäger sich vor der Jagd Gedanken machen würde, was er denn wohl mit seiner Beute anfangen will, gäbe es keinen Vermarktungsengpass!
Neulich war ich bei einer großen Drückjagd einer Landesforstverwaltung. In 3 Tagen wurden mehr als 150 Stück Schalenwild erlegt. Mehr als 80 Schützen trugen sich als Erleger ein. Die Teilnehmer kamen mit großen Geländewagen aus mehreren Bundesländern. Es wurde an jedem Jagdtag beim Streckelegen bekanntgegeben, dass die Erleger, die ihre Beute mitnehmen wollen, sich in eine Liste eintragen sollen.
Das Ergebnis war, das lediglich 14 Schützen auch ein Stück mitnahmen! Traurig!
Beim Warten am Streckenplatz kamen die Gespräche auf das Thema. Es gab Antworten wie: ..."bei uns Zuhause isst keiner Wildbret"...oder "meine Freundin sagt: komm mir bloß nicht mit so einem haarigen toten Tier nach Hause" oder " so ein großes Stück Wild passt garnicht in meine Tiefkühltruhe" oder "wenn ich die beiden Sauen jetzt mitnehme, dann ist der Sonntag für mich mit Abschwarten und Zerwirken ausgebucht. Das geht nicht, da kommt ja Formel1 im Fernsehen"...
Am letzten Jagdtag kam dann der Wildhändler und lud auf. Ein großer Teil der Schützen stand um den Kühlwagen herum und schimpfte darüber, dass nun die schöne Strecke und die so sauber geschossenen und aufgebrochenen Stücke für "einzfuffzich" verramscht werden!
Bevor hier einer fragt: Ich nahm zwei recht schwere Stücke von insgesamt 150kg mit.
In meiner Brieftasche ist eine kleine Kladde, in die alle Wildbretanfragen sofort vermerkt werden. 2 Monate später weiss ich das sonst nicht mehr. Jedem Anfrager, der da drin vermerkt ist, fühle ich zuvor auf den Zahn, um herauszufinden, wie ernst der Wunsch ist. Nicht dass ich dann mit der Fleischwanne vor der Tür stehe und Antort kommt:
Wir haben letzte Woche erst geschlachtet und die Truhe ist voll!
oder: das ist jetzt schlecht, wir fahren nämlich übermorgen in den Urlaub,
oder: Was? Soviel ist das? Ich wollte doch nur ein kleines Reh!
Hab' ich alles schon gehört. Mehrmals sogar.
Ich komme als Handwerker viel herum. Gehe auch schonmal mit Kunden ins Restaurant zu Geschäftsessen. Da bleibt keine Gelegenheit ungenutzt, besonders in Ballungszentren in NRW, beim Wirt mal zu horchen, woher er denn sein Wild bezieht. Es gibt öfter Absagen aber die eine oder andere Adresse stecke ich mir ein. Vor der Herbstsaison rufe ich dann mal da an und frage nach einem Probeauftrag. Küchenfertig zerwirkt natürlich. Heute kann kaum ein Gastronom mehr was mit Wild in der Schwarte/ Decke/ Federkleid anfangen. Wer heute 'ne Wirtschaft aufmacht braucht kein Koch mehr zu sein.
Jetzt werden hier einige sagen: Soviel Zeit habe ich ja dafür nicht. Die habe ich nämlich auch nicht aber ich kann sowas auch delegieren. Zum Beispiel an den Erleger. Wenn der schon umsonst jagen darf und an der Beute kein Interesse hat, kann er wenigstens sehen, wie das Wildbret zum Abnehmer kommt. Ist das zuviel verlangt?
Also: Die schlappen Wildbretpreise den Landesforstbetrieben in die Schuhe zu schieben ist leicht. Das Problem ist aber doch wohl eindeutig der Jagdauffassung geschuldet und das sind nicht allein die Bezahljäger. Die zuvor erwähnten Beispielsätze kamen auch von Hundeführern oder Anstellern. Hinfahren, totschießen und gleich zum nächsten "Event". Soll der Jagdherr doch sehen, wo er mit dem Fleisch bleibt. Wenn der meckert, soll er doch sehen, woher er nächstes Mal die Hunde bekommt.
Es gibt aber eben auch viele Jäger die eben selbst nicht von ihrem Produkt Wildbret überzeugt sind. Die werden sich eben mit der Vermarktung schwer tun.
Aus einem traurigen Arsch kommt kein fröhlicher Furz!
Bis Neulich,
Leo