Ich stimme den Punkten 1-4 zu. Zu fünf möchte ich anmerken, form follows function.
Mal so ein paar nicht abgeschlossene Gedanken:
Jede Untersuchung macht den Hund teurer aber nicht zwangsläufig auch besser, wird aber zur Rechtfertigung eines hohen Welpenpreis benutzt. Selektion auf Prüfungserfolge fördert die Tendenz, den Hund eher nicht durch Jagd zu gefährden oder zu versauen. Dann ist da womöglich der hochgeprüfte vielfach durchgecheckte Hund, der zwar Mängel hat, die dem erfahrenen Hundeführer evtl. sogar bekannt sind, aber die auch verdeckt werden können oder durch´s Raster fallen. Hoher Anschaffungspreis, Prüfungszirkus, TA-Kosten für Untersuchungen, ein Sparbuch auf vier Pfoten und endlich die Zuchtzulassung. Wer ist dann noch so ehrlich und nimmt einen solchen Hund noch aus der Zucht, auch wenn man im stillen Kämmerlein längst weiß, er ist es nicht?
Wird es nicht viel mehr so sein, dass dieser Hund nun unbedingt in die Zucht muss? Bei Rüden ist die Möglichkeit dazu ungleich höher. Mehr als 30-40 Nachkommen (hoch gegriffen) sind für eine Hündin bei verantwortungsvollem Einsatz in der Zucht kaum anzusetzen, bei einem Rüden dagegen geht die Zahl beinahe gegen unendlich. Was das für die Breite der Zuchtbasis bedeuten kann, dürfte schon hier klar sein.
Das, was in der heutigen Hundezucht noch an Substanz da ist, ist die Rendite aus einer Zeit, die auch für die Menschen härter war und die mit weniger bis keinen medizinischen Korrekturmaßnahmen auskommen musste. Man konnte es sich schlicht nicht leisten einen unbrauchbaren Hund zu halten. Und weil Brauchbarkeit über allem stand, war es auch von geringster Bedeutung, ob jetzt der Deckrüde bspw. für die DD Hündin ein wenig mehr einem DK glich. Da trafen sich zwei, die gute Hunde vom Jagen kannten und versorgten sich selbst und ihr Umfeld mit brauchbaren Jagdhunden.
Beim DD kann man es heute noch vereinzelt erkennen. Die Entstehung des KLM geht auf Hybridzucht zurück. Alle englischen working Terrier waren lokale Gebrauchsschläge. Diese Liste lässt sich fast beliebig fortsetzen, weit über die Landesgrenzen hinaus. Hunde waren brauchbar oder sie waren tot. Ganz gezielt nahm man immer wieder ähnlich brauchbare Hunde in die Zucht hinein ohne jedoch im heutigen Sinn Rassen zu züchten, die Zucht ging und geht manchen Ortes immer noch eher in Richtung Gebrauchsschlag als Rasse. So sind alle unsere „Rassen“ entstanden. Heute werden diese Rassen sinnlos in x Unter- und Neurassen aufgespalten bis hin zur Farbzucht innerhalb einer Rasse.
Die Folge ist ein Verengen der genetischen Varianz. Die Forschung geht längst davon aus, dass es polygene Erbgänge gibt, die auf Wechselwirkung beruhen, und dass jedes Lebewesen die Tendenz hat zum Mittel hin auszupendeln. Das bedeutet, dass Hunde ggf. Mängel kompensieren können bei ausreichender genetischer Varianz. Dieser Effekt wird verstärkt, wenn per se keine erkennbar vorbelasteten Tiere zur Zucht eingesetzt würden. Ein weiteres verengen der genetischen Bandbreite durch zu enge Reinzucht oder weitere Verengung durch eingangs beschriebene Maßnahmen birgt ungeahnte Risiken.
Gute Hunde zu züchten, wäre relativ einfach, wenn man die Zucht wieder auf die Füße stellen würde. Hier wird vor allem Dekadenz und weitere Naturentfremdung gepredigt.
Das Aufblasen von Zuchtvoraussetzungen hat vor allem folgende Nebeneffekte:
- Hunde werden unverhältnismäßig teuer, züchterische Ehrlichkeit wird dadurch heruntergefahren, die Schwarzzucht gefördert.
- Vereine und vereinsbestallte Gutachter verdienen Geld, dies fördert den Missbrauch.
- Maßnahmen können umgangen werden und wurden umgegangen, Ergebnisse wurden gefälscht etc.
- Die Macht der Vereine wird ausgebaut, obwohl gerade diese es sind, die die Misere verschuldet haben.