Re: Studien zur Populationsdynamik zwischen Prädatoren und B
Zuerst einmal :27: für den vielen Lesestoff, leider habe ich dafür im Moment selbst ohne Jagd kaum Zeit. Die Diskussion ist auch angenehm sachlich.
Was mich als ausgebildeten Wirtschaftswissenschaftler fasziniert ist wie stark manche Argumente gegen die Bejagung von Prädatoren an einen starken Glauben an die Effizienz des Marktes erinnern. Besonders das Argument, dass sich ein "natürliches" Gleichgewicht in Beziehung zwischen Beute (Angebot) und Jäger (Nachfrage) einspielen wird wirkt dementsprechend. Praktisch jeder VWLer wird der Behauptung zustimmen, dass in der freien Markwirtschaft der Mark stark zur Effizienz tendiert allerdings gibt doch eine Menge wenn und aber.
Ein selbstregulierendes "gesundes" Gleichgewicht zwischen Fuchs und Großtrappe hängt aber eben nicht nur von der Interaktion zwischenn den beiden Markteilnehmern ab. Es spielen auch noch viele andere Faktoren eine mehr oder weniger große Rolle wie etwa der Lebensraum und dessen Klima und all den anderen Märkten im Beziehungsnetz der Natur. So erhöht eine langfristig starke Erhöhung des Angebots Komposthaufen/Abfall die Nachfrage nach demselben bei den flexiblen Arten mit den elastischen Nachfragekurven, etwa Fuchs oder Krähe. Diese Arten erschließen solche zusätzliche Nahrungsquellen gut. Sehr kurzfristig mag dies das Federvieh sogar lokal entlastet haben, aber langfristig erhöht eben das höhere allgemeine Angebot durch den Populationszuwachs den Druck auf das Federvieh. Viele Jäger sind eben doch des Hasen ...
Wie auch in Südtirol sind auch andere in anderen Teilen Europas viele gefährdete Populationen verinselt. Diese teilisolierten Populationsinseln sind leider eben bei einer Kombination von negativen lokalen Schocks sehr viel anfälliger als ein Teil eines großen zusammenhängenden Populationsgebiets. Wenn also bei einem durch z.B menschlichen Abfall künstlich hohen Dichte an Prädatoren noch andere Faktoren wie etwa das falsche Wetter zur falschen Zeit, Krankheiten etc dazukommen kann das eben das Ende für eine gefährdete Art bedeuten obwohl das Biotop im seinem kleinem Rahmen sie tragen könnte.
Alles in allem ist eben gerade diese Problematik in unserer moderne Welt im zersiedelten Europa ein Paradebeispiel für den dringend notwendigen, starken wie intelligenten Eingriff des Staates falls ein Interesse dafür besteht die Natur im Allgemeinen zu schützen. Gerade Naturschützer aller Couleur sind sich da ja im Prinzip einig. Leider versuchen nicht wenige die Notwendigkeit der Regulierung auch auf dem Gebiet der "künstlich" zu starken Nachfrage nach Federvieh etwa durch den Rotfuchs zu ignorieren. Gleichzeitig kritisieren sie die stark reglementierte jagliche Nutzung nicht gefährdeter Arten.
Der entscheidende Denkfehler ist eben, das in diesem Falle manche Gegner nach ihrem Wunschdenken agieren und dabei die Logik der Sachlage ignorieren. Das Management der Prädatoren kann alleine nicht den Bestand so mancher Art sichern - allerdings kann es doch gar nicht so wenigen Fällen das sine qua non sein.
WMH
Kronberg