Horrido,
hier im Thread zum Einstand nun auch noch mein letztes Erlebnis:
In der Nacht von Sonntag auf Montag war ich draussen, bei zunächst bestem Licht. Wir haben keine Kirrungen im Revier, wohl aber bekannte Flächen und Pfade, wo die Sauen immer wieder mal zu erwarten sind. Also pirschte ich los und hatte um kurz nach Mitternacht den ersten Kontakt zu einer kleinen Rotte im lichten Buchenbestand. Ich zählte vier Stücke, aber ohne genauere Beobachtung und absolut freies Schussfeld war da nichts zu machen. Die kleine Gruppe hielt sich auch nicht lang in diesem Bestand auf und zog vor mir weg. Ich pirschte vorsichtig hinterher, aber nur in Hörweite ohne Sichtkontakt. Das ging fast 1,5 Stunden lang (die Uhr läuft bei Sauen-Kontakt irgendwie schneller, wie mir scheint), da hatte ich sie wieder in Sicht. Diesmal waren sie in Richtung Häuser unterwegs und mir war klar, daß die kleinen (offenen) Rasenflächen zwischen den Gebäuden jetzt wohl Geschichte sind. So war es dann auch. Ich konnte dort nichts machen, ausser zu warten. Als die Rotte fertig wurde und sich wieder in Richtung Wald bewegte, entschloß ich mich, statt der direkten Verfolgung einen großen Bogen zu machen und den Revierteil durch das Wohngebiet zu umschlagen: "ich weiß schon, wo ihr hin wollt!". Erwartungsvoll schlich ich mich durch eine kleine Gasse in Richtung einer angrenzenden Wiese und kauerte mich dann an einer niedrigen Mauer untern einem Baum möglichst klein zusammen, die Waffe bereits auf dem Knie liegend im Voranschlag. Der Wind passte, Licht war da, die Wiese lag im Hang einladend vor mir. Ich wartete.
Und wartete. Nach einer 3/4 Stunde Regungslosigkeit war mir dann doch etwas kalt. Ich hatte nur eine Filzrolle zum Sitzen dabei, aber keine Decke und eigentlich war ich nicht für einen stillen Ansitz, sondern für eine Pirsch angezogen. Nichts passierte. Zweifel kam auf: "waren die Sauen doch mal wieder schlauer?" Die Kälte kroch hoch, die Beine zitterten schon wenig. So war an einen wirklich ruhigen Schuß in dieser etwas angespannten Position nicht mehr zu denken. "Für heute aufgeben?" Es war etwa 3 Uhr, ich stand auf und dachte noch beim erneuten Abglasen der Fläche: "wenn Du schon mal hier bist, kannst Du auch noch auf die Nachbarwiese gucken." Zwischen den beiden Wiesen ist ein kleines eingezäuntes Freizeitgrundstück mit einigen Fichten. Ich pirsche also den schmalen Pfad lang zur anderen Wiese und - WAMMM - "verflucht, da stehen sie!" Schlagartige Wärme - um nicht zu sagen Hitze - durchströmt meinen Körper. Ich bin plötzlich wieder hellwach.
Die örtlichen Gegenheiten sind mir bekannt. Ich weiß, wo ich hinschießen kann. Nur den Sauen habe ich das vorher nicht erklärt. Also gucke ich mir die ganze Lage in aller Ruhe ersteinmal mit dem Glas an. Die Sauen haben nichts bemerkt, sind voll im Gebrech zu Gange und ich stehe still am Rand. Eine kleine Gruppe mit vier Schweinen steht unten am Wiesenrand, das werden wohl die vier von vorhin gewesen sein. Dann steht da eine größere Bache etwas abseits mit Fröschen, die noch so klein sind, daß ich sie auf die Entfernung gar nicht zählen kann. Ich sehe nur die Bewegung. Weitere Sauen stehen links von mir, teils nicht im Sichtfeld. Ich bewege mich nicht mehr. Eine Sau scheint im Randgestrüpp unter den Fichten auf mich zu zu steuern. Das Rascheln, Knacken und Wuseln kommt näher, bedrohlich nahe. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob da noch viel zwischen uns ist und ziehe langsam die Waffe in die Schulter. Dann höre ich eine helles "ziinggg" und denke, okay - die ist unterm Zaun durch. Jetzt kann ich auch nicht mehr zurück auf die andere Wiese wechseln, denn der Weg, den ich gehen müsste ist von dem eingezäunten Grundstück voll einsehbar: das würden die Sauen wohl mitbekommen. Also schaue ich nochmal mit dem Glas. Es ist etwas Bewegung in die Rotte gekommen. Zwei kleinere Schweine stecken jetzt den Rüssel ins gleiche Loch und stehen eigentlich perfekt. Ich wechsel das Fernglas mit der Waffe und warte geduldig. Licht ist ausreichend da, ich sehe die Wildkörper voll im Umriß. Nach einer gefühlten Ewigkeit dreht sich eines der Beiden um 180° und steht jetzt frei und breit. Ohne weiteres Zögern schieße ich. RUMMMS. Ich bin kurz geblendet, die .30-06 macht doch etwas viel Vorfeldbeleuchtung - da muss ich wohl noch an der Laborierung arbeiten.
Dann ist richtig Leben auf der Wiese: ein riesiger Tummult und ich sehe nur die Schatten von mir weg fliegen, nur einer der Schatten schlägt einen Bogen in die entgegengesetzte Richtung. Dann höre ich einen dumpfen Schlag und dann - absolute Stille. Durchladen. Tief durchatmen. Wieder ruhig werden. - Ich nehme das Glas hoch und schaue in die Richtung: da liegt ein Schwein! Nun kurz: eine Frischlingsbache, 6-7 Monate (nach Zahnfächer) und etwa 35 kg. (brutto), mit sauberem Kammerschuß. Die kurze schweißreiche Todesflucht endete in einem Holzstapel. Ich bin absolut zufrieden. Gestern gab es auch schon die ersten Teile dieses Schweins (ohne irgendwelche Buttermilchorgien) aus der Pfanne und ich verstehe immer weniger jene Jäger, die ihre (vermutete) Trägheit mit "solche kleinen Schweine schieß ich nicht" versuchen zu kaschieren... Es ist einfach nur köstlich lecker und jede Mühe wert.
Waidmannsheil,
Schnepfenschreck.
P.S. Etwas ausführlicher Bericht, aber auch als Motivation für alle gedacht, die derzeit trotz Engagement frustriert sind.