Mein erster Bock- was für ein Wochenende
Es begann, als wir am Freitag gegen 17:00 Uhr im Revier an der Jagdhütte ankamen. Es regnete in Strömen. Zunächst waren nur Egon, und zwei weitere Foristen da. Nach und nach trudelten die anderen ein. Es gab eine kleine Begrüßungsansprache durch Egon. Die Freigabe war eindeutig großzügig: Böcke aller Altersklassen, Schmalrehe, Keiler, Überläufer und Frischlinge.
Egon war so lieb mir die Angst zu nehmen, indem er nochmals betonte, dass es bei ihm keine „Pächterböcke“ oder ähnliches gäbe und ich im Rahmen der aktuellen Jagdzeiten frei Büchse hätte.
Nachdem Egon mir meinen Hochsitz gezeigt hatte, wies er mich genau in den Platz ein. Schussfeld, benachbarte Sitze, mögliche Wechsel, etc.
Also erklomm ich die Leiter zur Kanzel, richtete mich ein und machte ein paar Probeanschläge.
Das erste Mal alleine auf einer Kanzel! Da fiel mir auf, dass ich in der freudigen Aufregung meinen Gehörschutz im Auto vergessen hatte. :unbelievable:
Außer kleinen Kohlmeisen und Krähen hatte ich allerdings zunächst keinen Anblick.
Als ich dann später die Wiese nochmals abglaste, trat plötzlich ein Schmalreh? aus. Es äste in etwa 20-30m vor meinem Sitz. Allerdings war ich mir einfach nicht sicher genug beim Ansprechen und daher ließ ich den Finger besser gerade.
Nachdem es zu duster für einen Schuss wurde, baumte ich ab.
Später an der Jagdhütte wurde mir von Joe Hunt gezeigt, wie man ein Reh im Hängen aufbricht. Weiterhin habe ich das erste Mal live erlebt, wie eine Strecke verblasen wurde- das war wirklich großartig. Die Strecke bestand aus 4 Rehen und 3 Sauen.
Nach nur 3 Stunden Schlaf ging es dann weiter zum Morgenansitz. accipiter76, der am Abend zuvor schon Waidmannsheil hatte, und ich wurden gemeinsam zum Buchensitz geschickt. Eine wunderschöne Kanzel die vor sich eine Streuobstwiese hatte, auf der rechten Seite lagen Felder, die von einem Wald eingesäumt wurden. Es war wunderschön, wie es langsam immer heller wurde, die Blumen sichtbar wurden und die Vögel zu singen begannen. Gegen 7 Uhr baumte accipiter76 allerdings ab, um mit unserer GM-Dame „Antje“ ein Reh nachzusuchen.
Wir hatten alle anwesenden Jäger gebeten, uns nach allen Schüssen Bescheid zu geben, damit Antje auch etwas von diesem schönen Wochenende haben würde.
Also war ich wieder allein… Ich richtete mich also ein und genoss den wunderschönen Morgen. Nachdem mir aber einfach nichts in Anblick kommen wollte, schickte ich ein kleines Gebet in Richtung Diana, Arthemis und Hubertus. Ich kämpfte gegen die aufkommende Müdigkeit an und freute mich, einfach da sein zu dürfen.
Plötzlich nahm ich eine Bewegung auf der rechten Seite des Sitzes wahr. Ich drehte vorsichtig den Kopf und sah ein Reh austreten. Es kam den Hang hinauf und langsam auf den Acker zu. Ich griff nach dem Fernglas um das Stück anzusprechen. BOCK :trophy:!! Ich nahm meine Waffe und den Bock ins Glas. Er wandte mir jedoch nur seinen Spiegel zu, dann ging er wenige Schritte und… Wieder nur der Spiegel… Als er dann endlich das erstem Mal breit stand, befand er sich aber immer noch zu nah am Hügelkamm- ich hatte also keinen sicheren Kugelfang. Ich wartete ab. Dabei bemerkte ich, wie mein Puls sich beschleunigte, der Herzschlag kräftiger wurde und auch meine Atmung immer rasanter wurde.
So fühlte sich also Jagdfieber an. Da ich aber wusste was vor sich ging, blieb ich den Umständen entsprechend ruhig und voller Erwartung.
Und tatsächlich ging der Bock langsam ein paar Schritte weiter in Richtung Feld. Er senkte das Haupt, begann zu äsen und drehte sich. Nun stand er wundervoll breit. Er hob das Haupt und verharrte so.
Ich entsicherte, stach ein und ließ den Schuss brechen.
Allerdings kann ich mich nicht erinnern, einen Knall gehört oder einen Rückstoß verspürt zu haben, so stand ich unter Adrenalin.
Der Bock zeichnete deutlich. Er senkte das Haupt und sprang mit rundem Rücken in die Höhe. Schlackerte kurz mit den Läufen und sprang in Richtung Hang ab, von wo er zuvor gekommen war und verschwand in den Wald.
Ich atmete durch. Erst jetzt stellte ich fest, dass ich meinen Gehörschutz diesmal zwar dabei, allerdings vor lauter Aufregung vergessen hatte aufzusetzen.
Zunächst hatte ich etwas Angst, zu weit hinten abgekommen zu sein. Ich meldete meinen Schuss und wartete weiter ab. Antje ließ etwas auf sich warten, weil sie zu dieser Zeit damit beschäftigt war, den Bock von Rehfreund nachzusuchen.
Ich baumte nach 20 min aber doch ab um nachzusehen, ob ich den Anschuss finden könnte. Es dauerte nicht lange und ich fand hell roten Schweiß an der Stelle, an der sich der Bock getrollt hatte. Ich verfolgte die Schweißtropfen zurück um den Anschuss zu finden. Auch das dauerte nicht lange. Allerdings fand ich den Schweiß nicht wirklich blasig und wurde wieder unruhiger. Umsonst, wie sich später herausstellen sollte.
Als ich accipiter76 den Anschuss zeigte, fühlte ich, wie sich langsam eine Mischung aus Bangen, Stolz und Anspannung verstärkte. accipiter76 begutachtete den Schweiß und begann zu Grinsen. Das beklommene Gefühl wich allmählich….
„Kein blasiger Schweiß?“, fragte er, „dafür aber ein Stück der Lunge.“ Er „wedelte“ mit einem kleinen blassrosa farbenem Stückchen Etwas in meine Richtung. „Keine Sorge- der liegt.“ Der Stolz schwall in meiner Brust wieder ein klein wenig an.
Nun galt es aber noch das Stück zu finden. Antje wurde an den Anschuss geführt. Das Näschen senkte sich, die Hinterläufe begannen zu beben und der Hund schoss, wie auf Schienen, in Richtung der Stelle, an der ich den Bock aus den Augen verloren hatte. Es dauerte nur einen tiefen Atemzug und schon hörte ich accipiter76, wie er den Hund jubelnd lobte.
Der Bock war wohl gefunden.
Bedächtig schritt ich auf die Stelle zu und keine 10 Schritte hinter der Baumkante lag er da- am Hang- MEIN ERSTER BOCK.
Zum Bergen kam die Schleppleine von Antje zum Einsatz und wurde kurzer Hand zum Bergungsstrick umfunktioniert. Oben angekommen wurde mir von meiner besseren Hälfte feierlich der Erlegerbruch überreicht. Jetzt war es also soweit- ich hatte das erste Mal überhaupt auf ein Stück Wild gejagt, es angesprochen, abgewartet, einen Schuss angetragen und offensichtlich auch nicht allzu schlecht getroffen. Erschreckt war ich aber, als ich den Treffersitz bemerkte: recht tief. Später verstand ich dann auch warum… Ich hatte die Entfernung etwas unterschätzt.
Wir brachten den Bock gemeinsam zum Auto und fuhren zum Sammelplatz. Hier freuten sich die Jagdkameraden über den ersten Bock der Jungjägerin, wünschten kräftig Waidmannsheil und reichten mir das Messer um mir beim Aufbrechen meines ersten Bockes zu helfen. Da ich am Abend zuvor ja bereits Aufbrechen durfte, ging mir das ganze schon etwas leichter von der Hand.
Wirklich dankbar und stolz wurde ich, als ich sah, dass mein Geschoss nicht nur die Lunge sofort hatte kollabieren lassen, sondern auch das Herz nahezu unkenntlich gemacht hatte. Trotz dem tiefliegenden Schuss musste das Tier also nicht unnötig leiden. Ein riesen Stein fiel mir vom Herzen.
Vor lauter Euphorie, Adrenalin und Stolz nahm ich Dummnase kräftig Beglückwünschungen entgegen, vergaß aber völlig auch einige zu erwidern- schließlich hing mein Bock nicht als einziger am Streckenplatz.:-?
Nachdem ich diesen Fehler schnellst möglich zu bereinigen versucht hatte, wurde allen klar, dass mehr Wild dort hing, als dass es in einem Wildkühlschrank Platz gefunden hätte. Egon bat uns daher, unsere zwei Böcke nach Hause in den eigenen Schrank zu hängen. Ich lud also ein und fuhr- vorübergehend- gen Heimat.
Nachdem ich zu Hause vor verschlossener Türe stand, mich erinnerte, meinen Schlüssel im Rucksack an der Jagdhütte gesehen zu haben, mein Bruder nicht zu Hause und meine Mutter auf der Arbeit war, stoß ich ein paar Flüche aus und setzte mich wieder auf den Fahrersitz :16:. Als ich meinen Kopf in Richtung Kofferraum drehte sah ich ihn aber doch- da lag er ruhig und friedlich in der Mittelkonsole- nicht mein Schlüssel- aber der von accipiter76. Da war die Freude wieder groß. Nachdem ich fertig war, konnte ich es nicht abwarten, wieder so schnell wie möglich zu den Kameraden zu stoßen.
Als ich ankam erwartete mich ein großartiger Anblick: zwei Teams von grünen Männern die mit ihren Kettensägen, Hämmern und Nägeln wild umherwuselnd einen Holzunterstand und eine Drückjagdbock und die zusammenbauten, während ein drittes Team im Revier eine Kanzel fertigstellten. Es war großartig!!! Da ich aber keine große Hilfe darstellte, legte ich mich mit Antje in die Sonne und holte ein bisschen Schlaf nach. Tittenbonus
Danach wurde gegessen- wunderbare Köstlichkeiten vom Grill. Dann ging es nochmal zum Abendansitz. Wir hofften eventuell noch auf Schwarzwild, ansonsten waren wir einfach bereit, falls jemand den Hund nochmals brauchen sollte. Anblick hatten wir zwar in Form einer hochträchtigen Ricke aber eine Sau wollte uns nicht mehr begegnen.
Danach ging es wieder zur Hütte. Jetzt wurde bei Lagerfeuer gescherzt und gelacht, es wurden Jäger- und andere unanständige Witze erzählt und reichlich gespeist.
Plötzlich wurde es ruhig- der Jagdherr trat aus der Hütte und rief mich zu sich…."owei" dachte ich. „Jetzt kommt der Anschiss, weil du seinen Zukunftsbock geschossen hast“- rief einer im Scherz. Die anderen bildeten einen Kreis um mich herum. Ich sollte vortreten….. und dort erhielt ich ihn....MEINEN JÄGERSCHLAG! In wundervoll jagdlich- romantischer Kulisse, in mitten all der wunderbaren Menschen, die mir dieses Wochenende so sehr ans Herz gewachsen waren. Der Jagdherr richtete ein paar wirklich berührende Worte an mich und dann wurde auch noch die Strecke verblasen- es war atemberaubend!!!
:grin::12:
Aus tiefsten Herzen: vielen, vielen Dank! Dieses Wochenende wird wohl aus vielen Gründen für immer unvergesslich für mich bleiben!
Zunächst ein riesen großes Dankeschön an Egon, dafür, dass er mir die Möglichkeit gegeben hat, bei ihm mein erstes Stück Wild tatsächlich zu erlegen (den Dank an Diana für dieses besonders großartige Exemplar richte ich dann nochmal im Stillen