...und weil das ja eher ein Erlegerfaden ist, will ich nun auch mal:
Heute Morgen bin ich 20 Minuten vorm Wecker wach geworden. und das ich!!! das muss ein Zeichen sein, also auf und flux rinn in die Buxen. Und weil die Wettterapp niedrige bis mittlere einstellige Grade prophezeite, gleich wieder raus und ne LÜ (lange Ünnerhouse) drunter - sicher is sicher!
Aber dann war ich wirklich in dunkler Nacht im Revier. Meinem alten Herrn noch mein Ziel für den heutigen Ansitz geschickt mit der Bitte, die nahe Zufahrt ins Revier NICHT zu nutzen. Ich also die 300m zum Sitz geschlichen und wahrlich, auf der Wiese kann ich zwei Rehe entdecken! Nur noch rauf auf den Sitz und aufs Büchsenlicht warten. Mittlerweile ein roter Schimmer im Osten, lang kann es nimmer dauern...
Und wie ich so in Zeitlupe die Leiter hinauf schwebe und gerade die letzte Sprosse erklimme, knirschen auf 100m neben mir die Schottersteine!!! AAAAAArg! Scheinwerferkegel kurz auf der Wiese. Das Glas hoch (die Wärmebild hatte ich meinem Herrn Papa geliehen, er hat ja keine und sieht auch nie was...) und die Reh werfen auf und springen in den Wald ab...
Kurzer check - natürlich, die WA-häkchen sind grau, warum sollte man ja auch morgens seine Nachrichten checken und überhaupt, er wollte gestern Abend noch auf einen Platz, wo er hier überhaupt nicht vorbeikommt. Und weil ich das Handy grad in der Hand hab, schick ich ihm noch ein "Dankeschön" und das die Bühne bei mir jetzt leer ist. Ich sitz auf meinem Sitz. Erfahrungsgemäß kommt hier auch nix mehr, wenn die Rehe abgesprungen sind. Ich überleg noch, wo ich jetzt noch hin kann und guck eigentlich nur frustriert durchs Glas, da steht eine schlanke hohe Silhouette am anderen Ende der Wiese. Welcher Trottel rennt um diese Uhrzeit auf der Wiese rum? und überhaupt, wo kommt der Typ eigentlich her? Um diese Uhrzeit - grad schlägt die Kirchturmuhr zur sechsten Stunde. Ich kapier es noch immer nicht, da bewegt sich der Typ nach rechts und auf einmal ist die Silhouette deutlich breiter und hat vorne einen Hals. Nebelig oder diesig ist es obendrein, aber das ist doch kein Mensch. Sau hätte einen Träger, zumindest keinen solchen und für n Reh auf 250m ist das Stück zu groß, viel zu groß. Da fällt der Groschen und das Fernglas auf die Brust. Der Repetierer wandert von der Hochsitzbrüstung ins Gesicht und ich hab grad noch Zeit die Vergrößerung hoch zu drehen (waren gestern im Schießkino) und den Leuchtpunkt an zu schalten und etwas runter zu dimmen. Das Stück Rotwild steht wieder spitz, bzw. wechselt spitz auf mich zu. Irgendwann dreht das Stück leicht ab und ich bekomme das Stück besser in die Linsen. Es ist inzwischen leidlich hell und ich erkenne schwache Stangen und eine Träger eines jungen Hirsches. Offensichtlich ist auch er vom Auto meines alten Herrn aufgescheucht worden und rennt grad in sein verderben. Rennen ist wörtlich gemeint, das Hirschle ist flüchtig oder im gestreckten Troll, jedenfalls sehr zügig unterwegs. Ich mahn kurz und das Hirschle haut die Bremse rein und sichert zu mir. Inzwischen steht er vor einer Nebelschwade im Hintergrund, was das Ansprechen erleichtert. Links sehe ich eine Schere, rechts sind die Enden kürzer, sollte passen - wir sind eh im rotwildfreien Gebiet, da ist (noch) jeder Hirsch frei. Und schon ist die 308 unterwegs. Kugelschlag ist deutlich, einzig ich verlier den Hirsch aus den Linsen und kann ihn auch mit bloßem Auge nicht wiederfinden. Im Glas und im ZF seh ich den Hirsch nicht liegen - Mist. N Reh kann man in dem Waden hohen Gras übersehen, aber n Hirsch??? Selten hab ich meine WBK so sehr vermisst, wie heute Morgen. Die 15 Minuten, die ich mir selbst auferleg bis es zum Anschuss geht werden unendlich lang... Meinem Dad hab ich nochmal ne WA geschickt. Lesen tut er die auch nicht...
Irgendwann ist es so weit. Ich geh in die taunasse Wiese, Anschuss suchen. Zur Sicherheit halte ich etwa 30m Abstand zur Schussrichtung. Auf 80m ist schon eine Fährte im Gras, aber sehen tu ich nix und bin mir auch sicher, dass ich weiter geschossen hab. Also bis zum gegenüberliegenden Wald - aber da ist keine weitere Fährte??? Also zurück zur ersten und der gefolgt. Jetzt muss ich dazusagen, dass die Bauern, die hier mähen, die Auflage haben, immer wieder 4 bis 8m breite Streifen als Rückzugsgebiet für Insekten stehen zu lassen und genau vor so einem Streifen steh ich grad und 5m vor mir liegt - mein Hirsch, mausetot!
Die Freude ist groß, Ich halt ein paar Minuten Totenwacht und genieße, wie sich der rote Streifen am östlichen Horizont immer höher emporschiebt und das morgentliche weiche Licht die Landschaft kaum merklich aber unaufhaltsam in die schönsten Farben taucht. Dann dreh ich den Hirsch auf den Rücken und brech ihn mit meinem Opinell No8 auf. Für alle die daran zweifeln, es geht. Es ginge besser, wenn ich es nach den letzten vier Stücken Rehwild wieder mal geschärft hätte...
Ein paar Bilder und das ein oder andere davon an Frau, Vater und zwei drei gute Freunde, dann pack ich zam und schlender zum Auto. Mein Herr Papa meldet sich (die garschtige Whattsapp, dass er mir die Reh verscheucht hat, hab ich noch rechtzeitig gelöscht) und wir machen aus, dass ich erst heim fahr, den Hänger hol.
Daheim ist das Hallo groß und gerne willige ich ein, dass die beiden Kinder zum Hirschholen mitfahren dürfen, auch wenn sie dazu die ersten Stunden im Kindergarten schwänzen müssen.
Die Sonne steht bereits deutlich höher, als ich mit Kindern und Hänger wieder vor Ort bin. Mein alter Herr ist inzwischen auch da und freut sich von Herzen mit mir, wie übrigens auch alle Freunde, denen ich n Foto geschickt hab.
Das Hörnle hab ich auch mitgenommen und versuch mich am Hirschtod und danach am Jagd vorbei und Halali. N dreiviertel Jahr ohne einmal Üben und entsprechend klingt das ganze auch. Aber den Kindern gefällt's.
Zuhause hilft mir noch ein Jungjäger dabei den Hirsch in die Kühlung zu bringen und wird machen noch ein Weiswurschtfrühstück. Meinen Chef erwisch ich im Büro und frag nach nem Tag Urlaub, weil ich eben n Hirschle geschossen hab, auch der gratuliert mir gleich herzlich und freut sich mit mir. (wenn ich es richtig überlege, haben wir den Tag Urlaub überhaupt nicht mehr thematisiert...)
N Freund und ehemaliger Forist meint noch, er wäre um 10 Uhr schon dem Rausch erlegen, wenn er n Hirsch im eigenen Revier erlegt hätte, aber um 12 Uhr muss ich noch mal zum Zahnarzt, aber auch das war heute deutlich einfacher zu ertragen, auch wenn ich mir das Dauergrinsen, in der Zeit nur denken konnte...
Zu den Daten: 2 bis 3 jähriger Hirsch, gewogen hab ich ihn noch nicht und bin auch noch am überlegen, wie ich das bewerkstelligen soll, einseitig n kleines Krönchen (hab ich erst am Stück gesehen), rechts ne Achterstange. Kal. 308, 130 grains TTSx (Barnes). Keine Flucht, der hat nicht mal geschlegelt.
PS: die Kochprobe hat keine Beeinträchtigung der Fleischqualität gebracht und so wandert der Hirsch voraussichtlich in die eigenen Truhe.