Oh, ein Glück, mit den Bildern hat es geklappt. Und @Baumköter, mit dem Abnormen klappt es bestimmt auch bald!
Zu meinem Abnormen gibt es auch eine "kurze" Erlegungsgeschichte:
Ich jage seit meiner Kindheit in einem reinen Waldrevier, in dem wir eher schwache und selten abnorme Böcke erlegen können. Überhaupt sind die Böcke sehr vorsichtig und ich könnte manche Geschichte von alten und heimlichen Recken erzählen, denen ich gefühlte Ewigkeiten gewidmet und sie am Ende doch nicht bekommen habe. Das macht hier aber gerade den Reiz aus, meist sieht man einen Bock ein einziges Mal und dann nie wieder und was aus diesen Schlawienern wird, ist eines der ungeklärten Rätsel der Menschheit. Verstehe einer das Universum. Das gilt natürlich vor allem für die alten und starken Böcke.
In meinen frühen Jahren fragte mich einmal ein jugendlicher Freund und Jagdscheinanwärter, ob er mit mir auf den Sauansitz gehen könne. Bei uns sind die Sauen auch tagaktiv und wir jagen so gut wie gar nicht an Kirrungen. Im Feldrevier seine Vaters hatte mein junger Freund bisher noch keine Sauen am Tage sehen können. Das wollten wir natürlich ändern. Wir setzten uns daher an einem Sommertag schon früh an eine kleine Waldwiese an. Nach einiger Zeit wechselt plötzlich der "Abnorme", ein Pendelstangenbock, auf der gegenüberliegenden Seite auf die Wiese. Das war ganz und gar ungewöhnlich, denn unsere Böcke wechseln so gut wie nie auf freie Wiesen aus. Der Bock war natürlich schnell als etwas ganz "Besonders" angesprochen und mein Freund wartete ungeduldig darauf, dass ich das Stück endlich erlege. Nun war es in dieser Zeit noch längst nicht üblich, jeden "toten Bock" als einen "guten Bock" zu betrachten. Stattdessen betrieben wir im Staatswald noch bei allen Wildarten, z. B. auch bei den Sauen, eine gezielte Hege - und tun das trotz anderweitiger Entwicklungen, soweit es in unserem Ermessen liegt, auch heute noch. Deshalb hatte ich als Jüngling im Revier auch nicht "freie Büchse", sondern musste mir meine Böcke "verdienen". Folglich fiel mein Begleiter fast vom Glauben ab, als ich diesen seltenen Abnormen mangels ausdrücklicher Freigabe nicht erlegen wollte, selbst als dieser auf 20 Meter, breit wie ein Scheunentor, auf unserer Seite der Wiese wieder, zeitweise zum Standbild erstarrt, auswechselte. Aus dem väterlichen Feldrevier kannte mein Freund diese Zurückhaltung nicht, schon gar nicht auf einen so interessanten, wenn auch jungen Bock. Die nachfolgenden Diskussionen über vertane Chancen und Jagdmoral führe ich mal nicht weiter aus. Jedenfalls wurden wir für unsere Zurückhaltung letztlich doch noch belohnt, denn kurze Zeit später konnten wir bei noch hoch stehender Sonne und am hellichten Tage mitten auf der Wiese einen strammen Überläufer aus einer Rotte strecken. Das ist heute leider auch bei uns nicht mehr an der Tagesordnung. Einer dieser seltenen Jagdtage eben, an dem einem Diana oder eher St. Hubertus trotz oder gerade wegen unendlicher jungjägerischer Naivität wohlgesonnen ist. Mein Begleiter war jedenfalls versöhnt und unsere Mission erfüllt... :lol:
Mein Vater, Jagdleiter und Lehrherr, war natürlich mehr als amüsiert darüber, dass ich den für unsere Verhältnisse ungewöhnlichen Bock pardonniert hatte und gab mir diesen nun ausdrücklich frei, damit ich mir eine solche Chance nicht noch einmal entgehen lassen würde, auch wenn sie mir wohl erst gar nicht mehr zuteil werden würde. Deshalb verbrachte ich nunmehr Woche um Woche an und im Umfeld besagter Wiese, um mir das Sitzfleisch zu gerben und schmerzhafte Beharrlichkeit zu üben. Natürlich ohne den Bock wieder zu sehen. Nunmehr ließ ich stattdessen einen anderen laufen, auf den ich es ja nun mal nicht abgesehen hatte und der mir wohl auch einfach keine Feude bereitet hätte. Als die anfänglich glühende Motivation zusehends in den Keller sackte und zu Eis gefror, beschloss ich nun endlich, dass der vermaledeite Bock aufgrund der von mir geschonten und kapitaleren Konkurrenz "ausgewichen" sei und versuchte es trotzig und auf gut Glück in einem Seitental, das mir für pendelstangige Böcke reichlich unattraktiv erschien. Als ich nun auf der Flucht vor familiären Verpflichtungen mal wieder verzweifelt aber glücklich an einem Sonntag in dieser stiefmütterlich verkannten Revierecke ansaß - die Kanzel hatte ich in meiner Lehrzeit zu Ausbildungszwecken selbst gebaut - erblickte ich plötzlich vom Donner gerührt auf ca. 70 Meter an einem Waldweg den Gesuchten. Ein kurzer Blick durchs Glas und es bestand kein Zweifel mehr: "Mein" Pendelstangenbock. Mit zittriger Hand und festem Willen wackelte das Absehen aufs Blatt, der Atem stockte, der Bock stand breit und unentschlossen ging die Kugel auf die Reise. Gottlob bannte die .308 das Böckchen auf den Platz und meine Freude über den unverhofften Jagderfolg war riesengroß.
Mittlerweile sind viele Jahre vergangen und ich habe immer seltener an diesen Bock gedacht. Doch als ich nach einem Umzug kürzlich die Trophäe wieder in die Hand bekommen habe, war es mir, als sei ich wieder zurückversetzt in meine Anfänge und frühen Jahre. Und dabei erinnerte ich mich an die Geschichte dieses Bockes und konnte mir ein verschmitztes Lächeln nicht verkneifen: über mich, mein unverschämtes Glück, den jungen und unvorsichtigen Abnormen doch noch bekommen zu haben und vor allem darüber, wie sehr sich doch die Zeiten geändert haben - auf der Jagd und im Allgemeinen.
Special Agent