Lagom schrieb:
M.M: die Darstellung / Berichterstattung hängt (auch) von der Zielrichtung der selben ab.
Außerdem regiert die Sensationsgeilheit in der Medienwelt! Das gibt Quote.
Die Quote würden die Medien auch erreichen, wenn sie den Spieß umdrehen würden, und die Mitschüler von Tim K. als Mobbing-Bestien darstellen würden. Wahrscheinlich wäre die Quote dadurch sogar höher.
Es ist also tatsächlich die willentliche Zielrichtung der Medien, von denen es abhängt.
Im Fall Winnenden bahnt sich seit letzem Jahr aber etwas an, was wir bisher noch nicht hatten und was auch für die Medien absolutes Neuland zu sein scheint - zumindest zeugt die neuere Berichterstattung von Unsichereheit, oder sagen wir besser, von einer, wenn auch vorsichtigen, aber bisher unbekannten (Beinahe-)Objektivität.
Zunächst lief ja alles "normal".
Amoklauf - Ruf nach stikteren Waffengesetzen / nach Verbot von Ballerspielen - öffentliche Opfer-Trauerbekundungen im großen Stil - Durchleuchtung der Psyche des Täters - mediale Verunglimpfung legaler Waffenbesitzer - Forderungen nach strikteren Waffengesetzen / nach Verbot von Ballerspielen - und dann weiter in der Schleife:
mediale Verunglimpfung legaler Waffenbesitzer - Forderungen nach strikteren Waffengesetzen / nach Verbot von Ballerspielen - mediale Verunglimpfung legaler Waffenbesitzer - Forderungen nach strikteren Waffengesetzen / nach Verbot von Ballerspielen - ... ... ...
Dann ist aber etwas von Medien und Öffentlichkeit Unerwartetes geschehen. Irgendwas ist plötzlich aus dem Ruder gelaufen:
Der allgemeine und öffentliche Ruf nach mehr Prävention und (zukünftiger) Sicherheit wurde plötzlich durchmischt - und das ist das Spannende - von einem ganz anderen Zuruf aus dem Bündnis der angeblichen Opfervertreter. Einem steinzeitlichen Verlangen, dass jeder modernen Bürgergesinnung widerspricht und dass wir zuletzt im 3. Reich hatten: Das Verlangen nach Rache. Und das auch gleich nach zusammenhangsloser, persönlicher und blinder Rache, denn der Täter lebte ja nicht mehr.
Im noch herrschenden Hype konnte dieses kleine Bündnis seine Forderung nach Rache zunächst auch auf den Weg bringen.
Der Vater wurde wegen "Sippenvergehens" vor Gericht gezerrt.
Die Richter, (verständlicherweise) schwankend und unsicher, gaben diesem Verlangen zwar nicht nach, aber sprachen ein vorläufiges Urteil, dass "sowohl als auch" bedeuten könnte.
Die Rechtssprechung, aber auch die Öffentlichkeit, sowie die Medien sind mit der neuen Situation überfordert. Sippenhaft und Vergeltungsschläge gegen Nicht-Schuldige ist dann irgendwie doch nicht das, was
man sich wünscht. Und sei es nur, weil es einen selbst einmal treffen könnte.
Und dann geschieht die nächste Ungeheurlichkeit. Der Vater, resp. seine Anwälte, behaupten: Okay, wenn wir schuld sind, dann sind es aber auch die ehemals behandelnden Ärzte/Psychologen. Die Kampfzone ist plötzlich ausgeweitet.
Und wie weit lässt sie sich ausweiten?
Jetzt wird auch schon, der Logik der Entwicklung folgend, leise die Frage in den Raum gestellt: Okay, aber wie war eigentlich das Verhalten der Schüler und Lehrer gegenüber dem Täter?
Die Büchse der Pandora ist zumindest geöffnet. Wird die Entwicklung abgewürgt, verlieren auch die "Argumente" der Waffengegner an Schwung. Wird sie nicht abgewürgt, fliegt der Schuld-Bumerang seinen Kreis auch über die Opfer, bzw. Mitschüler, Lehrer, Nachbarn etc.
Es wird sehr spannend sein, wie die Entwicklung weiterläuft.
Was jetzt schon als positiv bezeichnet werden kann:
Während in den USA regelmäßig und
sinnlos die Wogen zwischen Massenmord/Waffenverbot hin und her schwappen, zeichnet sich in D / Europa ein zukunftsweisender Lösungsweg ab.
Und ich bin da gar nicht so pessimistisch.