Ich war eine Woche weg. Ein paar Anmerkungen zum inzwischen Gesagten möchte ich noch machen.
@Pit Weismann - Du hast geschrieben:
1. Es scheint (Vermutung, ja, leider) fest zu stehen, dass die Unfälle mit Mängeln in den Patronen zusammenhängen. Im DEVA Test ist die Rede, von einem Hülsenreißer. So was kommt vor, vor allem gefährdet ist wiedergeladene Munition. Typischerweise können Hülsenreißer nämlich auftreten, wenn Hülsen ohne Rand und Gürtel verladen werden und zwar, wenn der Verschlussabstand nicht korrekt eingehalten wird.
2. ALso, ist es einfacher, die Hülsen gleich ein wenig weiter zu kallibrieren und damit den Verschlussabstand geringfügig größer zu halten. So passen alle Hülsen, doch bei jedem Schuss kann sich eine Materialschwächung in der Nähe des Hülsen-Bodes einstellen, die dann zum Abriss führt.
3. Auch die Blaser, sowohl die KLB mit Kippblockverschluss, als auch die R93, verhindern ein Schließen des Verschlusses, wenn die Hülse zu lang ist. Deshalb werden Hülsen für Jagdmunition meist voll kallibriert, damit sie zuverlässig zu repetieren sind. Und nochmal, bei der Blaser geht es gar nicht anders. Wenn dann ein zu großer Verschlussabstand oder ein fehlerhaftes Ladewerkzeug zusammenkommen, vielleicht auch nur die zuläsigen Grenzen in unterschiedlichen Richtungen ausgenutzt werden, könnte ein Hülsenreißer bereits nach wenigen Ladungen auftreten. Umso schneller, desto höher der Gasdruck und desto größer die Materialverformung bei jeder Kallibrierung.
4. Wieder mal nur eine Vermutung, aber es kann doch nicht sein, dass ein Waffentyp ausschließlich auf Schießständen zu Fehlern neigt.
5. Trotzdem kann ich mir nicht vorstellen, wo denn eine Hülse reißen könnte, damit genügend Gas nach hinten ins System eintreten kann, wie dies bei dem DEVA Test ja künstlich durch eine Bohrung im Hülsenboden herbeigeführt wurde. Der Boden der Hülse ist Massiv und Hülsen reißen nicht am Boden, sondern kurz davor und dieser Teil sollte nach meiner Einschätzung im Lager selbst liegen und dann sollte der Verschluss der R93 dochnoch besser halten, als die Ruger No1 ....
ad 1. Stimme zu, Unfälle scheinen nur mit fehlerhafter Munition zu geschehen. Das war offensichtlich meist wiedergeladene Munition. Unfälle mit Fabrikmunition kann man aber nicht ausschliessen (z.B. der Unfall von A. Huf).
Ich verstehe nicht, warum Hülsenreisser typischerweise bei Hülsen ohne Rand und Gürtel geschehen sollen - IMO kann es bei allen Hülsen geschehen.
ad 2. Richtig. Es ist ja auch korrekt, Jagdpatronen ein wenig mehr zu kalibrieren.
Allerdings: es gibt genügend Wiederlader die die Matritze IMMER bis zum Anschlag an den Hülsenhalter schrauben ("ist ja präziser...").
Dann Hülsen 10 oder mehr mal wiederladen, weil die ja so "teuer" sind.
Dabei nicht kontrollieren ob innen eine Trennfuge entsteht.
Und (ebenso kritisch) nicht die Hülsenlänge kontrollieren und wenn nötig die Hülsen trimmen.
Und dazu vielleicht noch starke Laborierungen verwenden so dass die Zündglocke geweitet wird.
Damit hast Du ein Szenarium wie es zu Ueberdrücken in geschwächten Hülsen kommen kann.
Aber nebenbei, auch neue Fabrikpatronen können mal einen Materialfehler haben, und was ist mit alter "Surplus" Munition?
ad 3. Richtig, nur mit einem konventionellen Repetiersystem hat man genügend Hebelwirkung auch Patronen mit etwas zu "langer Schulter" laden zu können.
Frage zum R93: ein Büchsenmacher hat mir erzählt, dass der R93 Verschluss im Schuss immer ein bisschen "nachgäbe". Ich stelle mir das so vor dass es ein bisschen Weg braucht bis die Spreizelemente fest anliegen. Demnach müssten Hülsen in einem R93 etwas mehr "längen". Aber mangels R93 kann ich das nicht nachprüfen.
Der Test ist einfach: wenn die Theorie stimmt, sollte es nicht möglich sein, halskalibrierte Hülsen für einen R93 zu verwenden.
ad 4. dazu auch eine Vermutung: Wiederlader schiessen mehr, und meist auf dem Stand.
Aber es gibt zu wenig Daten um ernsthaft darüber nachzudenken.
ad 5. Du hast offensichtlich das Foto der "Unfallpatrone" im DEVA Bericht 2000 nicht gesehen. Diese Hülse riss etwas mehr als zur Hälfte da ab wo man es vermutet, mehrere Milimeter über dem Boden. Aber der Rest riss direkt über dem Gürtel! Klar, dass da Gas nach hinten strömen kann.
Die DEVA schreibt ja, dass bei "normalen" Hülsenreissern, wo der Hülsenrest am Boden noch dichten kann, nichts passierte. Der nächste Versuch der DEVA ("Sackbohrung im massiven Bodenteil der Hülse") diente dazu, diesen speziellen Hülsenreisser zu simulieren, und das hat funktioniert (auf Anhieb, wie die DEVA fett und unterstrichen schreibt).
Gruss,
Fuhrmann