Habe mir den neuen Defender letztes Jahr im Dezember auf der Jagdmesse in Hannover angesehen. Da sich Teile des Revieres durch die technische Aufrüstung der Landwirte mit schwersten Traktoren und Forstmaschinen in einem zunehmend anspruchsvolleren Geländeparcours verwandelt haben und ich zudem eine Entlastung für meinen in die Jahre gekommene XC70 suchte, wäre meiner anglophilen Seele ein Defender durchaus sehr entgegen gekommen.
Nachdem ich den rollenden Computer, eigentlich ein Range Rover als Defender "herunter gespielt" in Hannover dann besichtigen konnte, die vielen verbauten technischen Finessen und Spielereien angesehen und mir die exorbitanten Preise angehört habe, merket ich jedoch schnell, dass hier zwar ein sicherlich sehr leistungsfähiger und vermutlich auch robuster Geländewagen vor mir stand, der Verkäufer mit seinem ehrliche Satz "weit über 90% unserer Fahrzeuge sehen nicht mal einen Feldweg sondern werden ausschließlich in der Stadt und im Vorort eingesetzt" jedoch die Zielgruppe dieses Autokonzeptes gut beschrieben hat.
Es sind wunderbare Gimmicks eingebaut - Fächer, die sich nach außen öffnen, die Oberlichter-Fenster, Bugkamera etc... lauter Dinge mit denen man sicherlich im Freundeskreis glänzen könnte oder für sich selbst ein versonnenens Lächeln auf den Lippen hätte (so wie die Blumenvase im New Beetle als Zitat alter Käfer Herrlichkeit). Aber weder der New Beetle ist je zu einem alten Kult-Käfer geworden oder konnte daran anschließen, noch hat der neue Defender irgendetwas außer dem Namen mit dem Alten zu tun, den er in vielem so beflissen zu zitieren versucht.
Das Grundkonzept des Defenders war einen extrem breit einsetzbaren, sehr soliden, super geländegängigen und für den einfachen Farmer mit schmalem Geldbeutel in UK und im Britischen Empire auch leistbaren Geländewagen zu bauen. Den dieser ggf sogar auch mit einfachen Mitteln selber reparieren kann, was die enorme Überlebensfähigkeit uralter Defender in einigen Teilen der Welt erklärt.
Ich meine, Land Rover hätte sich mit einem modular aufgebauten und somit auch bei anspruchsvoller Technik prinzipiell auch in entlegenen Ländern der Welt ausbesserbaren Fahrzeugkonzept, ggf mit einfacherer Ausstattung und einem deutlich niedrigeren Preis, der am unteren Ende der Flotte ansetzt und nicht im oberen Drittel, einen größeren Gefallen tun können, als mit diesem High-End 4x4.
Der moderne Defender ist von diesem Konzept meilenweit weg und adressiert eine völlig andere Käufergruppe. Bin mir sicher, dass ich die, neben den ganzen Porsche Dickschiffen und Mercedes G demnächst auch im Prenzlauer Berg sehen werde...wenn ich da mal wieder durch muss...
Die alten Kernmärkte des Defenders bedienen heutzutage vor allem Pickups aus japanische rund südafrikanischer Produktion.
So ist es bei mir schlussendlich ein 3,2l 200PS Ranger Wildtrack MJ 2019 geworden, der, ergänzt um ein Sammitr Hardtop meine drei Hund, Nachsuche-Kram, Revierutensilien, Waffen und Ausrüstung sowie ggf die Jagdstrecke durch derbstes Gelände bugsiert und mich am Ende weniger als 50% des zuvor errecheneten Defender Preises gekostet hat. Auch meinen Imker Kram nebst Beuten oder Material bekomme ich damit in gut geschützte Stellplätze.
Vielleicht zieht hier eines Tages ein Defender der ersten Serie ein - einfach aus nostalgischen Gründen und zum Spaß.
Aber das ich mich so entschieden habe, wie vermutlich das Gros der Leute, die einen grundsoliden, leistungsstarken und mit den wesentlichen Dingen praxisnah ausgerüsteten 4x4 brauchen, der ordentlich was wegschafft, bereue ich nicht.
Und das der Wagen sehr geländegängig ist, habe nicht nur ich schon in diversen Situationen eindrucksvolle bewiesen bekommen - auch wenn die Wege in der Mark Brandenburg von dem australischen Trail in diesem Video qualitativ noch etwas weg sind:
https://www.youtube.com/watch?v=TaHbqtqoTXs