Aus der Fachhandelszeitschrift "Waffenmarkt intern"
"Gute" Jäger – "böse" Schützen?
Betrachtet man die Aktivitäten von
DJV und "Wild und Hund" zum Thema
Waffenrecht, so stellt man sich zwangsläufig
die Frage: Ist Solidarität für
Jäger ein Fremdwort?
Nach den Ereignissen in Erfurt, als die Politiker
die Legalwaffenbesitzer zu Prügelknaben
für eine über Jahrzehnte verfehlte Gesellschaftspolitik
machten, hatte man zumindest
zeitweilig den Eindruck, daß sich
unter der Federführung des Forum Waffenrecht
alle Legalwaffenbesitzer zu einer Solidargemeinschaft
zusammengefunden haben,
um die eigenen Interessen besser vertreten
zu können. Aber scheinbar macht nur
die größte Not einig.
Wie anders wäre es zu erklären, daß nach
der 2003er- und 2008er-Novellierung, bei
der die Jäger – entgegen früherer Androhungen
seitens der Gesetzesmacher – recht
ungeschoren davon kamen, sich der DJV
recht zufrieden mit der Waffengesetzentwicklung
abfindet. Diese überwiegende Zufriedenheit
dokumentierte DJV-Präsident Jochen
Borchert in seiner Rede beim letzten
Bundesjägertag mit den Worten: "Die Novelle
des Waffengesetzes ist durch die gemeinsame
Lobbyarbeit von DJV und Forum Waffenrecht
in den für uns Jägern wesentlichen
Punkten erfolgreich verlaufen." Der DJVChef
räumt in seiner Rede aber ein, daß
man sich in einigen wenigen Punkten nicht
durchsetzen konnte. Da steht dann der Rest
der nicht grünberockten Legalwaffenbesitzer,
die 2003 und 2008 ordentlich geschoren
wurden, neidisch daneben und fragt
sich zwangsläufig: Warum funktioniert die
Lobbyarbeit bei der Jägerschaft und bei allen
anderen Betroffenen kaum? Und warum
gibt es seitens der Jäger keinen Schulter-
schluß mit den übrigen Waffenbesitzern?
Verfolgt man die waffenrechtliche Entwicklung
in Deutschland ab dem Jahr 1972, als
erstmals auch die Langwaffen einer Erwerbserlaubnis
mit vorangehender Bedürfnisprüfung
unterworfen wurden, so kann man in
der Tat feststellen: Die Jäger mußten zwar
für ihre Langwaffen eine WBK beantragen,
aber die gab es zwangsläufig für das Vorhandensein
des Jagdscheins. Die 1976 eingeführte
so genannte Gelbe WBK für Sportschützen
wurde da in der Praxis wesentlich
restriktiver gehandhabt.
Bei den Verbänden ist Egoismus Trumpf
Wie man aus der Umklammerung der Waffengegner
relativ gut herauskommt, scheint
man beim DJV zu wissen - durch Kooperation
mit der Politik. Dies ist für einen Interessenverband
grundsätzlich die beste Lobbyarbeit,
die man sich vorstellen kann. Aus moralischer
Sicht ist es natürlich nicht gerade solidarisch,
wenn man den maßgeblichen Politikern
den Steigbügelhalter für Restriktionen
gegen Schützen und Sammler macht.
Die Politik lanciert jetzt quasi eine Einteilung in
"gute" und "böse" Legalwaffenbesitzer.
Ich höre den Aufschrei förmlich, daß dies
nicht stimmt. Beim Bundesjägertag in Saarbrücken
im Jahr 2007 war solch ein "die Gegenleistung
eintreibender" Gastredner erschienen.
Staatssekretär Dr. Hanning zeigte
sich in seiner Rede erschüttert über das steigende
Angebot an militärisch aussehenden
Zivilwaffen. Er bat die DJV-Versammlung um
Unterstützung bei der Ächtung dieser im Militärlook
daherkommenden Waffen bei derdamals bevorstehenden Gesetzesnovellierung:
"Ich gehe davon aus, daß dies in unserem
gemeinsamen Interesse liegt. Die
Jagdverbände können ihre Tradition schützen,
indem sie sich von solchen negativen
Entwicklungen abgrenzen."
Dazu fällt einem die bekannte Weisheit ein:
"Eine Hand wäscht die andere." Schließlich
waren in frühen Entwürfen zum Waffengesetz
der gleichen Politiker, mit denen man jetzt
"Geschäfte macht", auch schon einmal recht
niedrig angesetzte Höchstkontingente für
Langwaffen bei der Jägerschaft vorgesehen.
Auch bei der Fachzeitschrift "Wild und Hund"
bastelt man am Image der "grünen Zunft"
und startete eine Umfrage über die Meinung
der Leserschaft zu militärisch aussehenden
zivilen Selbstladern. Die Leserumfrage ist ein
bewährtes und legitimes Instrument der
Marktforschung, jedoch bekommt es schon
einen Beigeschmack, wenn eine angesehene
Fachzeitschrift nach dem Waffengesetz völlig
legale Zivilwaffen einer Ächtung unterzieht –
weil sich rund 3.000 Leser mit großer Mehrheit
gegen die militärisch aussehenden Zivilwaffen
aussprechen. Dies ist ein relativ geringer
Teil ein "Wild und Hund"-Leser – gemessen
an der Zahl aller Jagdscheininhaber maximal
im einstelligen Prozentbereich. Nicht
gerade aussagekräftig.
Die Jäger mögen Waffen im Militärlook
Es darf aus der Praxis heraus bezweifelt
werden, ob die überwiegende Zahl der Jäger
wirklich die Meinung ihres Verbandschefs
zum aktuellen Waffenrecht teilt. Als
bei der 2003er-Novellierung trotz der
grundsätzlichen Tendenz zu einem restriktiveren
Waffengesetz der bis dahin vorhandene
"Anscheinsparagraph" fiel und die jetzt vorhandenen
Erwerbsmöglichkeiten für im Militärlook
aufgemachte erlaubnispflichtige wie
erlaubnisfreie Waffen geschaffen wurden, da
freuten sich auch die Jäger und gar mancher
von ihnen, der sich intensiv für die Waffentechnik
und das Schießen interessiert, rüstete
auf. Daß diese Waffen teilweise weniger
zur Jagdausübung geeignet sind als Drilling,
Repetierer und Schrotflinte, ist eine bekannte
Tatsache. Der Jagdschein gestattet jedoch
den Erwerb der "Recycling-Sturmgewehre"
zumindest mit zweischüssigem Magazin.
Sollte da gar die Meinung Oberhand gewinnen,
daß der Jagscheininhaber für diese zur
Zeit völlig legalen Waffen kein Bedürfnis
hat? Logisch wäre dies. Wenn der DJV-Präsident
mit dem aktuellen Waffengesetz überwiegend
zufrieden ist – soweit es die Belange
der Jäger angeht – dann meint er vielleicht
auch diese Erwerbs- und Besitzmöglichkeit
von Waffen, die der Jäger gar nicht
dringend benötigt. Da verkennt man den
Mann vielleicht und täuscht sich darüber,
wie geschickt er die Politiker an der Nase
herumführt? Wir wollen ihm – bis wir andere
Belege haben – nämlich unterstellen,
daß er die Interessen aller seiner Verbandsmitglieder
vertritt. Und dazu gehören auch
die Jäger, die aufgrund ihres Jagdscheins so
ein bißchen dem Militärlook frönen.
Oder will der DJV jetzt grundsätzlich die
"Richtlinien für die künftige Waffentechnik"
herausgeben? Man erinnere sich – der so
sehr geschätzte Standardrepetierer Mauser
98 hat einen militärischen Ursprung, und
noch vor wenigen Jahren war der zivile
Selbstlader hierzulande als "Vollernter" verpönt.
Es ist auch eine interessante Frage,
wie sich die neuen Grundsätze von "Wild
und Hund" beim Erstauftritt des Mauser 98
ausgewirkt hätten?
Die etablierte Zwei-Klassen-Gesellschaft
Das Schlimme an dem ganzen Dilemma ist,
daß die Politik per Gesetzesänderung Erwerbsmöglichkeiten
für militärisch aussehende
Waffen bei der Novellierung 2003 geschaffen
hat und jetzt quasi eine Einteilung
in "gute" und "böse" Legalwaffenbesitzer
lanciert. Ächtungskampagnen, wie sie beispielsweise
Staatssekretär Dr. Hanning beim
Bundesjägertag 2007 angekündigt hat und
den DJV vor diesen Karren spannen will,
sind eigentlich keine rechtsstaatlichen Mittel.
Es lag und liegt in der Hand des Gesetzgebers,
derartige Waffen für den Privatbesitz
zu gestatten oder nicht. Man kann sich darüber
trefflich streiten, aber zuerst zulassen
und dann moralisch ächten, ist mit Rechtsstaatlichkeit
nicht in Einklang zu bringen.
Genauso wenig ist es in Ordnung, wenn sich
einzelne Verbände, die die Interessen eines
Teils der Legalwaffenbesitzer vertreten, zum
Büttel derartiger Politik machen lassen.
Wenn dann auch noch Fachzeitschriftendaran
ihr Süppchen kochen, so ist das deren
Entscheidung. Bekanntlich ist jeder seines
Glückes Schmied. Unzweifelhaft ist es
dem DJV – letztlich auch mit der Solidarität
aller Legalwaffenbesitzer vertretenen Verbände
– gelungen, die eigenen Kerninteressen
möglichst gut bei der Gestaltung des
Waffengesetzes einzubringen. Haare haben
aber auch die Jäger gelassen, und ob dies
Anlaß zur selbstherrlichen Zufriedenheit ist,
darf diskutiert werden.
Es ist nicht in Ordnung, wenn sich einzelne Verbände
zum Büttel der Politiker machen lassen.
Jetzt ist wirklich Solidarität gefordert
Nun will kein Legalwaffenbesitzer haben,
daß den Jägern Restriktionen widerfahren
… aber man darf vom DJV erwarten, daß er
die bei der Jägerschaft bestehenden Vorteile
auch anderen Waffenbesitzern gönnt – und
zu deren Erreichen in Solidarität beiträgt.
Vielleicht kommt einmal der Tag, an dem
die Jägerschaft so der Prügelknabe wird,
wie dies 2002 nach Erfurt die Sportschützen
waren. Und dann wäre man sicherlich auch
froh, wenn man moralischen Flankenschutz
bekäme.
Warum erklärt der DJV nicht, daß sich der
Verzicht auf einen Psycho-Test für Jäger zwischen
dem 18. und 25. Lebensjahr in der
Praxis bewährt hat, und man dies auch den
Sportschützen, dessen Ausbildung auch
nicht schlechter ist als die der Jungjäger, gesetzlich
zugestehen kann? So ließen sich
noch etliche Beispiele von Solidaritätsbekundung
aufzählen, was jedoch nicht nur
eine Einbahnstraße ist, sondern in beiden
Richtungen funktionieren muß.
Oder hat es die Politik schon geschafft, die
beiden größten Gruppen der Legalwaffenbesitzer
auseinander zu dividieren, um
dann in der nächsten Runde sich die bislang
noch weitgehend Ungeschorenen vornehmen
zu können? Daher kann dieser Beitrag
nur mit dem Appell enden: Solidarität ist die
wichtigste Stütze im Kampf gegen weitere
waffenrechtliche Restriktionen.
Quelle:
Waffenmarkt-Intern 9/2008