Horrido
@Henry21698,
Meine Eltern werden alt und krank-
Stiefmama, die seit 35 Jahren wie eine zweite Mutter für mich ist, hat eine seit vier Jahren diagnostizierte frontotemporale Demenz und ist mittlerweile bettlägerig. Spricht nicht mehr und vegetiert dahin. Zum Glück habe ich da eine gute Pflegerin als 24h Pflege organisiert bekommen. Demenz ist ein riesiges Arschloch.
Vater ist 80 und wird immer weniger alltagskompetent incl. gesteigerter Aggressivität und Ablehnung aller Anforderungen ihm gegenüber. Spricht oft davon, nicht mehr Leben zu wollen. Großbaustelle mit 7 unterschiedlichen Tabletten pro Tag (2xHerz, Schilddrüse, Bauchspeicheldrüse, Pre-Diabetes, Bluttdruck, Blutgerinnung...)
Er vergisst immer mehr. Da weiß ich nicht, ob es beginnende Demenz ist oder dem Alter geschuldet ist.
Mutter hat einen aggressiven Brustkrebs (alle 13 entnommenen Lymphknoten sind befallen) und die Chemo abgebrochen, weil zu viele Nebenwirkungen vorliegen. Sie will sich "alternativ" behandeln lassen mit persönlich von der Heilpraktikerin abgestimmten homöopathischen Globulies und Quark-Öl-Kur... Ich bekomme von ihr bei Whatsapp immer die neuesten Videos ihrer "Gurus" geschickt. Mir stellen sich alle reichlich vorhandenen Nackenhaare hoch bei dem Geschwurbel.
Ich stehe da ohne verfügbare Geschwister vor einem riesigen Haufen Sorgen, Verantwortung, Last und Entscheidungen.
Ist momentan eine schwierige Phase in meinem Leben in der Rolle als Vater, Sohn und Ehemann allen möglichst gerecht zu werden. Ich habe zum Glück eine wunderbare Ehefrau an meiner Seite, die mir Kraft und Halt gibt.
Alt werden ist nix für Schwache. Egal auf welcher Seite....
Ich wünsche Dir sehr viel Kraft, mit den ganzen Baustellen deiner Eltern klar zu kommen. Einfach wird es leider nicht...
Meine Mutter hat (zum Glück) schon mehrmals den Krebs besiegt. Sie hat als junge Frau (mitte 30´; Anfang der 1970er) beiden Brüste abgenommen bekommen. Dann ging es in den 1980 weiter mit Lymphdrüsenkrebs. Davon hat sie ein halbes Ohr über. Und in den 1990er war da plötzlich eine kahle Stelle am Hinterkopf. Wieder Krebs. Nebenbei hat sie entzündliches Rheuma, was aber gut eingestellt ist. Das hat sie alles tapfer überstanden...
Nun baut sie seit mehreren Jahren immer mehr ab. Gefühlt in den letzten 8 Jahren schneller, wie vorher. Naja, sie ist jetzt 88 Jahre.
Sie wird immer vergesslicher.
Die Hörgeräte haben ca 1/4 Jahr genutzt. Dann hat sie wieder nichts mehr gehört und es wurde nachgestellt. Nutzt aber nix. Mittlerweile sind auch die Geräte, die sie im letzten Jahr bekommen hat, unbrauchbar. Das waren die stärksten, die es (lt. Akustiker) am Markt gibt. Wir schreien sie nur noch an, weil sie sonst nix mehr hört.
Und dann kommt halt seit vier Jahren noch die Inkontinenz dazu. Wir hatten versucht über den Hausarzt (HA) ein entsprechendes Rezept für Windelhöschen zu bekommen. Die kann sie sich noch selber An- und Ausziehen. "Geht nicht, darf ich nicht.." Also aus dem Aldi / Lidl woauchimmer die billigen Windelhöschen zugekauft. Mittlerweile bestelle ich im Internet, weil es da bessere gibt...
Auch hat sie offene Beine / Füße. Da kommt seit drei Jahren eine Wundbehandlerin zu uns und gibt uns Tipps / Ratschläge wie diese Baustellen besser werden. Und sie sorgt auch dafür, das das entsprechende Material zu uns kommt.
Leider hat Mutter nun seit zwei Wochen immer Abends "e Kribbeln en de Fäuss und aich spier nout miie". Da kommt am Montag unser HA und schaut sich das Ganze mal an. Weil in die Praxis kann sie nicht mehr, weil sie kaum noch laufen kann.
Sie hat schon "angedroht", das sie auf keinen Fall mehr ins Krankenhaus will.
Bei meinem Vater wars anders...
Er hatte 15 Jahre mit Asbestzement gearbeitet. Dadurch (und wohl auch durchs Rauchen) hat er Asbestose bekommen. Danach mehrere Herzinfakte.
Zum Schluß (das letzte Jahr) hat er nur noch auf der Couch gesessen. Liegen ging nicht, weil er da Atemnot bekommen hat. Auch lief ihm das Wasser aus den Beinen. Nein nicht Sinngemäß, sondern tatsächlich.
An dem Tag, wo ich aus der Jagdschule mit dem Zeugniss heim kam, saß er auf der Couch und hatte die Füße in einem Wännchen. Auf meine verwunderte Nachfrage sagte er mir, das sonst das ganze Wasser auf das Parket laufen würde.
Wir sind dann noch drei Wochen jeden Abend im Revier gewesen. Mein Vater in Schlappen mit etlichen Binden (die, die die Damen auch "Regelmäßig" verwenden) an den Füßen. Im Nachhinein gehe ich davon aus, das er es gerne noch gesehen hätte, das ich etwas in seinem Beisein erlege, was ihm bei seinem Vater (auch) vergönnt war.
An seinem drittletzten Lebenstag hatte er seinen 81ten Geburtstag (im ganz kleinen Kreis) gefeiert. Wir warenn alle den ganzen Tag da.
Am nächsten Tag konnte er schon nicht mehr laufen und dann ging es schnell.
Morgens, vor der Arbeit, nochmal kurz nach ihm geschaut. Auf der Arbeit wurde ich dann von meiner Kollegin (und besten Freundin) angesprochen, was los sei. Sie hat mich dann, mit Worten und sanfter Gewalt, heim geschickt. Obwohl ich sehr viel Arbeit hatte und die Vorgesetzten mir damals mächtig Druck gemacht hatten. Das war das beste, was mir bis dahin passiert ist und ich werde ihr auf Ewigkeiten Dankbar sein!!
Auch hatte ich versucht seinen HA zu erreichen, damit er evtl. meinem Vater etwas Linderung verschaffen kann. Der HA sagte dann, das er gegen 9, bevor er in seine Praxis fährt, vorbei kommt.
Er (mein Vater) hatte alles Mögliche gesehen. Aber nur er. Wir haben uns noch zwei Stunden unterhalten. Dann bin ich in meine Wohnung (eine Etage höher) um eine Zigarette zu rauchen und den Termin in der Herzklinik, eine Woche später, für Vater abzusagen.
Als ich zurück komme, sitzt meine Mutter neben ihm und ich sehe, das der Bauch sich nicht mehr bewegt. Es waren keine Vitalfunktionen mehr vorhanden.
Er ist also mit Mutter (seiner großen Liebe / ü 60 Jahre verheiratet) an der Hand gegangen...
Kurz darauf kam der HA und wollte wiederbeleben. Da musste ich ihn auf die Verfügung / den Wunsch meines Vaters hinweisen, das er das auf gar keinen Fall wollte.
Unsere Mutter wird von meiner Schwester und mir gepflegt und wir kümmern uns um alles. Das haben wir Mutter, vor Jahren, so versprochen. Wenn meine Schwester, die das Haupte macht, nicht da ist, bin ich da.
Meine Schwester hat regelmäßig ein schlechtes Gewissen, wenn sie in den Urlaub fährt. Dann nehme ich halt Urlaub. Oder neulich, wo meine Schwester im Krankenhaus war, habe ich "Stunden abgebaut" und den Rest halt Urlaub genommen.
Früher hat unsere Mutter sich um uns gekümmert, heute kümmern wir uns um sie...
Pflegeheim oder Pflegerin zuhause sind für uns keine Option, weil wir das finanziel nicht stemmen können. Das würde Mutter auch nicht wollen, wie sie schon vor Jahren gesagt hat. Auch ist sie recht dankbar und froh, das wir uns um sie "kümmern".
Für das "Umschreiben" des Hauses ist es nun auch zu spät....
Unser Wunsch (wenn es auch wohl so nie kommen wird) ist, das sie Abends ins Bett gebracht (da braucht sie auch Hilfe bei) und Morgens über die Regenbogenbrücke gegangen ist. Wunschdenken halt....
Meine Schwester hat allerdings auch schon Pflegestufe 2 und einen GdB von 100. Sie ist 7 Jahre älter wie ich, will mir allerdings später die Pfelge von ihr nicht zumuten. Sie hat schon "angedroht", das, wenn Mutter nicht mehr ist, sie in ein Pflegeheim gehen möchte, wenns soweit ist.
Da weder bei meiner Schwester, noch bei mir Kinder oder Partner vorhanden sind, wird es später, wenn es bei uns soweit ist, tatsächlich nur eine Möglichkeit geben...
Obwohl, nicht jeder hat das Glück das da nahe Angehörige in der Nähe wohnen oder sich gar um die Pflege kümmern können / wollen.
Der Anfang ist bei mir schon gemacht. Ich habe eine "Pflegevollmacht" und eine "Vorsorgeverfügung" sowohl beim HA als auch in dem neuen Register hinterlegt. Meine Schwester und meine beste Freundin (39 Jahre jung) sind da eingetragen. Meine beste Freundin hat, wie auch mein Schwester, vollen Zugriff auf meine Konten und "über den Tot hinaus". Da meine Schwester nicht soooooooooooo affin mit Computer (sie hat erst seit 3 Jahren ein Smartphone und keinen Computer) ist, habe ich meiner Freundin alle Zugänge zu allem, was Online betrifft, gegeben. Beide wissen, wo die wichtigen Unterlagen von mir sind. Und auch, wo der Code zu den Waffen ist. Das Testament wird das nächste sein, was ich schreibe. Obwohl, bei meiner "Klaue", sollte ich das evtl. einem Anwalt überlassen
...
Was ich mit dem ganzen "Geschreibsel" sagen möchte: Das Leben, grade am Ende, ist, sowohl für "den Betroffenen", als auch für die Angehörigen nicht wirklich einfach. Es tut weh, wenn du die Personen, die immer ein "Festung" für dich waren, plötzlich als "Schatten seiner selbst" sehen musst.
Schade, das es keine weiteren Angehörigen gibt, die sich mit "kümmern" können...
Ich wünsche Dir viel Kraft, das Du alles so hinbekommst, wie Du es willst. Auch wenn es nicht einfach wird...
RedNose