Meine Geschichte zu den ersten Tagen der Bockjagd 2002
01.05.02 Morgenansitz 05:00 Uhr
Dachskanzel im Waldrevier
Nach einer ¼ Stunde fängt es an zu regnen, die Erfolgsaussichten sinken für heute morgen. Gegen 06:30 sehe ich im dichten Unterholz ein Stück Rehwild. Nach genauerem Hinsehen entpuppt sich das Stück als Bock mit Durchfall, aber der verkrümelt sich ohne das ich Ihn genauer ansprechen konnte, im Gesträuch.
Gegen 07:30 schnürt noch ein pudelnasser Altfuchs durch das Geäst hin zur riesigen Bauanlage. Nach dem Abbaumen kontrolliere ich noch den Bau, aber für Jungfüchse gibt es noch keine Anzeichen.
Der morgendliche Gemeinschaftsansitz brachte trotz des schlechte Wetters Hegeringweit noch 2 Schmalrehe und 2 Böcke. Der eine Bock war aufgrund Duchrfall so abgekommen, das er verworfen werden musste.
01.05.02 Abendansitz 19:00 Uhr
Dachskanzel im Waldrevier
Zum ersten mal ist Irene, meine junge Rauhaarteckelhündin mit auf der Kanzel. Sie benimmt sich nach anfänglichem hin und her ganz gut. So gegen 19:30 sehe ich wieder Rehwild ziehen, so wie schon morgens im dichten Bestand. Diesmal ist der Bock aber nicht dabei, es ist eine hochbeschlagende Ricke. Dann eine Stunde später taucht plötzlich links von mir ein Bock auf. Er steht mit seinem Körper hinter einer dicken Buche. Vom Gehörn – ein kleinerer Sechser – und vom Körperbau her ist er ein 2-3 jähriger. Als er sich frei und breit stellt, knallt der Drilling. Das 11 Gramm PPC aus der 7x57R lässt ihn nach ca. 20 Metern verenden. Der Bock mit dem Durchfall ist es aber nicht.
02.05.02 Morgenansitz 05:00 Uhr
Dachskanzel im Waldrevier
Regen, Regen, Regen. Außer einem Buntspecht ein seinem Spechtbaum zeigt sich nichts behaartes.
03.05.02 Morgenansitz 05:00 Uhr
Dachskanzel im Waldrevier
Heute ist das Wetter besser, nach 10 Minuten ist es bereits so hell, das man auch im Wald schon prima ansprechen kann. Um 05:15 kommt in meinem Wind – ich hatte mir gerade eine Zigarette angesteckt – wieder ein Stück Rehwild. Es zieht langsam auf mich zu. Schon mit bloßem Auge kann ich einen Bock erkennen. Für das Fernglas ist es zu spät, also muss einäugig angesprochen werden. Den Spiegel kann ich nicht sehen, das Gehörn zeigt einen hohen Spießer, der leicht zum Sechser angesetzt hat. Sein dicker Träger deutet auf einen alten Bock hin – also auf jeden Fall schießbar. Als er sich breit stellt lasse ich fliegen. Der Bock liegt im Knall. Jetzt kommt das Jagdfieber. Nach der obligatorischen Zigarettenlänge Wartezeit baume ich ab und gehen zu Bock. Es ist ein ca. Vierjähriger, aber auch dieser Bock hat keinen Durchfall. Allerdings hatte er am Haupt eine frische Verletzung, die auf Forkeln oder auf eine nähere Bekanntschaft mit Stacheldraht hindeutet.
Im Waldrevier müssen wir in diesem Jahr 20 Stücke Rehwild schießen, jetzt haben wir schon 4 Stücke, die uns nicht mehr totgefahren werden können und gleichzeitig einige Einstände frei gemacht. Mein Vater und meine bessere Hälfte haben auch schon je einen Bock erlegen können.
Der heutige Abendansitz bringt keine neuen Erkenntnisse, vielleicht ist der Durchfallbock wegezogen oder geprügelt worden.
04.05.02 Abendansitz ab 19:00 Uhr
Kanalkanzel im Moor
Das Wetter hat sich wieder verschlechtert, es sieht den ganzen Abend lang so aus, als könne es jeden Augenblick wieder anfangen zu regnen. Erfreulicherweise tummeln sich hier so viele Hasen, wie schon seit einigen Jahren nicht mehr – das lässt hoffen für den Winter. Weit entfernt über die Grenze hinaus sehe ich Ricke mit ihren beiden Kitzen aus dem Vorjahr, ansprechen kann ich sie nicht. Vor mir auf ca. 350 Meter liegen 3 Stücke im Gras an einer Dornenhecke. Ein starker Bock ist nicht dabei, soviel kann ich erkennen. Nach einer halben Stunde gesellt sich dazu ein schwacher Bock, aber im Laufe des Abends kommt das Rehwild nie näher als bis auf ca. 250 Meter an die Kanzel heran. Wären wir jetzt schon weiter im Jahr fortgeschritten, dann würde ich versuchen, sie anzupirschen, aber zu beginn der Jagzeit erscheint mir das doch noch unpassend zu sein. Also genieße ich den schönen Abend ohne Regen.
Insgesamt zähle ich an diesem Abend 19 Stücke Rehwild beim Ansitz und während der Rückfahrt.
05.05.02 Abendansitz ab 19:00 Uhr
Geschlossene Kanzel im Moor
So langsam geht mir die Kondition für die Morgenansitze aus, ich muss mal wieder ausschlafen. Hier habe ich in diesem Jahr noch nicht gesessen. Hinter mir sind 2 Weiden mit Beestern, vor mir liegt eine totgespritzte Weide, dahinter eine Brachfläche am Kanal entlang. Links vor mir liegt ein Birkenbusch. Die Kanalkanzel steht ca. 400 Meter entfernt auf der anderen Seite des Kanales. Gerade erst habe ich mich häuslich eingerichtet, da sehe ich rechts vor mir ca. 250 Meter entfernt auf der Brachfläche zwei Stücke Rehwild, beschlagene Ricke mit relativ schwachem Bock. Ein Jährlingsspießer mit leichtem Ansatz zum Gabler, lauscherhoch auf. Zu weit für mich und meinen Drilling in 7x57R mit 11 Gramm PPC. Außerdem habe ich keinen Entfernungsmesser dabei, so das ich die Entfernung nur ungefähr abschätzen kann.
Beide Stücke ziehen langsam auf mich zu. Als sie sich auf ca. 180 Meter umdrehen und zurückziehen wollen, wird es Zeit für mich. Ich lege mich so richtig schön in die Kanzel, packe meine Jacke unter die Waffe, steche ein und als der Bock verhofft, lasse ich fliegen, aber wie ein Anfänger. Ich reiße den Abzug durch, kneife im Schuss die Augen zu und unter dem Bock spritz Wasser hoch.
Verdammt nochmal, vorbei geschossen. Der Bock steht neben der Ricke, sichert verdattert in alle Richtungen, dann setzten sich beide in Bewegung und flüchten auf mich zu. Inzwischen habe ich nachgeladen, die Waffe in die andere Luke gelegt und gehe mit. Auf ungefähr 50 Meter flüchtet die Ricke in den Birkenbusch, der Bock so circa 30 Meter hinterher. Als er auf den Busch zu geht, schreie ich ihn an, er verhofft erneut, diesmal saugt sich der Zielstachel am Blatt fest und der Schuss bricht. Der Bock geht noch 10 Meter, dann liegt er. Wieder die bewusste Zigarettenlänge abwarten, dann runter und hin zum Bock. Der zweite Schuss sitzt gut, der erste ging komplett vorbei. Ich muss mich doch immer wieder zusammenreißen und auf dem Teppich bleiben, vor allem aber mit dem Drilling und dem kleinen Glas (1,5-6x42)
Übrigens war dieser Bock – wie im Lehrbuch schon komplett verfärbt – ein Jährling. Die beiden anderen hatten am Trägeransatz schon das Sommerhaar, der Rest war noch grau!!
Grüße aus dem Ammerland
Ulf-Hubertus