Ich weiß auch nicht, was der Stein des Anstoßes war oder ist. Ich las das Reizwort "Merkel" irgendwo.
Das bedeutet, dass ich auch nix zu diesem Thema verliere, denn wenn ich etwas zum Thema "Merkel" oder "Bush" (was eh nicht so different ist) schriebe und dabei ehrlich bleiben wollte, kämes ich nicht ohne Schmähungen aus.
Mit Genuss schriebe ich darüber. Aber da wir Deutschen mittlerweile so weit sind, dass wir uns gar nicht mehr an Kritik - egal, in welcher Form - heranwagen, wenn es keine Eigenkritik ist, alles hinnehmen, ohne uns jemals Gehör zu verschaffen, so weit eingeschüchtert sind, dass wir die öffentliche Meinung, von der wir wissen, dass sie nicht im mindesten mit der Realität übereinstimmt, unterstützen, wenn wir uns nur noch im kleinen Kreis trauen, über das zu reden, das jeder denkt, aber nicht zu äußern wagt, ist es sinnlos.
So sinnlos wie der lange Satz gerade.
Generell aber: Foren "leben" dadurch, dass Leute schreiben; wer hätte das gedacht ?
Schreiben wenig Leute, beginnt die Meckerei - "Hier ist ja nix los, ich gehe !". Wenn dann viele Leute auch noch viel schreiben, geht die andere Meckerei los: "Gehört nicht zum Thema, hatten wir schon, Suchfunktion benutzen !".
Ohne Meckern geht es nicht.
Menschen sind Teil der Natur, obwohl sie sich immer so aufführen, als diente die gesamte Natur nur der Vernichtung durch sie. Natur ist streitbar, ehrlich und (re)agiert.
Wenn Politiker ein ganzes Volk um Vertrauen, Ehrgefühl und viel Geld bringen, wenn Politiker befehlen, Ölraub und Völkermord zu unterstützen, so nehmen wir dies hin; jammern im kleinen Kreis, weil wir eh alle dasselbe denken und empfinden. Das scheint der Rest von Gerechtigkeitsempfinden zu sein, der in uns schlummert.
Aber wehe, einer spricht laut aus, was eh alle denken. Der ist dann plötzlich böse, nicht tragbar, aggressiv, radikal, und so weiter.
Ihr kennt das alle.
Je näher man an der Wahrheit liegt, desto höher die Strafen, wenn man's laut ausspricht.
Merkt Ihr schon daran, dass Euch jetzt allen genau die Themen einfallen, die ich meine, obwohl ich sie mit keinem Wort erwähnt habe.
Wenn eine Meinung ehrlich im Raum steht, muss sie nicht immer extreme Hintergründe oder Intentionen haben. Immer wieder pochen wir auf unser Recht auf freie Meinungsäußerung, das wir schon seit Jahrzehnnten nicht mehr haben. Sicher, wir dürfen sagen, was wir wollen. Aber tun wir's, findet sich immer eine Person oder Institution, die der freien Meinungsäußerung plötzlich einen anderen Namen gibt, dieses lang verbriefte Recht damit aushebelt und den Delinquenten vom gesetzeskonformen Menschen in den bösen Buhmann wandelt.
Die Schwellen dieses Fähnlein-im-Winde-Effektes sind naturmäß different, in Foren eher niedrig. Hier geht's halt darum, möglichst beispielhaft zu wirken - auch wenn's der wahren eigenen Einstellung komplett widerspricht. Biedermann-Mentalität, die Brandstifter schützt.
Ach, ich gerate schon wieder ins Labern...
Eins noch: Ich bin so eingestellt, dass ein Jeder ALLES sagen dürfte. Wenn's jedem Leser blödsinnig vorkommt, richtet's keinen Schaden an. Und wenn eine öffentlich als aggressiv oder gar verboten dargestellte Meinung absorbiert wird, nennt sich das halt reale Demokratie.
Knapp jetzt:
Stark reglementierter Schreibzugriff würde dieses Forum vernichten. In Foren meldet man sich an, weil man als Leser etwas sieht, auf das man reagieren möchte. Sofort. Wenn ich zuvor Ausweiskopien und ähnlichen Blödsinn durch die Gegend schicken müsste, hätte ich mich weder hier noch in anderen Foren angemeldet.
Ferner wären die Unterschiede für den etwas Wissenderen eh zu minimal, als dass es den Zusatzaufwand lohnte: Die IP wird beim Verfassen von Beiträgen automatisch gespeichert. Und damit ist es möglich, jeden Schreiberling auch Wochen später noch festzunageln, wenn denn öffentliches Interesse besteht. Geht dann halt nicht bei jedem Kinderkram. Und das halte ich für wichtig. Wenn mich jemand beleidigen möchte, so kann er es gerne tun; was kratzt es mich denn ? Ich bin aus dem Alter heraus, in dem ich wegen jeder Pillepalle gleich zu Mutti gerannt bin: "Mutti, Mutti, der Fritz hat gesagt, ich würde schielen !" - "Ja, aber Du schielst doch." "Ja, aber sagen darf er's nicht, bestrafe ihn !"
So oder so ähnlich... Kinderkacke. Kinderkacke, die schon Teil unseres Wesens geworden ist; zumindest des Wesens, das wir in aller ehrbaren Verlogenheit von uns in der Öffentlichkeit zeigen.
Ok, IPs kann man verschleiern. Aber genauso kann ich eine Ausweiskopie "frisieren"; dürfte mich keine Viertelstunde kosten.
Selbstregulierung ist das Zauberwort. Erzählt jemand absoluten Bockmist, wird er seine Schelte schon von allen Seiten erhalten. Kommt so etwas häufiger vor, kann man immer noch regulierend eingreifen.
Aber so, dass das Forum überlebt.
Auch das Aufstellen von Regeln hinsichtlich Dingen, die man sagen darf und die nicht, geht schon wieder in diese Richtung. Immer lese ich "Rechtsextremismus", "Antisemitismus". Und was ist mit dem Linksextremismus ? Extremismus ist fast IMMER schlecht - ob von rechts oder links oder von staatlicher Seite. Der Stein, der dem Polizisten den Schädel zertrümmert, ist nicht automatisch ein guter Stein, weil er von einem Linksextremen oder nicht antisemitisch eingestellten Menschen geworfen wurde.
Gewalt bleibt Gewalt, unabhängig von deren Ursprung. Und unabhängig sollte man Gewalt und Meinungen beurteilen. Denn die Wirkung ist identisch. Wer Rechts sagt, sollte auch Links sagen.
Noch ein Beispiel zur Verlogenheit:
Reizwort - Lutz Möller.
Hin und wieder taucht er hier auf und sagt kurz etwas. Und in Millisekunden tauchen Reaktionen auf, wie in diesem Beispiel:
LutzM schreibt (fragt mich jetzt bloß nicht mehr wo), dass eine Glock gesprengt wurde. In Millisekunden kommen Reaktion der Art "Jaja, das schreibste jetzt, weil Du wieder ein Patentchen in der Schublade liegen hast, das Glock nicht kaufen wollte."
Wer die Seiten von Lutz kennt, weiß, dass sich diese Bemerkung, die ich sinngemäß wiedergegeben habe, auf das Lutz'sche Ankreiden des Blaser R93-Verschlusses bezog, mit dem's ja den einen oder anderen Patzer gegeben hat.
Nur: Wer das weiß, muss die Seiten sehr aufmerksam gelesen haben. Und nicht nur die Meldung zum Veschlussausreißer selbst, sondern auch das Rahmenwerk davor und danach.
Da haben also Leute diese ach-so-verpönte Seite gelesen; vermutlich stundenlang. Aber kaum gibt es eine Möglichkeit, sich öffentlich zu profilieren, wird diese genutzt; in vielen Fällen sogar gegen die eigene Einstellung. Hauptsache, man steht in den Augen Anderer als Saubermann, Biedermann da. Andere stimmen zu, weil sie sich sicherheitshalber der öffentlichen Meinung anschließen; völlig ungeachtet dessen, was sie tatsächlich denken.
Wir agieren fast alle bereits extrem eingeschüchtert, wie die Menschen damals in der DDR. Wir belügen und betrügen uns gegenseitig, des Anscheins wegen.
Dinge, die Menschen beschäftigen, sollten durchgesprochen werden können. Sonst gären sie unter der Oberfläche weiter und führen irgendwann zur Explosion.
Denkt doch einmal ernsthaft darüber nach, wie Ihr in der folgenden Situation DENKT und REAGIERT:
In einem Forum schreibt jemand, dass er eine bestimmte Bevölkerungsgruppe ausländischer Abstammung nicht leiden kann. Eine Bevölkerungsgruppe, die bei uns extrem aggressiv auftritt, die gewöhnlich pöbelnd und prügelnd durch die Straßen zieht.
Ihr wisst alle, welche Gruppe ich meine. Ich muss sie nicht nennen.
Und jetzt denkt nach, wie ihr auf eine solche Äußerung reagiert - und wie Ihr wirklich darüber denkt.
Verlogenheit mag schmeichelhaft sein; aber sie ist und bleibt verlogen. Und die Anerkennung, die man öffentlich für solcherlei Agitation einsackt, ist ebenfalls nicht echt, weil Leute nur zustimmen, weil sie glauben, dass man es von ihnen erwartet.
Meine Güte; ich schreibe wieder Romane... Aber der Kern der Sache dürfte jedem von uns klar sein: Ehrlichkeit. Ehrlichkeit hat eine Menge mit Demokratie zu tun. Aber wenn die Ehrlichkeit verboten wird, muss man sich die Frage stellen, was aus unserer Demokratie geworden ist.
Ob im Staat, in den Medien - oder in Internetforen.
Nase, eigene, selbst dranfassen. Ich machs immer wieder. Und scheitere auch immer wieder. Aber dennoch versuche ichs. Weil ich einfach nicht einsehen kann, dass das Äußern einer ehrlichen Meinung schlimm sein soll.
Wer Orwell's "1984" nicht gelesen hat, sollte dies tunlichst nachholen. Stichwort: "Gedankenverbrechen".
Dort sind wir mittlerweile angekommen; und einen gewaltigen Schritt weiter.
Keine Ausweiskontrolle, keine Blockwart-Mentalität, kein Denunziantentum. Sonst sind wir ganz schnell wieder da, wo wir keinesfalls mehr hin wollen. Denn Ausweiskontrolle, Blockwarte und Denunzianten gab's vor allem in Zeiten, von denen zu distanzieren wir beträchtliche Anstrengungen unternehmen.
Die Anfänge sind immer gleich; nur wachsen stetig unsere Mühen, die Anfänge nicht mehr als solche zu erkennen. Bis wir dann so weit sind, dass wir endlich wieder vorwurfsvoll fragen können: "Warum habt Ihr damals nichts getan ?"
Antwort: Weil damals wie heute nicht darüber gesprochen wurde, weil damals wie heute aus Angst unausgesprochen gebliebene Dinge den Druck unter der Oberfläche so weit erhöhten, bis der Kessel platzte.
Schlussgebrabbel: Lasst das Forum, wie es ist. Es wird gut angenommen, die Leute reden miteinander, helfen sich gegenseitig, streiten sich, kriegen sich gewaltig in die Köppe, versöhnen sich wieder oder nicht...
Alles so, wie es die Natur vorschreibt. Wie es überall in der Natur ganz normal ist.
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Das Recht auf freie Meinungsäußerung gilt nur solange man Dinge äußert, die den Anderen passen. Trifft dies nicht zu, ist freie Meinungsäußerung strafbar. Wie im Dritten Reich, wie in der DDR. Der einzige Unterschied scheint in der besseren Verfügbarkeit krummer, gelber Südfrüchte zu bestehen.
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