Schnellkochtopf
Beim Friseur - diese einleitende Entschuldigung ist wohl unvermeidlich - las ich in einer Fernseh-Programmzeitschrift minderen Niveaus auf der Witzseite folgenden Kalauer: Wer war der Erfinder des Schnellkochtopfes? Ganz einfach: Garibaldi, denn das Kochgut wird darin "bald" "gar". Das gefiel mir so gut, daß ich, als ich einmal meinen Vater besuchte, diese Scherzfrage dem Achtzigjährigen stellte, der dieser Art volkstümlichem Humors durchaus zugänglich war. Seine Antwort nahm mir allerdings jeden Wind aus den Segeln: Das war doch Papin! Gefolgt wurde sie von einem kurzen Ausflug in die Geschichte der Technik im 17. Jahrhundert. Ein Blick ins Lexikon bestätigte den Zeitpunkt der Erfindung: 1680. Ich selbst hätte sie ohne weiteres Nachdenken eher ins 19. Jahrhundert datiert. Und der Dampfkochtopf in unserer Küche hätte seiner Form nach im Bauhaus der 20er Jahre entworfen sein können: ein Hochzeitsgeschenk, der an sich vernünftigen Überlegung geschuldet, daß ein berufstätiges junges Paar wenig Zeit auf die Zubereitung des warmen Abendessens würde verwenden können oder wollen. Allerdings hatte der Schenker übersehen, daß das Schnellkochen eine Disziplin sui generis ist, die ein umfassendes und tiefgehendes Studium erfordert, soll sie dem Adepten wirklich zu verkürzter Zubereitung verhelfen. Allein die zur Einhaltung der Reihenfolge der Einfügung der einzelnen Bestandteile und der notwendiger Präzision der Partialkochzeiten erforderliche Detailkenntnis hätte eine ausgedehntere Beschäftigung mit der Materie erfordert, als es dem Zeitbudget zuträglich war. So dämmerte der Schnellkochtopf in den Tiefen des Küchen-Unterschranks vor sich hin. Erst in späteren Jahren fand der Topf wieder Verwendung. Er diente vor allem zum Einkochen von Pflaumenmus - weil er der größte war, der zur Verfügung stand, und weil der Edelstahlboden bei dem 24stündigen Vorgang das Ansetzen des Kochgutes verhinderte. So wurde aus Gari-Baldi ein Lango-Barde der Küchenkunst.