Kreischend gibt es den letzten Schliff
Macht stumpfe Messer wieder scharf: Chef'sChoice 120 Plus von Graef
Dieser Bericht hat einige Tropfen Blut gekostet. Und die müssten eigentlich zum Beweis dafür hinreichen, dass die Erprobung der Messerschärfmaschine Chef's Choice 120 Plus von Graef sich in einem lapidaren Satz zusammenfassen lässt: Scharf werden die Messer. Allerdings, denn dreimal haben wir uns im Abstand von wenigen Tagen ordentlich geschnitten, weil wir es nicht glauben wollten.
Aber man hat nun mal seine Vorurteile. Und zu denen gehörte bislang die Überzeugung, dass all die billigen Schärfinstrument, mit denen man selbst Hand anlegen soll, Messerschneiden eher verderben. Die meisten Sachen, die angeboten werden, sind nicht nur umständlich zu handhaben, sie verwandeln eine stumpfe, aber immerhin glatte Schneide obendrein in eine unregelmäßig gezahnte Säge. Der ängstlich prüfenden Fingerkuppe erscheint die mikroskopische Schartigkeit vielleicht als scharf, aber schon die Kante eines Bogens Schreibpapier lässt den kratzigen Stahl stoppen. Die Schneide schneidet nicht mehr, sie reißt das Schneidgut bei ausreichend hohem Druck. Die Klinge ist ruiniert, solange ihr nicht fachgerecht eine neue Schneide angeschliffen wird: glatt ohne alle Ausbrüche und sich im richtigen Winkel verjüngend zu einer Schärfe, die auf jede Rauheit verzichten kann.
Billig ist das von EdgeCraft im amerikanischen Pennsylvania hergestellte Gerät nicht gerade: Für die rund 125 Euro kann man einige Messer beim Fachmann ordentlich schleifen lassen. Dafür muss man mit der elektrisch betriebenen Schärfmaschine nicht warten. Man stellt sie auf den Tisch, Stecker in die Dose, schon kann es losgehen. Dreimal zwei mit Gebrumm zum Rotieren gebrachte Scheiben warten auf den Einsatz. Sie bewegen sich unter fingersicheren Abdeckungen in einer Kulisse von Schlitzen, die links oder rechts das Heranführen der Klingen von oben unter einem genau definierten Winkel erlauben. Scheibe 1 und 2 sind aus Metall und mit Diamantstaub unterschiedlicher Körnung belegt. Scheibe 3 ist eine Polierscheibe, wie es aussieht, mit keramischer Oberfläche.
Theoretisch hat man nun nichts weiter zu tun, als sein Messer parallel zur Tischfläche langsam vom Griff zur Spitze hin durch die Schlitze zu ziehen. Langsam heißt.: Das von infernalischem Kreischen begleitete Durchziehen einer 20-Zentimeter-Klinge soll etwa 4 Sekunden dauern. Diese wie manche andere Angabe der Bedienungsanleitung muss man nicht buchstabengetreu umsetzen. Es kommt einfach darauf an, dass man schön langsam und - das ist das eigentlich Wichtige - ohne abzusetzen oder anzuhalten die Klinge durchzieht. Auch die Angabe, einmaliges Durchziehen genüge, stimmt nicht bei jedem Messer. Richtig ist, dass bei geschwungenen Schneiden während des Ziehens die Neigung des Messers variiert werden muss. Auch das setzt etwas Übung voraus. Bei einem Normal abgestumpften Messer genügt es, mit der Scheibe 2 beginnend zu schärfen. Scheibe 1 nimmt so viel Stahl weg, dass man sie nur in den Fällen benötigt, wo eine Schneide angelegt werden soll, Das geschieht wie bei jedem Schleifvorgang durch Zurückverlegen der Schneide . Je nach ihrer Form kann man die Klinge nicht in ganzer Länge in den Schlitz ein- und damit an der Schleifscheibe entlangführen. Daher ist der Knick zwischen alter und neuer Schneide nach mehrmaligem Gebrauch von Scheibe 1 deutlich zu sehen.
Fleißig sollte man hingegen die Polierscheibe 3 gebrauchen: Sie sorgt dafür, dass die von den gröberen Diamantscheiben dicht bei dicht parallel in den Klingenstahl gefrästen Schnittkerben geglättet werden. Das ergibt so scharfe Messer, dass man mit ihnen Scherenschnitte schnipseln kann. Lässt man die Schnittkerben dagegen deutlich sichtbar stehen oder legt sie mehrstufig an, eignet sich die Klinge eher für das Schneiden von faserigem Material oder Fisch. Wenn man den Bogen raus hat, fängt man an, nach stumpfen Messern regelrecht zu suchen, weil es Spaß macht, wenn sich nach dem kreischenden Durchziehen Span um Span vom Papierrand ringelt.