Als Anwalt mit einiger Erfahrung vor dem Bundesverwaltungsgericht (und vor anderen Bundesgerichten) muss ich zu dem Urteil deutliche Worte finden. Hier war nicht der Unverstand am Werke, sondern das Vorurteil:
Soweit sich das BVerwG um eine Auslegung von § 19 Abs. 1 Nr. 2 c) BJagdG bemüht hat, hat es sämtliche Aspekte mit einseitiger Tendenz gewürdigt:
1. Bezgl. der eigentlichen Norm des § 19 Abs. 1 Nr. 2 c) BJagdG wird die Verwendung des Wortes „kann“ hervorgehoben, die Formulierung „in das Magazin“ (statt „in ein Magazin“) hingegen nicht einmal gesehen.
2. Auch die
Bezugnahme auf die Berner Konvention übersieht, dass dort in Anhang IV eindeutig auf das Magazin abgestellt wird:
“Semi-automatic or automatic weapons with a magazine capable of holding more than two rounds of ammunition”
und nicht:
“Semi-automatic or automatic weapons capable of holding a magazine with more than two rounds of ammunition”.
Dass das BVerwG die verschiedenen Auslegungsmöglichkeiten gar nicht sehen will, spricht Bände.
3. Das Gericht hat sich überhaupt nicht mit der Frage befasst, ob und mit welchem Marktanteil Halbautomaten verfügbar sind, die nur 2 Schuss in „ein“ Magazin aufnehmen könnten. Auch dies wäre erforderlich gewesen, um die vom Gesetzgeber gewollte Reichweite des Verbots festzustellen. Soweit ersichtlich, werden selbst für die jagdlichen Selbstlader (Sauer, Merkel & Co.) Magazine angeboten, die mehr als 2 Schuss fassen. Nach Auffassung des BVerwG sind auch diese Waffen als Jagdwaffen verboten. Damit bleibt die Frage, ob es überhaupt Selbstlader gibt, die nicht unter das Verbot fallen. Wenn nein, dann bedeutet die Norm ein Totalverbot. Für einen Willen zum Totalverbot lässt sich aber weder der Norm noch der Berner Konvention etwas entnehmen.
4. Geradezu abwegig sind die Ausführungen zum Grund der Beschränkung. Das BVerwG unterstellt, der Zweck der Norm diene der Vermeidung von „Dauerbeschuss“, um zu verhindern, „dass ein Tier ... unnötig leidet“. Das BVerwG übersieht, dass ein gezielter nicht-tödlicher Schuss schon aus anderen Gründen verboten ist (Tierschutzgesetz). Zudem ist bei einem (fahrlässig) nicht tödlichen Schuss der schnelle weitere Schuss sogar geboten, um das Leiden des Tieres zu verkürzen.
5. Die Ausführungen zum „Dauerbeschuss“ entsprechen auch nicht dem Zweck der herangezogenen Berner Konvention: Diese verbietet Automaten deshalb, um die Tötung einer Vielzahl von Tieren zu verhindern. Es geht als nicht um den mehrfachen Schuss auf dasselbe Tier, sondern um die Verhinderung der Erlegung einer großen Anzahl von Tieren.
6. Ohne jede Überleitung schließt sich dann folgender Satz an: „In diese Richtung weist auch der waffengesetzliche Grundsatz der Gefahrenvorsorge.“ Das BVerwG übersieht insoweit die Unterschiede zwischen Jagdrecht und Waffenrecht. Waffenrecht soll die Tötung von Lebewesen verhindern, Jagdrecht erlaubt und reguliert die Tötung von Lebewesen. Es ist also unsinnig, im Bereich des Jagdrechtes mit waffenrechtlicher Gefahrenvorsorge zu argumentieren.
Interessanterweise waren die Entscheidungsgründe gestern nur kurz auf der Homepage des BVerwG verfügbar. Es wird ordentlich Ärger gegeben haben... Üblicherweise informieren die Bundesgerichte die obersten Bundesbehörden rechtzeitig vorab vor der Veröffentlichung derartiger Entscheidungen. Das hat man hier wohl "vergessen"