So jetzt habe ich ein wenig Zeit.
Wie gesagt, in der Gemeinde (immerhin 9.000 Seelen) wo ich mein Büro habe, wurde zum Jahreswechsel zeitgleich wie an vielen anderen Orten die Postfiliale geschlossen.
Dies geschah trotz zahlreicher Proteste und vehementem persönlichem Engagement des Bürgermeisters.
Bis zu diesem Zeitpunkt, hatte ich nie Probleme beim Aufgeben und Empfangen meiner Post.
Dann hat in den alten Räumlichkeit eine sogenannte "Postagentur" ihre Tätigkeit aufgenommen und der Ärger begann.
Eine Bedienstete (pardon das heißt ja jetzt... ja wie heißt es denn? ist auch egal).
Also eine Tussi, intelligenzmässig knapp über den Fähigkeiten eines Bonobos, waltet jetzt dort ihres Amtes (mist wieder die alten Begrifflichkeiten), wo früher drei Postbeamte oder Angestellte genug zu tun hatten um das komplette Postaufkommen der Gemeinde zu erledigen.
D.h. Schlange stehen ist dort jetzt mittleweile Usus.
Neben der Post und Postbankangelgenheiten, werden dort jetzt auch Illustrierte, Schreibwaren, Süssigkeiten und noch mehr Krimskrams vertickt.
Aber genug der Nebensächlichkeiten und zu meinen konkreten Erfahrungen sozusagen am eigenen Leib.
Fall 1
Keine 6 Wochen nach Betriebsbereitschaft der Agentur reihte ich mich an einem Morgen mit ca. 10 Paketen in die Warteschlange vor dem Schalter ein. Nach 25 Min. Wartezeit konnte ich der sichtlich mit ihrer Aufgabe überforderten Dame meine Pakete übergeben. Die schaute sich die Pakete kurz an druckte die Rechnung aus und legte die Pakete auf die Seite (meinte noch kurz "frankieren würde sie immer später").
Mit einem unguten Gefühl bezahlte ich und verließ das Lokal.
Drei Tage später lieferte die Paketpost (falsch es heißt ja jetzt DHL) drei meiner Pakete wieder an mich aus.
Was soll ich sagen natürlich nicht frankiert. 2 Pakete gingen verloren und tauchten trotz Nachforschung nie wieder auf. Na ja. Immerhin brachten sie eine Erfolgsqoute von 50 % zusammen. 5 Pakete kamen ja immerhin beim Adressaten an. Nicht schlecht für den Anfang dachte ich.
Fall 2
2 Wochen später. Ich erwartete dringend eine Warensendung. War mir angekündigt.
Also war ich persönlich anwesend.
Ich schaue aus dem Fenster und sehe auf der anderen Strassenseite den DHL Paketwagen. Prima denke ich.
Gleich kriege ich mein Paket.
10 Min. später schaue ich wieder aus dem Fenster. DHL ist wieder weg.
Na. denke ich, dann halt morgen gehe aber gewohnheitsmäßig doch an den Briefkasten und schaue nach.
Potzblitz da liegt ja die orangerote Benachrichtigungskarte.
Ich war nicht anzutreffen, lese ich da, Abholung des Pakets in der Postagentur jedoch nicht mehr heute.
Nanu habe doch keine Klingel gehört denke ich noch.
Am anderen Morgen stehe ich schon 5 Minuten vor Eröffnung der Agentur vor dem Laden, um mir das übliche Schlangestehen zu ersparen. Pech gehabt, es stehen schon 8 andere Kunden vor der Türe, alle auch mit Paketbenachrichtigungsscheinen wie ich.
Was ist denn jetzt nur los denke ich.
Werde aber schnell aufgeklärt.
Die Kundin vor mir explodiert förmlich am Schalter. Ich fürchte schon das Schlimmste für Leib und Leben der Agenturmamsel.
Die Kundin also wörtlich. "Ich stehe zu Hause am Küchenfenster und putze meinen Salat. Da sehe ich, wie der Paketwagen vorfährt, ein Mann mit einer roten Karte herausspringt zu meiner Haustüre rennt, die Karte in den Briefkasten einwirft, zurückrennt in den Wagen und wie vom Affen gebissen wieder losfährt".
Worauf die Agenturmamsel erwiedert.
"Ja, Ja das wisse sie schon. Gestern nachmittag wären auch schon so 10-15 Kunden dagewesen und hätten sich deswegen beschwert.
Der Fahrer hätte halt keine Zeit gehabt. Müsse man verstehen, hat die Karten schon vorher ausgefüllt.
Solle sich nicht so haben. Man könne Pakete ja auch mal selbst abholen".
Mir fehlen heute noch die Worte.
Fall 3
Mein Vater selbst ehemals Postbeamter. Mittlerweile hochbetagt und gesundheitlich stark angeschlagen und demzufolge auch sehr schlecht auf den Füssen.
Wackelt also über 1 km auf Schusters Rappen zu seinem geliebten "Postamt" und will sich wie üblich (so sind halt die alten Leute) seine Pension in der Agentur bar abholen wie er es schon immer gemacht hatte.
Kriegt sie aber nicht mit der Begründung "Kann ich Ihnen nicht geben, fahren sie doch nach Winnenden (Nachbargemeinde 5 km) die haben eine vollere Kasse, ich muss sonst dauernd Geld nachbestellen".
Erst als ich mir die Dame dann zur Brust nehme, geht es auf einmal doch und Geld ist auf einmal auch genügend da.
Und so geht das jetzt schon seit 2 Jahren. Wobei dies nur meine persönlichen Erfahrungen mit dem Service der Postagentur sind. Es gibt zwar noch ein paar mehr, aber die sind bei weitem nicht so krass wie die geschilderten.
Was mir aber so alles zu Ohren kommt, muss es aber dort bei anderen Kunden noch viel toller zugegangen sein und immer noch zugehen.
Und noch so ein Klopper.
Gestern beobachte ich wie sich ein Taliban an einem Briefkasten zu schaffen macht.
Echt. Nicht übertrieben, Pluderhosen, weite Jacke, Turban mit Finstergesicht und Rauschebart wie der seelige Mullah Omar.
Ich befürchte also schon das Schlimmste. Aber weit gefehlt. Kein verhinderter Bombenleger oder militanter Islamist, sondern auf seinem verrosteten Seelenverkäufer von VW Bus prangt das gelbe Schild "Im Auftrag der deutschen Post AG".
Armes Deutschland, denke ich.
Und gehe meines Weges.
Eine sich die alten (Post)Zeiten wieder herbeiwünschende Elster
[ 03. September 2006: Beitrag editiert von: Elster ]