Hallo allerseits,
Erzähle ich mal mein herzklopfendes Jagderlebnis von gestern Abend auf den "Grauen":
Es war mal wieder Zeit für mich als BGS Inhaber auf Reh zugehen, da bis dato dieses Jahr in unserem Revier mit ca. 350 ha (100 Wald, Rest Feld) wurde von meinem Jagdherren erst ein schwacher Jährlings Bock erlegt, das war`s.
Wir hatten zwar öfters schon Anblick, aber es hat nie gepasst. Des weiteren waren ständig verschiedene Böcke auf unseren Wildkameras. Mit unter der besagte "Graue". Lauscher hohe Stangen, leicht Verreckt, 6er Ansatz.
Ich begab mich auf ca. 19.Uhr ins Revier, erst mal noch Mais geholt und an die Kirrung gebracht, weil wir dieses Jahr viel Frucht haben und deswegen die Sauen so gut als möglich im Wald behalten wollen. Da diese auch in den letzten Wochen ständig an unseren Kirrungen aktiv sind. (am Nachschub soll´s nicht fehlen)
Ich Baumte auf ca. 19.45Uhr auf unseren "Heckenhochsitz" auf, der mächtig in einem Heckenrein liegt und durch hinten eine Schneise durchgesägt wurde. Ausblick dann auf eine ca. 7 Hektar große Wiese, die rings um durch Wald begrenzt ist in U-Form.
Als ich saß, hörte ich schon Ringsum, wie die ganzen Landwirte ihre Maat einholten und es war riesig Action um mich herum, da war die Hoffnung nicht all zu groß, heute überhaupt noch Anblick zu bekommen.
Zwischen durch mal das Handy geprüft, alle leben noch...
tauchen plötzlich von rechts 2 Rehe auf die Wiese auf,
(in der großen Wiese wurde alles abgemäht, bis auf einen kleinen Teil, wo der Bauer hat stehen lassen, da es dort immer sehr feucht ist)
Fernglas geschnappt, Schmalreh und der "Graue"! (der "Graue" deswegen, weil ich Ihn schon einmal in der Dämmerung gesehen habe und nur das graue Haupt ersichtlich war, und auf der dort Platzierten WK ebenso)
Gewehr geschnappt und ruhig eingerichtet,
ca. 15 min den zweien zugeschaut, dann den Bock abgepasst, bis er Linksbreit zu mir stand, (er stand jetzt an der Grenze zu dem ungemähten Stück der Wiese und wollte dort eintauchen)
Alles fertig gemacht, Schuss bricht, Bock am Anschussplatz down, klasse !! (ca. 21.20Uhr)
Weiter geschaut mit den Augen und ZF, Schmalreh auch noch da, ca. 5m davon gesprungen, genässt, alles sehr ruhig, geht es noch ca. zu dem Platz wo der Bock liegt, ich habe dann ein bisschen lauter vor mich hingeredet und es zog dann ruhig ab in den Wald.
Jagdherr angerufen, mach schon mal den Kühlschrank an, habe den Grauen. Soweit so gut, dachte ich...
Alles in ruhe zusammen gepackt, Zigarette geraucht und mich dann auf den weg Richtung Bock gemacht.
Nach kurzen gang und suchen, erreiche ich in der hohen Wiese den Bock, stehe ca. 10cm vor IHM, nimmt er sein Haupt hoch und schaut mich an ---> SCHOCKSTARRE!!
Oh Gott dachte ich, was geht den da ab!! Wie gelähmt stehe ich ungefähr (keine Ahnung 5-10sec) vor Ihm.
Macht er hoch, streift mich fasst an der Hose, und rennt weg Richtung Hecke... 20m, bleibt stehen und schaut zurück zu mir, (Augenscheinlich sehe ich auch das etwas Gescheide rechts raushängt)
Oh Gott, Oh Gott, Oh Gott, Innerlich dreh ich durch, Gewehr von der Schulter, Repetiere, Schuss, gefehlt, Bock geht in die Hecke...
Jesus Maria....
Was nun..., hinter her gelaufen, geschaut, höre ich noch wie es in der Hecke kracht und knackt...
Scheixxeeeee, kurz überlegt, Gewehr dabei (Jep), Messer im Rucksack, Rucksack an der Anschussstelle (kein Jep), zurück gerannt das ding geholt, langsam wurde es auch schon dunkler,
Oh Gott Oh Gott...
Stelle Markiert wo er in die Hecke ist,
Gewehr auf den Rücken, Messer in die Hose, Taschenlampe in die Hand, ab in die Hecke...
da sehe ich schon den ersten kleinen Schweiß/Pansen an ein wenig Grasbüschel, das passt, weiter diese Richtung...
Immer wieder die Spur verloren, es wird dunkel, Oh Gott... Werde Ihn doch finden..., brauche etwa noch einen Hund?? wo bekomme ich den her?.... Ohje... egal jetzt, weiter...
Dann wieder ein Tropfen dunkelroten Pansen auf irgendwas grünem, Taschentuch hingelegt zum Markieren...
so ging das ca. 20min,
Quer durch die Hecke getigert in der Hocke, dann wieder paar Tröpfchen Schweiß/Pansen gefunden und dann sehe ich IHN, da liegt er.
Ich vorsichtig auf allen vieren hin gerobbt, geschaut, durch´s ZF geschaut, müsste vorbei sein...
Ganz vorsichtig weiter, liege ich auf dem Bauch ca. 2m vor Ihm, angeleuchtet von der Taschenlampe, sehe ich die Atmung und wie die Lauscher sich noch bewegten..
Das darf nicht war sein... Jesus Maria...
einen Fangschuss anbringen ist unmöglich da wo ich liege, und ich sehe das Haupt nicht richtig ein, da er spitz rücklings zu mir liegt...
Nach kurzen Entschluss, ich muss Abnicken... (Ich habe so etwas noch nie machen müssen und gemacht, und daher mich auch kurz nochmal an die Jagdschule-Zeit zurück erinnert wo man das mal angesprochen hat... Aha, dachte ich, na riesig...
Ich: Gewehr abgelegt, Taschenlampe in den Mund und Messer aus der Tasche und langsam Richtung bock gekrochen...
Geht sein Haupt erneut wieder hoch... Ich kann gar nicht soviel Oh Gott hier schreiben wie ich das gestern Abend vor mich hingesagt habe....
Da musst du jetzt machen für das Geschöpf, kein wenn und aber,
Ich robbe weiter und berühre den Bock mit meiner linken Hand am Rücken, er macht sein Haupt wieder auf und schaut auf mich und ich merke wie schwer er Atmet.
Ich rücke noch ein Stück vor und kniete nun mit meinen knien an seinem Rücken, er bewegt nochmal sein Haupt und schlegelte mit den Läufen, dann nahm ich meine linke Hand an sein Träger, er legte sein Haupt auf den Boden (als ob er mir sagen wollte, bitte erlöse mich) ...Gott was hat´ ich Angst...
Ich nahm langsam mein Messer und Fixierte Ihn am Haupt mit meiner linken Hand, ich vollzog das Abnicken, es war vorbei...,
Ich schaute den Grauen an, dann meine Hände, dann das Messer, ich zitterte am ganzen Körper...
Hört sich jetzt etwas kitschig an, aber ich sagte zu Ihm laut vor mich hin, das es mir Leid tut.
Ich saß bewegungslos vor Ihm, mein Handy klingelte in der Tasche (Jagdherr, wahrs. wo ich den solange bleibe), ich ignorierte es.
Es war inzwischen ca. 22.15uhr, ich war von oben bis unten Nassgeschwitzt und zitterte immer noch am ganzen Leib.
Ich war innerlich leer, ich kann es anders gar nicht beschreiben.
Das erneute Handy klingeln riss mich aus meinem schock,
Ich nahm den Bock und zog Ihn aus der Hecke und legte ihn an einem kleinen Feldweg zwischen Hecke und Wald ab, ging im schnellen spurt wieder zurück um meine Ausrüstung zu holen und mein Auto,
Danach versorgte ich Ihn und brachte den "Grauen" zu meinem Jagdherren.
Die Autofahrt dort hin kam mir wie eine Ewigkeit vor, obwohl es nur 2km sind.
Ich habe dieses Erlebnis fast 1 zu 1 niedergeschrieben, weil es mir einfach sehr nahe ging und ich noch nie in 13JJ solch eine Situation hatte und bitte NIE wieder erleben muss und hoffe Ihr auch nicht.
Mir tat das alles so leid, obwohl ich mir sicher war, das der Schuss gut angebracht worden ist und dann so was...
Beim versorgen zeigte sich der Schuss, er war Waidwund,
Ich kann es mir nicht erklären, ob ich beim Schuss gewackelt haben, ob er bei der Schussabgabe ein stück nach vorne ist, ob ich den Abzug verrissen habe und dann nach rechts gekommen bin mit dem Lauf, ich weiß es nicht...
Vom Anschuss bis an den Platz wo er sich nieder legte, waren es ca.100m
Man zweifelt nun mal an sich, weil ich sonst immer sehr besonnene Schüsse anbringe und keine Experimente mache und bei mir jedes stück liegt. Und das hier habe ich verfasst, um es mir auch ein wenig von der Seele zu schreiben.
Ich bin heute immer noch gedanklich an gestern Abend gebunden.
Bild habe ich leider nicht mehr hin gebracht zu machen von dem Grauen, es ist ein Angesetzter Sechser, nur leicht verreckt und Lauscher hoch und das Haupt hellgrau bis dunkel grau, mein Jagdherr meinte noch aufgrund den starken Rosen, 4-5 Jährig. Aufgebrochen hatte er fast 16kg.
Ich hatte meinen umgebauten Schwedenmauser mit Zeiss, 6,5x55 SE mit Nossler Accubond 140grain dabei.
Anbei noch ein kleines Bild von der Wiese gestern Abend, bevor es los ging, um einen kleinen Eindruck zu bekommen.
Ich hoffe so etwas muss ich nicht nochmal durchmachen (und Ihr natürlich auch nicht).
Allem in allem mein wohl ereigniss reichstes Erlebnis seit ich zur Jagd gehe.
Ein sehr Achtungsvolles Waidmannsheil euch allen.