Kann man sich an alle Aspekte der Jagd gewöhnen?

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Ich habe den Jagdschein erst einige Jahre und meine Strecke ist überschaubar.
Dei Themen, die du beschreibst, werden mit den vorherigen Beiträgen eigentlich hinreichend beantwortet; weil bei mir der Einstieg in die Jagd noch nicht lange her ist, möchte ich vielleicht noch ein paar Randbemerkungen machen.

Jagd ist und vor allem Handwerk. Das muss man lernen, jemand der frisch anfängt, kann vieles nicht so gut, wie "ein alter Hase". Ein Einstieg kann daher auch vor allem in Zusehen bestehen, wann immer es möglich ist.

Vor allem wenn man den "alten Hasen" zusieht, entdeckt man schnell Unterschiede: jeder Jäger ist anders, ich habe bisher sehr gute erlebt, deren Vorgehensweisen ich sofort verstanden habe und mir Dinge abschauen konnte, bis hin zu den Beispielen, die ich hier lieber nicht erzähle.

Bei einem sauber angetragenen Kammerschuss gibt es logischerweise viel Schweiß in der Kammer, aber es ist weniger "eklig", als wenn die Kugel einmal quer durch die Verdauungsorgane gezogen ist. Das (!) ist aber eine Frage des Schusses und vor diesem sollten deine Überlegungen beginnen: nicht schießen, wenn man sich nicht 100% sicher ist; das Ergebnis wird es dir danken. Du willst das Wildbret ja genießen.

Dann mache dir bewusst, dass Ekel eine Funktion hat: er soll dich vor schlimmen Vergiftungen oder Gefahren schützen. Den theoretischen Teil lernst du bei Wildbrethygiene, sachkundige Person etc. und wenn du die Unterschiede genauer bestimmen kannst, weichen die Ekelgefühle auch der Sachkenntnis; ganz bestimmt. Aber auch da: Ekel niemals ignorieren, bewusst machen und im Zweifel das Stück verwerfen. Hatten wir mal bei einem verhitzten Stück, welches ich jedoch zu Übungszwecken noch aufgebrochen und zerwirkt habe.

Deinen Ausführungen entnehme ich, dass du einen gewissen Anspruch an dich selbst hast und das empfinde ich als eine wesentliche Voraussetzung, verantwortungsvoll zu jagen. Du wirst ganz bestimmt in deinem potenziellen Jägerleben Waidgenossen erleben, die deinen Ansprüchen nicht gerecht werden; das muss man sich selbst bewusst machen (vor allem in den ersten Jahren aber nicht deutlich jedem sagen ;) ). Sauberes Aufbrechen und Zerwirken ist eine Sorgfaltsdisziplin und will geübt werden. Und die negativen Beispiele von anderen sind ggf. auch ein Ansporn, es selbst besser zu machen.

Zum Beispiel bei Youtube gibt es nach Anmeldung mit Altersangabe auch Videos, die das deutlich zeigen und die du dir ebenfalls ansehen kannst, um mal zu prüfen, ob es dadurch besser wird.

Ich finde, in diesem Forum eine solche Frage zu stellen, hat Respekt verdient.
 
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Hallo,

ich bin neu in diesem Forum, wohne im Wiener Umland (Niederösterreich) und habe mich angemeldet, um eine bestimmte Frage zu stellen:

Ich interessiere mich für die Jagd, bin mir aber nicht sicher, ob ich wirklich jagen will bzw ob die Jagd wirklich etwas für mich ist.

Ich lebe am Rand einer Kleinstadt, halb im Wald auf einem Hügel. Prinzipiell mag ich den ländlich-rustikalen und konservativen Lebensstil und würde mich als sehr naturverbunden bezeichnen (zB ist mein Garten eine Sammlung recht besonderer Bäume, ich gehe gerne im Wald wandern, etc). An der Jagd gefällt mir das Naturverbundene, das un-Städtische. Außerdem esse ich sehr gerne Wildfleisch.

Früher dachte ich, ich würde es nicht fertigbringen, ein Tier eigenhändig zu töten. Aber da ich dauernd Tiere esse, die nicht nur für mich getötet werden, sondern nur zu dem Zweck geboren werden, um für mich getötet zu werden (was irgendwie pervers ist, aber hier ist nicht der Ort für Kulturkritik), habe ich diese Haltung als widersprüchlich aufgegeben. Mir ist außerdem bekannt, dass es weitere gute Gründe gibt, den Wildbestand durch Jagd zu regulieren.

Was mich im Moment noch davon abhält, den Jagdschein zu machen bzw die Jagd ernsthaft auszuprobieren, ist das Aufbrechen des Tieres an Ort und Stelle. Ich muss zugeben, dass ich mir nicht sicher bin, ob ich mir das zutraue. Das Brechen des Brustbeins, das Wühlen in Blut und Gedärmen, der vielleicht sehr strenge Geruch gefüllter Gedärme, etc. Obwohl ich naturverbunden bin, ekelt es mich vor manchen Sachen, ich fasse zB zuhause nicht einmal gerne in den Biomüll.

Das mag sich für gestandene Jäger lächerlich anhören. Aber meine ernstgemeinte Frage ist, ob man sich daran gewöhnt, also an das Aufbrechen und Ausräumen, an das Blut und den Geruch. Anders gefragt: Ist es jemand anderem auch so gegangen, dass er sich trotz gewisser Hemmungen dazu entschieden hat, den Jagdschein zu machen?

Vielen Dank für ernstgemeinte Antworten.

Wenn Du irgendwie die Möglichkeit hast, probiere das mal mit einem Jäger gemeinsam zu machen. Ich war erstaunt, wie sauber das Aufbrechen in aller Regel ist, sofern Magen, Darm & Co nicht verletzt sind. Das Blut (Schweiß) riecht auch nicht wirklich so streng und lässt sich abwaschen.

…und nein, freiwillig würde ich auch nicht im Bio-Müll herumwühlen wollen….pfui…
 

JIP

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Ich hatte auch zunächst Zweifel und habe sogar den Jagdkurs nach ein paar Schnuppertagen wegen Zweifeln am Töten um ein paar Jahre nach hinten geschoben (ich Tr... o... Tt.. el 🙈.)

Ich würde den Kurs und die Prüfung auf jeden Fall machen und es einfach als tolle Gelegenheit sehen, etwas über die Jagd, Natur und zugehörige Themen zu lernen. Neue Leute lernt man auch kennen.
Und wenn du die Karte dann hast, zeigt sich ziemlich schnell, ob du auch den Beutetrieb hast. Falls ja, ist alles andere vergessen und das Aufbrechen kommt von ganz alleine - schon aus Interesse und Respekt gegenüber der Kreatur.
Falls du keinen ausgeprägten Beutetrieb hast, hast du trotzem viel gelernt und legal eine Knarre zuhause (was in Österreich ja glaub auch ohne Karte gehen würde) und zumindest die Möglichkeit, dir einmal im Jahr dein Reh zum Eigenbedarf zu schießen.

Vielleicht kannst du ja auch mal einen Jäger begleiten und schauen, ob du mitfieberst, also Beute machen willst.

Wie hat ein alter Jäger mal gesagt: "Aus denen, die es haben, bekommst du es nicht raus, und in die, die es nicht haben, bekommst du es nicht hinein." Ich finde, da ist ziemlich viel Wahres dran.
 
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@ waidwilli Genau.
Die Vorstellungen eines Laien haben wenig bis nichts mit der Realität zu tun.
Such dir jemanden der dich mitnimmt und dir zeigt was man wie macht.
Am letzten Freitag standen auch ein paar Jagdscheinanwärter um mich herum, die aufbrechen noch nie wirklich gesehen haben, die kannten nur Videos.
Letztlich Gewöhnungssache. Es gehört zur Jagd wie die Luftdruckkontrolle zum Autofahren.

Richtig lustig wirds erst beim abbalgen, wenn der Fuchs schon leicht grün ist.... :ROFLMAO:
 
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Man kann sich durchaus langsam herantasten, meine ich. Ich bin JJ in Ausbildung und bin durchaus auch etwas komisch. Speziell habe/hatte ich ne Phobie vor toten Tieren und Menschen im Rahmen einer PTBS. Das beisst sich dann auch ein klein wenig mit Jagd. Aber da ich das wirklich will, wollte ich mich auch dem stellen. Bisher läufts ganz gut. Ich versuche alles soweit es geht zu versachlichen, das hilft enorm. Und mit der Hundeausbildung kamen die toten Tiere die man feiern MUSS wenn der Hund bringt recht automatisch. Aufgebrochen habe ich noch nicht: aber schon zugeschaut und dann beim zweiten mitgeholfen, paar Schnitte gemacht, gegengehalten. Ich bin sicher, das wird klappen so. Jeder hat seine Schwächen.
 
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Vielen Dank für eure vielen nützlichen Antworten!
Ich werde mal sehen, ob ich jemandem beim Aufbrechen zusehen kann.

Eine andere Frage noch: Sehe ich es richtig, dass den Rest nach dem Aufbrechen nicht (unbedingt) der Jäger selbst macht, also das Häuten und Zerteilen? Soweit ich weiß, muss man das Tier bezüglich Krankheiten anschauen lassen und kann es dann auch gegen Entgelt zerlegen lassen.
 

Fex

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Ich finde, in diesem Forum eine solche Frage zu stellen, hat Respekt verdient.
Das sicherlich, aber wir haben ja nicht ohne Grund den "Jungjäger fragen..." Bereich eingerichtet, in dem Antworten erst nach Prüfung freigeschaltet werden. Damit sollen dumme Antworten vermieden werden, die den JJ die Lust auf Fragen nehmen könnten...
 

Fex

Moderator
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Eine andere Frage noch: Sehe ich es richtig, dass den Rest nach dem Aufbrechen nicht (unbedingt) der Jäger selbst macht, also das Häuten und Zerteilen? Soweit ich weiß, muss man das Tier bezüglich Krankheiten anschauen lassen und kann es dann auch gegen Entgelt zerlegen lassen.
Das Abschwarten/Abbalgen/Aus der Decke schlagen macht normalerweise der, der auch das Stück zerwirkt, d.h. in die einzelnen Wildbretstücke zerteilt. Das kann der Jäger sein, das kann man aber auch an einen Metzger oder anderweitig Sachkundigen delegieren.

Als ausgebildeter Jäger bist du in der Lage, offensichtliche bedenkliche Merkmale zu erkennen und zu beurteilen und das Stück als unbedenklich einzuordnen oder eben nicht. Im letzeren Falle kannst du das Stück entweder entsorgen oder einem Amtsveterinär zur Fleischbeschau überstellen. Dieser klärt dann die Genusstauglichkeit ab.
 

JIP

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Ich werde mal sehen, ob ich jemandem beim Aufbrechen zusehen kann.

Eine andere Frage noch: Sehe ich es richtig, dass den Rest nach dem Aufbrechen nicht (unbedingt) der Jäger selbst macht, also das Häuten und Zerteilen? Soweit ich weiß, muss man das Tier bezüglich Krankheiten anschauen lassen und kann es dann auch gegen Entgelt zerlegen lassen.
Das Zerwirken und küchenfertig Machen kommt genauso wie das Aufbrechen von ganz alleine und wird ganz normal. Lass es dir am Anfang ein- zweimal zeigen und schau ein bisschen auf Youtube. Das gehört dann einfach dazu zur Jagd.
Um deine Frage zu beantworten, nein, es gibt auch Jäger/Jagdmöglichkeiten, wo die Jäger noch nie was zerwirkt haben. Da hängst du als Jäger das aufgebrochene Stück in die Wildkammer und den Rest macht ein Metzger bzw. Jagdkollege. Beim Staat ist das zB oft gängige Praxis. Mir persönlich würde da aber was fehlen, wenn ich das Zerwirken nicht zumindest ein paar Mal gemacht hätte. Dann kannst du auch ein Stück selbst verwerten, wenn du es für dich selbst haben möchtest und bist nicht auf einen Metzger/Jagdkollegen angewiesen.
 
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An Gerüche aus eröffneten Körpern bin ich durch traditionelle Hausschlachtung von Kind an gewöhnt.
Genau wie an sauberes Versorgen des Wildes. Mein erster Lehrmeister, mein Opa hat auf Wildbrethygiene peinlich geachtet. Immerhin ist das ein wertvolles Lebensmittel. Da ich es von Kind an konnte, habe ich mich später ganz oft gewundert, was man so an Verhunzungen in der Wildkammer sah. Da gabs ja einen Ausbilder bei der Kreisjägerschaft, der konnte am hängenden Wild nicht den Schlossknochen auslösen. Sollte aber im Wild- zerlegen andere unterweisen.
Ekel ruft das alles nicht hervor. Nur Interesse.
 
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Soweit ich weiß, muss man das Tier bezüglich Krankheiten anschauen lassen und kann es dann auch gegen Entgelt zerlegen lassen.
Um dich ein wenig "anzufixen": das Ansprechen des noch nicht beschossenen Stückes beinhaltet schon die ersten Anhaltspunkte und Beschau auf Krankheiten.... ;)
 
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Hallo Sony,

Falls Du passenden Kontakt zu Leuten hast, kannst Du evtl. auch "andersrum" anfangen und erstmal beim Zerwirken eines bereits aufgebrochenen und abgehangenem Stückes Wild helfen. Dann hast Du schonmal eine Idee, wie es sich anfühlt, mit Messer und Säge durch Muskeln, Sehen und Knochen zu gehen.

Das erste Mal einen noch warmen Körper zu öffnen, den man Momente vorher noch hat herumspringen sehen, ist im ersten Moment eine Überwindung, aber das soll es für mich auch sein. Denn wir haben als verantwortungsvolle Waidmänner ein Geschöpf vom Leben zum Tode befördert. Seit ich das mache, habe ich deutlich mehr Respekt vor dem Lebensmittel Fleisch, dem Umstand, dass Tiere ihr Leben für mich lassen und denen, die beruflich mit dem Thema Fleischverarbeitung zu tun haben. Und wenn uns der Schuss mißlingt (und das ist sicher JEDEM Foristen schon passiert), versuchen wir trotzdem, das Beste aus der Situation zu machen.

Wohl keiner von uns geht zur Jagd, mit dem Hauptziel, aufbrechen zu dürfen. Wir wollen Beute machen, dies neben all den anderen Elementen, die die Jagd so einmalig machen. Es ist aber ein ebenso untrennbarer Bestandteil der Jagd, wie das Aufspüren, das Ansprechen und der Schuss. Deshalb denke ich nicht darüber nach, dass ich es tun muss.

Du wirst wissen, wenn Du soweit bist, mach Dir keine zu großen Gedanken.
 
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Finde es wie mehrfach hier schon erwähnt sehr gut, wieviele Gedanken du dir vorab gemacht hast und wie reflektiert du an diese Thematik heran trittst.
Ich bin von frühester Kindheit mit der Jagd aufgewachsen und musste diese Hürde nie nehmen, für mich war sie nie existent.
Als Ratschlag würde ich dir deshalb mitgeben, dass dieser Ekel nur in deinem Kopf existiert. Ekel ist eine Empfindung und dient der Vorbeugung von Krankeiten und ggf. Verletzungen. Blut und Innereien sind jedoch keine infektiösen Herde, vor denen du dich in Acht nehmen musst. Natürlich ist eine gewisse Scheu beim ersten Kontakt wahrscheinlich bei jedem von uns vorhanden, dies legt sich jedoch meist sehr schnell.
Das ist eine sehr sachliche Sichtweise, welche die Empfindung aussen vor lässt, aber vielleicht hilft es dir.
 
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9 Okt 2023
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Hallo 👋,

im ersten Revier wo ich mitjagen durfte, war der bestätigte Jagdaufseher Inhaber eines Feinkostgeschäftes, Spezialität Wild.
Bei Erlegen eines Stückes war die Jagd sofort beendet, und das Stück musste umgehend die Kühlkammer (<6km) gebracht werden.
Den Rest der Wildbret-Versorgung hat sich der Jagdaufseher vorbehalten.

Nach Umzug im nächsten Revier hat der Pächter alles selbst verarbeitet, Wurst, Schinken und Konserven hergestellt.
Dort durften niemand ausser ihm das Wild aufbrechen.

Es gibt also durchaus auch Möglichkeiten, die Jagd in allen Facetten auszuüben, ohne aufbrechen zu "müssen".
Du kannst Dich ja gezielt nach etwas in der Art umschauen.
Deswegen den Schein gar nicht erst zu machen, muss nicht sein!.
Wenn Du Dich dafür interessierst-mach!
 
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31 Aug 2009
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Als Treiber bei Niederwild und Drückjagden mitgehen, Jäger beim Ansitz begleiten, Aufbrechen von Schalenwild, Abziehen und Rupfen von Niederwild und Ausnehmen von Niederwild zeigen lassen! Dann weiß man sehr schnell, ob man das Zeug zum Jäger hat. Viele Jagdinteressierte haben anfangs Angst und Respekt davor, die meisten kommen aber aus Passion damit klar.
 

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