Guten Morgen,
auf der bösen Jagdschule fühlte ich mich gut vorbereitet für die Jagd, wie sie wirklich ist.
Natürlich wurde auf die Prüfung vorbereitet aber m.E. wurden die wichtigen Themen explizit hervorgehoben und
bei den 100 Enteneiern wurde gesagt: so, habt ihr mal gesehen...
1. Muss man tatsächlich jeden Baum und Strauch kennen, wenn man jagen will (ich will ja kein Förster werden)
- Ja natürlich. Man unterhält sich doch mit einem Förster gleich ganz anders, wenn man auch etwas mitreden kann und weiß, was der meint und was er von einem will.
Umgekehrt hört er auch besser zu, wenn man eine Buche von einer Eiche unterscheiden kann.
Der Waldspaziergang mit meinen sechs- und achtjährigen Neffen ist eine Freude, wenn man deren Fragen beantworten kann.
2. Muss man, in Zeiten des mobilen Internets, auswendig die Brunftzeit der Haselmaus kennen?
-Die Brunft- sowie Setzzeiten etc. geben doch auch Aufschluss über die Äsung, das Habitat, Nesthocker, Nestflüchter, etc.
Ansonsten: DAS ist Prüfung. Leistung ist Arbeit pro Zeit und man muss etwas leisten, was andere nicht können.
Das ist in jeder Prüfung so. Auch ein Ingenieur schaufelt sich in seinem Studium voll mit Wissen, welches er
nie wieder braucht. Aber er hat bewiesen, dass er sich das draufschaffen kann und grenzt sich so von anderen ab.
3. Ist dieser ganze "Brauchtumquatsch" (das gibt böses Blut, ist aber bewusst so gewählt) noch Zeitgemäß?
-Ja, ja und nochmals ja.
Wieso verleugnen wir eigentlich immer unsere Kultur? In anderen Ländern ist es ganz selbstverständlich,
Brauchtum und Kultur und alte Riten zu pflegen.
Sicher nutzt man statt des Anschussbruchs besser mal Trassierband aber ich gebe auch den letzten Bissen um nochmal zur Ruhe zu kommen und kurz in mich zu gehen.
Ich überreiche meinem Mitjäger mit Freude den Schützenbruch um meine Achtung für ihn auszudrücken und um ihm zu gratulieren.
Und mein Hund bekommt nach der Nachsuche den Teil des Bruchs weil ich stolz bin auf ihn und ja: um anderen zu zeigen, dass sie die Beste ist.
Zumindest an dem Abend mal :biggrin:.
4. Sollte nicht viel mehr Wert auf die Schießausbildung gelegt werden?
-Machen wir uns doch nichts vor: Schießen lernt man durch Übung. Autofahren erlernt man durch Praxis.
Die Schießausbildung reichte bei mir um die Prüfung sicher zu bestehen.
Die Waffensicherheit wurde natürlich großgeschrieben. Muss man jeden Drilling kennen?
Ich war neulich bei einem ehemaligen Foristi zur Jagd und hatte Probleme mit meiner eigenen Waffe.
Nach kurzer Einweisung waren die Funktionen des von ihm geliehenen Drilling wieder präsent und ich konnte
die Waffe sicher handhaben.
Wichtig ist beim Schießen die Selbsteinschätzung. Deshalb habe ich z.B. einen Flintentrainer und
gehe auch mit ein paar Jungs aus dem Forum auf den Stand.
5. Sollte das versorgen des Stückes in allen Bereichen nicht deutlich mehr gelehrt werden?
-Auch da fühle ich mich gut ausgebildet.
Das Aufbrechen wurde am Stück erklärt und wir mussten mithelfen.
Und trotzdem habe ich meine erlegten Stücke am Anfang zu einem erfahrenen Jäger verbracht und gebeten,
einfach nochmal draufzuschauen. Ist doch gar kein Problem und so schmeckt das anschließende Bier doch auch viel besser.
Da haben die "alten" Knaben hier viel mehr Probleme als ich, was die Wildversorgung und Wildbrethygiene angeht.
Die Ausbildung ist da doch moderner geworden.
Wie oben schon gesagt: es ist eine Prüfung. Jede Prüfung verlangt wissen ab, dass man oft nie wieder braucht.
Dafür ist es schnell wieder da, wenn es doch einmal benötigt wird.
In diesem Sinne hoffe ich, meinem Jagdfreund heute Abend einen Erlegerbruch zu überreichen und
(Achtung: hier handel ich entgegen der lokalen Tradition) auch bei Kitzen und weiblichem Rehwild den letzten Bissen
zu geben und das Jagdhorn zu blasen.
Waidmannsheil.
Andreas