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http://www.zeit.de/2012/44/Wald-Foerster-Peter-Wohlleben/seite-2
Die Hirsche müssen weichen, wenn die Buchen zurückkommen
Einen Kilometer nördlich, am Römerweg, will Wohlleben eine Fichtenplantage in einen Buchenwald umwandeln. Vor rund zehn Jahren hat er hier die ersten Buchen gesetzt. Eine Pflanze nach der anderen nimmt er in die Hand. »Bei dieser ist der Haupttrieb abgebissen, hier schon wieder, da auch. Aus diesen Pflanzen werden nur noch verkrüppelte Bäume.« Schuld sind die Hirsche. Im Frühjahr fressen sie nichts lieber als Buchentriebe. Die weniger nahrhaften Fichten rühren sie kaum an. Wenn Wohlleben den Buchenwald zurückbringen will, müssen die Hirsche weichen.
Zu Zeiten der Germanen hielten Wölfe und Luchse die Wildzahlen niedrig. Heute sollen es Jäger tun. »Aber die interessieren sich weniger für den Wald als für ihre Trophäen«, sagt Wohlleben. »Damit sie genug Tiere mit großen Geweihen vor die Büchse bekommen, halten sie die Tierzahl künstlich hoch.«
Die Jagd in Wohllebens Revier haben drei Unternehmer gepachtet, Auswärtige. Wohlleben würde die Pacht am liebsten abschaffen. In einem Teil seines Waldes ist ihm das vor zehn Jahren gelungen. Dort darf jeder Bürger von Hümmel, der einen Jagdschein besitzt, kostenlos schießen. Wo die Bürger jagen, sind die Wildbestände niedriger, wachsen die Buchen besser. Im nächsten März wird einer der drei Pachtverträge nicht verlängert.
Wohlleben hat gegen den Landesforst gekämpft und gewonnen. Er kämpft gegen die Jäger und wird wohl gewinnen. Aber die Kämpfe haben ihn geschwächt. Er hat jetzt einen neuen Gegner: seinen eigenen Körper. Vor drei Jahren bekam er Herzrhythmusstörungen, Panikattacken, Burn-out. Früher hat er 60 Stunden in der Woche gearbeitet und Urlaub verfallen lassen. Jetzt arbeitet er 40 Stunden und nimmt seinen Urlaub. Dann fährt er nach Lappland, in den Norden Schwedens, wo es kalt und nass ist, wo die Nadelbäume zu Hause sind, und wandert durch den Fichtenurwald.