Wieviele Gespräche in verrauchten Jagdhütten habe ich erlebt mit unsäglichen Schwanzlängenvergleichen. OK - dann habe ich auf diese Traditionen schon lange keine Lust mehr. Und selektiv habe ich auch so gut wie keine Freunde und Bekannte mehr, die nach diesen Traditionen wirken. Finde ich gut. Die Reviere mit denen ich zu tun habe - sind ausschließlich an der Sache interessiert. Hege des Verantwortungsbereiches. 24Stunden am Tag. Mit Lust und Liebe zum Wild / Flora&Fauna. Und da ist keiner bei - der sich an so einem Hut Auf& Hut Ab Zirkus beteiligen würde. Und das sind sehr viele alte Jäger , Sehr viele Berufsjäger und eben auch jüngere.
Man sieht doch was passiert, wenn niemand sich mehr in der warmen Jagdhütte verquatscht, trinkt, singt und Jägerlatein erzählt, sondern alle nur noch "24/7" nüchtern und rational totschie... äh, Wildtiermanagement betreiben. Es wird vielerorts einfach nur noch alles totgeschossen, was sich bewegt. Vom Auto aus und zu jeder Tages- und Nachtzeit. Die Jagd verliert alles zünftige, edle. Wer die Welt nur von Nützlichkeit und Zweck her denkt, der übernimmt auch Begriffe wie "Wirtschaftsstandort" für seine Heimat, "Humankapital" bzw "Human Resources" für Menschen in einem Arbeitsverhältnis, lässt sich von der Politik "Verbraucher" nennen, usw.
Der Mensch verarmt, wenn wir alles ausschließlich auf die Sache reduzieren. Das ganze schmückende Beiwerk, meinetwegen Brimborium, um unsere Tätigkeit herum, gibt erst den Ausdruck davon, wer wir sind. Es stiftet Sinn, Haltung, Schönheit. Da findet schon gerade ein enormer kultureller Verfall statt. Man schaue nur mal in der Stadt, wie sich mittlerweile ein Großteil der Menschen kleidet - ohne jeden Gedanken daran, welche Haltung man durch seine Kleidung nach außen trägt. Und wir bauen graue Betonklötze, um darin zu wohnen und zu arbeiten. Das sagt genauso etwas über uns und unser Innenleben (kein Wunder, dass die Zahl der psychische Erkrankungen seit Jahren explodiert) aus, wie die alten Stuckfassaden, Malereien und Kathedralen über unsere Vorfahren. Die Plastikknarre (wenn sie nicht nur Schlechtwetterwerkzeug ist) sagt etwas über die Jäger, die damit jagen - so wie der reich gravierte Drilling über die Altvorderen. Wie überall bellen getroffene Hunde stets sehr laut, weshalb es natürlich immer einen großen, empörten Aufschrei der "modernen" Fraktion gibt. Dann wird angeführt, dass die Plastikknarre genau so gut schießt, oder das Wildbret auch ohne Bruch genauso gut schmeckt; das ist in diesem Zusammenhang aber kein Argument.