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- 16 Mai 2005
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Im Jahre des Herrn 1989 war alles ein bisschen speziell, was man u. A. hier nachlesen kann: https://de.wikipedia.org/wiki/Wehrdienst
Genau in diesem Jahr habe ich Abitur gemacht. Im Anschluss wollte ich dann Medizin studieren. Dazu hatte ich im Frühjahr den obligatorischen Medizinertest absolviert, die Ergebnisse lagen allerdings noch nicht vor. Es gab aber auch keine Eile, denn es war ja klar, dass ein Jahr dem Vaterland gehörte.
Ich habe mich immer sehr für Geschichte interessiert, dieses Fach auch nicht von ungefähr als Leistungskurs gewählt und für mich als damals Neunzehnjährigen war es ein tief empfundener Wunsch, den von anderen gewährten Schutz vor äußerer Bedrohung, in dem ich selbst aufwachsen durfte, dadurch zu vergelten, dass ich meinen jüngeren und älteren Landsleuten nun meinerseits für eine gesetzlich definierte Zeit pflichtgemäß als Beschützer zur Verfügung stehe. Ich sah es als eine Art Staffellauf und stellte es überhaupt nicht infrage, nun eben dran zu sein mit der Übernahme des Staffelholzes.
Am 5. Juni (siehe oben) rückte ich in der 2./PzBtl 14 in der Gallwitz-Kaserne in Hildesheim zur grünen Grundi ein. Wir waren eine zu einem großen Teil aus Abiturienten bestehende Grundausbildungskompanie, aber wir hatten auch einige Handwerker dabei. Die Durchmischung tat mir, aus meiner Schulblase kommend, gut und ich freundete mich besonders mit einem Friseur und einem Maurer an, die mit auf meiner Stube lagen. Die physischen Herausforderungen der grünen Grundi empfand ich als durchaus herausfordernd, wenngleich ich mich sicherlich zwei oder drei Jahre durch ausgiebiges Ausdauertrainig darauf vorbereitet hatte. So fit, wie seinerzeit auf dem Hildesheimer StOÜbPl "Osterberg" war ich weder vorher, noch nachher jemals wieder. Wir machten noch praktisch täglich GAT (gemeinsames Ausdauertrainig), führten noch die Dichtigkeitsprüfung der Gas-...ähhhh...natürlich Atemschutzmaske mit CS-Gas durch und erlebten das Vergnügen von Formaldienst unter Vollschutz.
Wofür ich damals überhaupt kein eigenes Gespür hatte, war das Ausmaß meiner eigenen Manipulierbarkeit und Obrigkeitshörigkeit.
Die Grundi mag vielleicht zwei oder drei Wochen im Gange gewesen sein, da kam das Ergebnis meines Medizinertests. Wahrscheinlich hätte mein NC auch gereicht, aber das war nun irrelevant, denn ich bekam eine Studienplatzsofortzuteilung aufgrund der Testbestenquote und hatte schwarz auf weiss in Händen, dass ich zum Oktober einen Studienplatz in meiner Wunschuni hatte.
Damit bin ich dann zum Kp-Chef, einem Hauptmann, dessen Namen so lautete wie die kleinste Stückelung der seinerzeitigen Währung, und trug ihm vor, was mir die Post gebracht hatte. Statt mich zu beglückwünschen und meine einstweilige Beurlaubung vom Wehrdienst bis Studienende (mit nachfolgender Ableistung des Restes als SanOffz, was, wie ich später herausfand, üblich war) einzuleiten bölkte er mich daraufhin an, dass er für solchen Unsinn keine Zeit habe und ich Panzerschütze der Bundeswehr in Grundausbildung sei und mit Sicherheit im Herbst nirgendwo das Studieren anfinge.....!
Das war in der Rückschau einer meiner schwächsten Momente im Leben und ich bereue noch heute, 35 Jahre danach, dass ich das damals sang- und klanglos mit mir habe machen lassen, kleinlaut abgezogen bin und tatsächlich meine ganze W-15er-Zeit als Mannschaftler abgedient habe. Es gab damals (für mich zumindest) keine so leichte Zugänglichkeit sehr spezifischer Informationen wie heute im Internetzeitalter, in meiner Familie war keinerlei Wissen um den Umgang mit der Bundeswehr vorhanden und ich glaubte meinem Vorgesetzten in diesem Moment einfach, dass da nix, aberauchgarnix zu machen und ich falsch informiert sei! ER WAR JA VOM FACH!!!
Noch heute möchte ich ihn gerne noch einmal wieder treffen und ihm sagen, dass ich ihn aufgrund dieses Verhaltens seit 35 Jahren und bis heute für einen schlechten Vorgesetzten, einen schlechten Offizier und insgesamt einen schlechten Menschen halte.
Mein Studium - zumindest wurde einem der Studienplatz bei Ablehnung aufgrund laufenden Wahrdienstes "konserviert" - habe ich dann erst zum WS 1990 begonnen und im Anschluss noch das dürre Tal der AiP-Knechtschaft mit einem umgerechneten Lohn von damaligen 3,50 DM/h durchwandern dürfen, welches ich ansonsten als wehrpflichtiger Stabsarzt durchaus kommoder hätte verbringen können.
Aber was soll's? Die verbotenste aller verbotenen Früchte rückblickender Betrachtungen ist immer die Frage noch dem "...was wäre, wenn...?"! Außerdem habe ich meine Frau (als Kollegin) in genau dem Leben kennengelernt, welches ich dann real gelebt habe, und das versöhnt mich mit dem ganzen Rest.
In meiner W-15-er Zeit sollte ich dann zunächst Leo 1A5-MKF werden, was ich schon aufgrund des Kettenpolsterkloppens für höchstgradig unersprießlich und mit meiner Abneigung auch nicht hinter dem Berg hielt. Das interessierte den Kp-Chef allerdings wenig und ich fand mich alsbald nach Augustdorf zur Fahrschule abkommandiert vor. Dort gelang es mir aber, keineswegs durch Widersetzlichkeit, sondern ausschließlich durch schier stokeliges Verhalten (die Norddeutschen wissen, was das ist) bereits nach nicht einmal zwei Tagen vom Lehrgang abgelöst und gegen einen anderen Kameraden aus unserer Kompanie ausgetauscht zu werden.
Wieder "daheim" stellte sich dann die Frage, was ich denn nun stattdessen tun sollte und ich wurde zu meinem Missfallen mit einer Einplanung als Richt-/Ladeschütze Leo 1A5 beglückt, derweil mein Friseurfreund aus der Grundi ins Geschäftszimmer und Fahrer des Kp-Chefs werden sollte, was er (der Friseur) aber seinerseits überhaupt nicht wollte.
Er wollte also auf den Bock und ich wollte runter von diesem....wir haben uns dann abgesprochen und seitdem weiss ich mit Sicherheit, dass man Menschen, von denen man efektive Mitarbeit erwartet, niemals gegen deren Willen einsetzen sollte. Wiederum widersetzten wir uns keine Sekunde, verhielten uns aber beide auf unseren ungeliebten Posten derartig stokelig, dass unserem freundlich geäußerten Wunsch und Vorschlag nach Dienstpostentausch tatsächlich innerhalb kürzester Zeit entsprochen wurde. Und von da an hatte der Kp-Chef einen Fahrer, mit dem ihn ein beiderseitiges Verhältnis tief empfundener Abneigung verband.
Wir waren dann mehrfach zusammen in Bergen-Hohne, auf freilaufender Übung und auch in CFB Shilo/Manitoba. Irgendwie hatte es immer was von M*A*S*H, immer Kabbelei usw., aber in irgendeiner Weise ernsthaft "gebissen" hat mich der Vogel nie!
Unser Einberufungstermin war als W18er gekommen, nach zwei Monaten auf W15er zurückgestuft worden und bereits diejenigen, die ein einziges Quartal nach uns gekommen waren, wurden mit uns als W12er entlassen.
"Die Erinnerung malt mit dem goldenen Pinsel", das ist wahr. Und vieles von dem, was man von damals erinnert, erinnert man einfach deswegen als "toll!", weil man eben jung und kerngesund war, das Leben sich wie ein frei befahrbarer Ozean von Möglichkeiten vor einem ausbreitete und die Fülle der Möglichkeiten unüberschaubar war! Aber vieles, was einen aus der geohnten Komfortzone führte, war auch wirklich schön, erinnernswert und lebenslang prägend.
Das Beste?
Die Kameradschaft! Das Gefühl, einem eingeschworenen Haufen junger Männer anzugehören, die sich vielleicht individuell gar nicht alle supergut leiden können, die sich aber als Einheit betrachten, an einem Strang ziehen und füreinander einstehen, das ist großartig!
Gute Vorgesetzte! Habe ich auch kennelernen dürfen und versucht, mir von ihnen abzuschauen, was dieses "gut" denn im Kern ausmacht. Denn schiere Nachsicht, und erst recht Nachlässigkeit, ist es mit Sicherheit nicht.
Das Gefühl der Sinnhaftigkeit! Gerade sein Fehlen wird häufig mit dem Wehrdienst assoziiert. Ich habe immer versucht, es zu finden, zu entdecken und für micht zur Motivation zu nutzen. Manchmal tief unter vergilbten ZdVen vergraben, habe ich es am Grund des Auftrages bislang noch immer finden und für mich und ihn nutzen können.
Oh, das ist lang geworden.
Was militärisch danach gekommen ist, schreibe ich ein andermal.
Cheerio,
M.
Genau in diesem Jahr habe ich Abitur gemacht. Im Anschluss wollte ich dann Medizin studieren. Dazu hatte ich im Frühjahr den obligatorischen Medizinertest absolviert, die Ergebnisse lagen allerdings noch nicht vor. Es gab aber auch keine Eile, denn es war ja klar, dass ein Jahr dem Vaterland gehörte.
Ich habe mich immer sehr für Geschichte interessiert, dieses Fach auch nicht von ungefähr als Leistungskurs gewählt und für mich als damals Neunzehnjährigen war es ein tief empfundener Wunsch, den von anderen gewährten Schutz vor äußerer Bedrohung, in dem ich selbst aufwachsen durfte, dadurch zu vergelten, dass ich meinen jüngeren und älteren Landsleuten nun meinerseits für eine gesetzlich definierte Zeit pflichtgemäß als Beschützer zur Verfügung stehe. Ich sah es als eine Art Staffellauf und stellte es überhaupt nicht infrage, nun eben dran zu sein mit der Übernahme des Staffelholzes.
Am 5. Juni (siehe oben) rückte ich in der 2./PzBtl 14 in der Gallwitz-Kaserne in Hildesheim zur grünen Grundi ein. Wir waren eine zu einem großen Teil aus Abiturienten bestehende Grundausbildungskompanie, aber wir hatten auch einige Handwerker dabei. Die Durchmischung tat mir, aus meiner Schulblase kommend, gut und ich freundete mich besonders mit einem Friseur und einem Maurer an, die mit auf meiner Stube lagen. Die physischen Herausforderungen der grünen Grundi empfand ich als durchaus herausfordernd, wenngleich ich mich sicherlich zwei oder drei Jahre durch ausgiebiges Ausdauertrainig darauf vorbereitet hatte. So fit, wie seinerzeit auf dem Hildesheimer StOÜbPl "Osterberg" war ich weder vorher, noch nachher jemals wieder. Wir machten noch praktisch täglich GAT (gemeinsames Ausdauertrainig), führten noch die Dichtigkeitsprüfung der Gas-...ähhhh...natürlich Atemschutzmaske mit CS-Gas durch und erlebten das Vergnügen von Formaldienst unter Vollschutz.
Wofür ich damals überhaupt kein eigenes Gespür hatte, war das Ausmaß meiner eigenen Manipulierbarkeit und Obrigkeitshörigkeit.
Die Grundi mag vielleicht zwei oder drei Wochen im Gange gewesen sein, da kam das Ergebnis meines Medizinertests. Wahrscheinlich hätte mein NC auch gereicht, aber das war nun irrelevant, denn ich bekam eine Studienplatzsofortzuteilung aufgrund der Testbestenquote und hatte schwarz auf weiss in Händen, dass ich zum Oktober einen Studienplatz in meiner Wunschuni hatte.
Damit bin ich dann zum Kp-Chef, einem Hauptmann, dessen Namen so lautete wie die kleinste Stückelung der seinerzeitigen Währung, und trug ihm vor, was mir die Post gebracht hatte. Statt mich zu beglückwünschen und meine einstweilige Beurlaubung vom Wehrdienst bis Studienende (mit nachfolgender Ableistung des Restes als SanOffz, was, wie ich später herausfand, üblich war) einzuleiten bölkte er mich daraufhin an, dass er für solchen Unsinn keine Zeit habe und ich Panzerschütze der Bundeswehr in Grundausbildung sei und mit Sicherheit im Herbst nirgendwo das Studieren anfinge.....!
Das war in der Rückschau einer meiner schwächsten Momente im Leben und ich bereue noch heute, 35 Jahre danach, dass ich das damals sang- und klanglos mit mir habe machen lassen, kleinlaut abgezogen bin und tatsächlich meine ganze W-15er-Zeit als Mannschaftler abgedient habe. Es gab damals (für mich zumindest) keine so leichte Zugänglichkeit sehr spezifischer Informationen wie heute im Internetzeitalter, in meiner Familie war keinerlei Wissen um den Umgang mit der Bundeswehr vorhanden und ich glaubte meinem Vorgesetzten in diesem Moment einfach, dass da nix, aberauchgarnix zu machen und ich falsch informiert sei! ER WAR JA VOM FACH!!!
Noch heute möchte ich ihn gerne noch einmal wieder treffen und ihm sagen, dass ich ihn aufgrund dieses Verhaltens seit 35 Jahren und bis heute für einen schlechten Vorgesetzten, einen schlechten Offizier und insgesamt einen schlechten Menschen halte.
Mein Studium - zumindest wurde einem der Studienplatz bei Ablehnung aufgrund laufenden Wahrdienstes "konserviert" - habe ich dann erst zum WS 1990 begonnen und im Anschluss noch das dürre Tal der AiP-Knechtschaft mit einem umgerechneten Lohn von damaligen 3,50 DM/h durchwandern dürfen, welches ich ansonsten als wehrpflichtiger Stabsarzt durchaus kommoder hätte verbringen können.
Aber was soll's? Die verbotenste aller verbotenen Früchte rückblickender Betrachtungen ist immer die Frage noch dem "...was wäre, wenn...?"! Außerdem habe ich meine Frau (als Kollegin) in genau dem Leben kennengelernt, welches ich dann real gelebt habe, und das versöhnt mich mit dem ganzen Rest.
In meiner W-15-er Zeit sollte ich dann zunächst Leo 1A5-MKF werden, was ich schon aufgrund des Kettenpolsterkloppens für höchstgradig unersprießlich und mit meiner Abneigung auch nicht hinter dem Berg hielt. Das interessierte den Kp-Chef allerdings wenig und ich fand mich alsbald nach Augustdorf zur Fahrschule abkommandiert vor. Dort gelang es mir aber, keineswegs durch Widersetzlichkeit, sondern ausschließlich durch schier stokeliges Verhalten (die Norddeutschen wissen, was das ist) bereits nach nicht einmal zwei Tagen vom Lehrgang abgelöst und gegen einen anderen Kameraden aus unserer Kompanie ausgetauscht zu werden.
Wieder "daheim" stellte sich dann die Frage, was ich denn nun stattdessen tun sollte und ich wurde zu meinem Missfallen mit einer Einplanung als Richt-/Ladeschütze Leo 1A5 beglückt, derweil mein Friseurfreund aus der Grundi ins Geschäftszimmer und Fahrer des Kp-Chefs werden sollte, was er (der Friseur) aber seinerseits überhaupt nicht wollte.
Er wollte also auf den Bock und ich wollte runter von diesem....wir haben uns dann abgesprochen und seitdem weiss ich mit Sicherheit, dass man Menschen, von denen man efektive Mitarbeit erwartet, niemals gegen deren Willen einsetzen sollte. Wiederum widersetzten wir uns keine Sekunde, verhielten uns aber beide auf unseren ungeliebten Posten derartig stokelig, dass unserem freundlich geäußerten Wunsch und Vorschlag nach Dienstpostentausch tatsächlich innerhalb kürzester Zeit entsprochen wurde. Und von da an hatte der Kp-Chef einen Fahrer, mit dem ihn ein beiderseitiges Verhältnis tief empfundener Abneigung verband.
Wir waren dann mehrfach zusammen in Bergen-Hohne, auf freilaufender Übung und auch in CFB Shilo/Manitoba. Irgendwie hatte es immer was von M*A*S*H, immer Kabbelei usw., aber in irgendeiner Weise ernsthaft "gebissen" hat mich der Vogel nie!
Unser Einberufungstermin war als W18er gekommen, nach zwei Monaten auf W15er zurückgestuft worden und bereits diejenigen, die ein einziges Quartal nach uns gekommen waren, wurden mit uns als W12er entlassen.
"Die Erinnerung malt mit dem goldenen Pinsel", das ist wahr. Und vieles von dem, was man von damals erinnert, erinnert man einfach deswegen als "toll!", weil man eben jung und kerngesund war, das Leben sich wie ein frei befahrbarer Ozean von Möglichkeiten vor einem ausbreitete und die Fülle der Möglichkeiten unüberschaubar war! Aber vieles, was einen aus der geohnten Komfortzone führte, war auch wirklich schön, erinnernswert und lebenslang prägend.
Das Beste?
Die Kameradschaft! Das Gefühl, einem eingeschworenen Haufen junger Männer anzugehören, die sich vielleicht individuell gar nicht alle supergut leiden können, die sich aber als Einheit betrachten, an einem Strang ziehen und füreinander einstehen, das ist großartig!
Gute Vorgesetzte! Habe ich auch kennelernen dürfen und versucht, mir von ihnen abzuschauen, was dieses "gut" denn im Kern ausmacht. Denn schiere Nachsicht, und erst recht Nachlässigkeit, ist es mit Sicherheit nicht.
Das Gefühl der Sinnhaftigkeit! Gerade sein Fehlen wird häufig mit dem Wehrdienst assoziiert. Ich habe immer versucht, es zu finden, zu entdecken und für micht zur Motivation zu nutzen. Manchmal tief unter vergilbten ZdVen vergraben, habe ich es am Grund des Auftrages bislang noch immer finden und für mich und ihn nutzen können.
Oh, das ist lang geworden.
Was militärisch danach gekommen ist, schreibe ich ein andermal.
Cheerio,
M.