@seamaster schreibt auszugsweise:
Wenn einen Kilometer weiter mehr oder weniger zufällig ein Stück Wild urplötzlich aus dem Leben gerissen wird, dann ist das weder Jagen (insbesondere kein sportliches Jagen), noch ist es sportliches Schießen. Es ist vielmehr eine Chimäre aus Unvereinbarkeiten, die man nur als Perversion bezeichnen kann. Und gerade Ortega y Gasset ist dafür als Feigenblatt denkbar ungeeignet.
:cheers:
Eigentlich kann einem Stück nix besseres passieren, als urplötzlich aus dem Leben gerissen zu werden.
Ohne jetzt auf einen ganzen Kilometer abzuzielen, ist das schon mal überhaupt keine Frage der Schussweite.
Bleiben wir doch schlicht in diesem unserem Lande, wo wir unser Wild in allererster Linie vom Ansitz aus erlegen.
Dabei meine ich jetzt nicht eine "Shooting box", sondern einfach eine Stelle im Revier, wo so lange auf Wild gewartet wird, bis es schussbar erscheint.
Verhält sich der Jäger, selbst frei auf einem Stubben, DJ-Stand, Leiter oder sonst wo hockend außer Wind, bewegt sich sparsam in den Anschlag und schießt ohne zu Mucken eine "saubere Kugel" - welche Chance hat das Wild denn da??
Gebe ich dem Wild eine Chance, wenn ich mit dem Wind durch den Wald trample? Oder mich abseits einer Äsungsfläche, Kirrung oder Salzlecke ansetze? Oder "sportlich" stehend freihändig auf 100m hinzublitzen, statt die Kugel auch auf 50m sauber hinzuzirkeln?
Welche Chance hat das Wild gegenüber unserer Ausrüstung?
Bei halbwegs jagdlichen Fertigkeiten recht wenige und wer dann noch militärisches Equipment benötigt, um in stockfinsterer Nacht ein Wild totzuschießen, der beraubt dem Wild seiner allerletzten Chance.
Wir können nicht alles totschießen was wir könnten. Also ist es mehr oder weniger in unserer "Machtvollkommenheit", was erlegt oder pardonniert wird. In diesem Rahmen bewegen wir uns letztlich und die Abstufungen sind fließend. Der Hubertusgedanke ist dabei eher im jagdlichen Alltag anwendbar, als die des guten Ortega. Solche Gedanken denken nicht alle und allenfalls einige, wenn nicht gar (zu) wenige.
Der im deutschen Waidwerk verhaftete deutsche Waidmann täte gut daran, sich damit gelegentlich zu beschäftigen.
Die Chancen als Jäger richtig einzuschätzen und wenn passend zu seinen Gunsten zu entscheiden, ist bereits eine hohe Kunst, die allerdings nicht gebührend geschätzt wird. Dazu gehört auch Geduld, die man glaubt durch selbstüberschätzende Machenschaften nicht aufbringen zu müssen oder zu können. Und das alles ist eine Sache der Erfahrung, ob im normalen Leben oder auf der Jagd. Was sich im normalen Leben durch Konventionen verdecken lässt, kommt auf der Jagd ungeschminkt durch, nämlich der Charakter eines Menschen. Ich brauche keinen "Ortega", ich schreibe lieber selbst, ohne so vermessen zu sein, dass es ein Klassiker werden wird.