Liebe Gemeinde,
im Nachgang zu meiner Mail and ei Mitglieder des Bundestages hat tatsächlich jemand geantwortet.
Es handelt sich um Dr. Tim Ostermann, seines Zeichens Abgeordneter der Merkelpartei.
Seine Antwort - die ich inhaltlich nicht teile - ist aber ausführlich und bemüht. Dafür schon mal eine Anerkennung:
Sehr geehrte Damen und Herren,
für Ihre E-Mail zur Änderung des Waffenrechts danke ich Ihnen sehr herzlich.
Ich kann Ihre Kritik in großen Teilen gut nachvollziehen. Die Legalwaffenbesitzer in unserem Land sehen sich oftmals zu Unrecht einem Generalverdacht ausgesetzt. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion vertritt daher seit jeher den Standpunkt, dass ungerechtfertigte Belastungen von Legalwaffenbesitzern nicht hinnehmbar sind.
Der Schießsport, die Jagd und das Sammeln historischer Waffen gehören sowohl zu den bürgerlichen Freiheiten wie auch zur Tradition unseres Landes und werden in Deutschland besonders verantwortungsbewusst praktiziert. Auch deshalb waren wir zu Recht stolz auf unsere Schützen in Rio bei den Olympischen Spielen im vergangenen Jahr. Für eine grundlegende Verschärfung des deutschen Waffenrechts besteht auch vor diesem Hintergrund aus Sicht der Union keine Notwendigkeit.
An dem Entwurf des „Zweiten Gesetzes zur Änderung des Waffengesetzes“, welches wir morgen im Deutschen Bundestag in 2. und 3. Lesung verabschieden werden, haben sich - nicht ganz zu Unrecht - die Gemüter erhitzt. Vor allem ist es mit Blick auf die Änderung der bisherigen Aufbewahrungsvorschriften zunächst zu Irritationen gekommen. Grund hierfür waren Befürchtungen, wonach künftig all diejenigen Waffenschränke auszutauschen gewesen wären, die lediglich die alte VDMA 24992-Norm mit den Sicherheitsstufen A und B erfüllen. Hier konnte die CDU/CSU-Fraktion allerdings bereits sehr früh - zu Beginn der Erstellung des Gesetzentwurfs - erreichen, dass für bereits vorhandene Waffenschränke ein umfassender und zeitlich unbeschränkter Bestandsschutz vorgesehen wird! Ein Verbot aller Behältnisse, die nicht der Norm DIN EN 1143-1 Widerstandsgrad 0 entsprechen und sei es nur eine Übergangzeit, konnte im Interesse der Legalwaffenbesitzer verhindert werden. Hierbei handelt es sich aus Sicht der Union um einen deutlichen Erfolg. Dies zeigt deutlich, dass wir die berechtigten Belange der Sportschützen, Jäger und Waffensammler im Blick behalten.
Leider wird, obgleich ein umfassender Besitzstandsschutz erreicht werden konnte, an den vorgesehenen Aufbewahrungsvorschriften noch weitergehende Kritik geübt. Hier stellt sich der Sachstand wie folgt dar: Mit dem aktuellen Gesetzentwurf wird die 2003 in das Waffengesetz aufgenommene Regelung, wonach Waffen und Munition grundsätzlich in Sicherheitsbehältnissen nach der Norm DIN/EN 1143-1 Widerstandsgrad 0 aufzubewahren sind, bestätigt. Die im geltenden Waffengesetz geregelte fiktive Gleichwertigkeit von Sicherheitsbehältnissen nach dem Einheitsblatt VDMA 24992 mit den Sicherheitsstufen A und B zu Sicherheitsbehältnissen nach der Norm DIN/EN 1143-1 soll aus folgenden Gründen dagegen nicht länger gelten: Das Einheitsblatt VDMA 24992 wurde bereits zum 31. Dezember 2003 vom Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. zurückgezogen, es findet daher seit 2004 keine Marktüberwachung für Sicherheitsbehältnisse der Sicherheitsstufen A und B nach diesem Einheitsblatt mehr statt. Hersteller bieten seit 2004 Sicherheitsbehältnisse der Sicherheitsstufen A und B zur Aufbewahrung von Schusswaffen an, die nicht durch eine zertifizierte Stelle auf Einhaltung der Qualitätsstandards geprüft werden. Die Aufbruchssicherheit von Sicherheitsbehältnissen nach der Norm DIN/EN 1143-1 Widerstandsgrad 0 liegt deutlich über der Aufbruchssicherheit von Sicherheitsbehältnissen nach dem Einheitsblatt VDMA 24992. Zehn Länder haben für die Jahre 2014 und 2015 jeweils rund 120 Fälle des Aufbruchs und 180 Fälle der Wegnahme von Sicherheitsbehältnissen festgestellt, bei denen mindestens eine Waffe abhandengekommen ist. Bei einer Erhöhung des Sicherheitsstandards für Behältnisse zur Aufbewahrung von Waffen werden der Aufbruch und wegen des höheren Gewichts auch die Mitnahme der Behältnisse erschwert. Somit wird die Zahl abhandenkommender Waffen effektiv reduziert.
Noch einmal zur Erinnerung: Für die vorhandenen Sicherheitsbehältnisse VDMA 24992 Sicherheitsstufen A und B beschließen wir morgen eine sehr umfassende Besitzstandsregelung.
Dem oftmals vorgetragenen Argument, Sicherheitsbehältnisse der DIN/EN 1143-1 könnten aufgrund ihres höheren Gewichts im Vergleich zu VDMA-Sicherheitsbehältnissen die zulässige Nutzlast von Gebäudedecken überschreiten, kann nach Auffassung des zuständigen Bundesministeriums des Innern pauschal nicht zugestimmt werden. Decken in Wohngebäuden sind für Nutzlasten durch Möbel, Menschen etc. von 1,5 kN/m2 bis 2 kN/m2 ausgelegt. Gebäudedecken mit einer zulässigen Nutzlast von 2 kN/m2 könnten auf jeden Quadratmeter Deckenfläche mit ca. 200 kg belastet werden (1 kN = 101,971 kg). In den Ecken eines Raumes mit tragenden Wänden kann dabei die Nutzlast gegebenenfalls höher sein, auch der einzelne Quadratmeter einer Gebäudedecke kann gegebenenfalls unter Berücksichtigung der Gesamtbelastungsgrenze der Decke mit mehr als 200 kg belastet werden. Eine genaue Berechnung für den Einzelfall sollte dabei einem Baustatiker überlassen werden.
Sicherheitsbehältnisse nach DIN/EN 1143-1 Widerstandsgrad 0 kosten bei vergleichbarer Größe und Ausstattung etwa 300 Euro mehr als Sicherheitsbehältnisse nach - nicht mehr gültiger - VDMA. Verglichen mit den Preisen für Jagd- und Sportwaffen sowie für Munition (Jagdwaffen, zum Beispiel bei Frankonia, kosten ab etwa 300 Euro, die vier beliebtesten Modelle in einem großen Onlineshop im Schnitt etwa 1.400 Euro, Jagdmunition für Büchsen ab 1 Euro pro Patrone, bleifreie Jagdmunition für Büchsen etwa 2 Euro pro Patrone) ist die finanzielle Belastung durch den Kauf eines vorgeschriebenen Sicherheitsbehältnisses nach DIN/EN 1143-1 Widerstandsgrad 0, mit deutlichem Sicherheitsmehrwert, vergleichsweise gering.
Unser Ziel, ungerechtfertigte Belastungen zu verhindern, hat im Übrigen auch dazu geführt, dass im Rahmen der Novellierung der europäischen Feuerwaffenrichtlinie im Hinblick auf den ursprünglich von der Europäischen Kommission vorgelegten Entwurf deutliche Verbesserungen erzielt werden konnten. Zwar sind die Verhandlungen, die nunmehr im Rahmen eines Triologs zwischen der Europäischen Kommission, dem Rat und dem Europäischen Parlament geführt werden, noch nicht endgültig abgeschlossen, es ist jedoch bereits absehbar, dass der ursprüngliche Entwurf deutlich abgeschwächt werden kann. Gemeinsam mit unseren Kolleginnen und Kollegen aus der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament und dem Bundesinnenministerium konnte die CDU/CSU-Fraktion erreichen, dass etliche ursprünglich von der Europäischen Kommission geplante Regelungen entweder gestrichen oder deutlich abgeschwächt werden. So sollen die ursprünglich vorgesehenen flächendeckenden medizinischen Untersuchungen für Waffenbesitzer, die generellen zeitlichen Befristungen von waffenrechtlichen Erlaubnissen und das generelle Verbot von halbautomatischen Waffen nicht weiter verfolgt werden.
Selbstverständlich wird die Union auch im Rahmen der dann anstehenden Umsetzung in das nationale Recht den sich aus der Reform ergebenden Änderungsbedarf so gering wie möglich halten.
Ich darf Ihnen daher versichern, dass wir uns auch weiterhin für einen maßvollen Umgang mit den Legalwaffenbesitzern in unserem Land einsetzen werde. Abschließend hoffe ich, Ihnen mit dieser Mail insbesondere die Änderung der Aufbewahrungsvorschriften verständlich erläutert zu haben.
Für Rückfragen stehe ich Ihnen selbstverständlich jederzeit sehr gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Tim Ostermann