Gestern Abend war es aufregend:
Aufbruch um 17h20, brauche eine Stunde bis oben auf Niveau am „Umziehen“-Stein. Insgesamt werden es 2 km und 316 Höhenmeter bis zum Ansitzfelsen.
An besagtem Stein kann ich gut sitzen, einen Teild es vor mir liegenden Hangs abglasen, in Ruhe vom letzten Steilanstieg "abdampfen", SD montieren, mich jagdfertig machen etc.
Dann vorsichtig weitergepirscht. Als ich vor dem Ziel, dem zweiten Felsen im Hang bin, verweist mir DJT Lea auf 80 m steil unter mir einen Rehbock!
Leider ist es nicht der geuchte Bock mit den hohen Stangen, sondern mein alter Bekannter – der junge Sechser. Er fegt wie wild, kämpft mit einem Busch, springt vor und zurück. Wäre leicht zu strecken – na, nächstes Jahr sehen wir uns hoffentlich wieder…
Pirsche weiter, als er hinter Büschen verdeckt ist und mache es mir neben meinem Felsen gemütlich. In der schmalen Rinne zwischen Ginster rechts und Fels links bin ich mit der erdfarbenen Camouflage gut gedeckt.
Beim Abglasen mache ich zwei Ricken mit Kitzen aus, eine auf 90 m, die andere Ricke auf 150 m.
Später erscheint oben am Hang auf 300 m ein guter Rotspießer. Na, wenn der nach unten zieht, versuche ich, ihn zu strecken.
Die Bühne füllt sich immer mehr; von rechts oben zieht ein Alttier mit Kalb nach unten, der Rotspießer folgt ihnen, nun sind sie 240 m entfernt. Prima, die Richtung stimmt – führt in meine Nähe.
Aus dem Hang übers Tälchen, Luftlinie 800 m knören drei Hirsche – die Brunft ist definitiv im Gang.
Abwarten ist angesagt, ob hier dem Kahlwild ein passabler Hirsch nachfolgt…
Ups, heute ist aber was los – da wechseln zwei Sauen von rechts hangab in die Rinne. Na, das könnte was werden – ein anständiger Schweinebraten wäre mir auch lieber als der Hirsch.
Die Zeit vergeht, das Rotwild äst langsam in meine Richtung, die Spannung steigt!
Um 20h steht der Rotspießer auf 80 m breit, von diesem Ort kann ich ihn leichter abtransportieren, da wären es nur 500 m schwieriges, steiniges, verfilztes Ginsterbuschgelände bis zum Wanderweg, dann weitere zwei Kilometer Fußweg bis zum Haus....
DJT Lea ist nun völlig aufgedreht und winselt ganz leise; nehme sie vom Schoß und setze sie neben mich. Als sie sieht, daß ich in Anschlag gehe, wird sie noch unruhiger. Die Waffe ruht ruhig im Vorderschaft in meiner selbstgebastelten Anschlaghilfe des Waidtool Stocks.
Der feine Punkt des Duplex Absehens steht fest auf dem Blatt, nun vorsichtig langsam den Abzug durchziehen – und es macht KLICK! Mist, wieder Zündversager, entweder RWS Zündhütchen oder schwache Feder der Merkel K 5.
Na gut, der Hirsch äst hinter einen Busch, während ich die Waffe breche, und so, neu gespannt, wieder in Anschlag gehe. Normalerweise zündet die Patrone im zweiten oder dritten Versuch; ist halt schwierig, die handgeladenen Patronen in meine Wildnis zu bekommen.
Kruzitürken, da wuselt doch 50 m unter mir ein Überläufer durch den Hang, der würde mir gut paßen. Schnell die Waffe vom Bergstock runter und in Anschlag, aber leider bekomme ich ihn nicht ins Fadenkreuz – der Überläufer hat zuviel Fahrt drauf.
Gut, nehmen wir wieder den Hirsch ins Visier - aber der äst weiterhin verdeckt.
Nanu, der Überläufer saust wieder retour, hat er von mir Witterung bekommen oder ist er auf meine Fährte vom Herweg gekommen?
"Haste was Kannste" saust er 40 m unter mir durch den Ginster, wieder bietet sich keine Chance für einen Schuß.
Langsam wird es dämmrig - als ich mich wieder auf den Hirsch fertig mache, zieht der DJT plötzlich aufgeregt nach rechts: Verflixt, da wechselt im Ginster halbverdeckt und zügig eine stärkere Sau hangauf – schlappe 40 m neben mir sehe ich die Rückenlinie, Haupt und Bürzel im hohen Gras!
Jetzt ist keine Zeit mehr, um den Zielstock zu nutzen, gleich wird die Sau überriegelt sein.
Schnell lege ich beide Ellenbogen auf den Knien auf; eine blöde Haltung, so stark verdreht nach rechts zu schießen -ich sitze ja im Hang.
Das feine Fadenkreuz zieht mit der Sau, ich lasse fliegen, deutlicher Kugelschlag, die Sau flüchtet hangabwärts.
Das ist zuviel fürs Hündchen, sie jault auf; ich schnalle sie. In der Eile ohne Einschalten und Koppeln des Hundeortungsgeräts. Nach dem Kugelschlag muß die Kugel gut sitzen, es sollte eine Totsuche werden.
Aber der Hund wetzt mit Hetzlaut auf einem gut einsehbaren Wechsel weit in den Gegenhang! Dort hätte ich sie nach dem Schuß flüchten gesehen! Der Hund hat den Anwechsel genommen.
Die Wutz muß unter mir steil hangab in der Rinne liegen - hoffentlich.
Ich packe meine Siebensachen zusammen, verstaue die Büchse im Rucksack und gehe zum Anschuß. Inzwischen ist Lea auch wieder da und nimmt nun die Fluchtfährte auf. Bald höre ich 50 m unter mir Standlaut und dann nix mehr – AHA, sie hat die Wutz, prima!
Mit vorsichtigem Kraxeln erreiche ich das brusthohe Ginsterdickicht und horche, ab und an vernimmt man Lea, welche die Borsten rupft.
Schließlich stehe ich vor dem ca. zweijährigem Keiler mit ca. 60 kg. Die 110 grn Barnes TTSX aus der .270 Win hat beide Lungenflügel zerfetzt.
Uff, nun kommt die Arbeit, ich muß das Wildbret erst 500 m über sehr unwegsames, steiles Gelände, dann 1,5 km heimwärts tragen.
Also heißt es, aus der Schwarte schlagen und sorgfältig alles ausbeinen…
Um 22h habe ich es geschafft, der Rucksack ist sauschwer, ich kann mich nur durch Drehen auf die Seite mit Mühe aufrichten. Die Waffe hängt mit zusammengeklapptem Schaft quer vor der Brust in den Schlingen der Brustgurte und zieht den Rucksack etwas nach vorn, verteilt die Last besser.
Dann folge ich schön langsam den verschlungenen, abwärts führenden Wildwechseln. Gut, daß ich den zwei Meter langen Waidtool-Bergstock und den Vierbein-Zielstock als Stütze und auch zum Sondieren des tiefer liegenden Geländes im hüfthohen Ginster habe.
Lea ist zwar inzwischen kugelrund, springt aber immer noch froh nach rechts und links
Schließlich habe ich nach einer halben Stunde den Wanderpfad erreicht. Uff, nun wird es einfacher – aber die Last von 30 kg auf dem Rücken wird auch immer schwerer… Gut, die Temperatur beträgt fünf Grad, ein eisiger Wind bläst, der kühlt; habe nur das Brynje Netzhemd an, das genügt, mich warm zu halten.
Nun genügt mir als Licht die Lampe des Handys - mit rotem Plastik vor der Linse und am Gürtel befestigt, leuchtet sie gut - Schatten werfend - die Hindernisse aus. Die rote Plastikfolie beeinträchtigt natürlich die Bildqualität beim Blitz, schade - hätte die Sony Kamera nehmen sollen.
Um 23h30 erreiche ich das Haus – Halleluja!
Nun das Wildbret in kaltes Wasser, duschen, reichlich trinken und etwas essen…
Oh je, nachts schmerzt alles teuflisch, Hände, Beine, Füße, nehme erst Chinintbl – das hilft .gegen die drohenden Beinkrämpfe, dann nach einer Stunde unruhig im Bett eine Diclo Voltaren resinat und Kakao, dann penne ich tief bis 7h.
So, es steht noch ein Bericht über den starken Rehbock aus, dem ich über WOCHEN nachstellte - kommt bald..