Wenn man wei(a)dgerecht mit kunstgerecht übersetzen will, läuft das auf den Vergleich Künstler-Laie (Banause/Dilletant) hinaus. Daraus würde sich ableiten, dass der eine jagdlich erfolgreicher ist als der andere, zumal die Schwelle zwischen beiden oftmals sehr niedrig ist.
Ob der Verzicht auf den Schuss trotz einer gegebenen Gelegenheit im tieferen Sinne waidgerecht ist, sei dahingestellt.
Zumindest lässt er dem Wild durch den Verzicht eine Chance im ansonsten chancenlosen Verhältnis zwischen Wild und dem "modernen" Jäger. Letzter bejagt mit seiner Ausrüstung (Bewaffnung, Munition, Optik)vitales Wild auf Entfernungen, die noch vor 100 Jahren außerhalb seiner Möglichkeiten standen. Vor allem auf der Ansitzjagd hat sich das enorm verändert, wenngleich zwischen reiner Waldjagd und der Jagd an der Feld/Wald-Grenze ein ganz erheblicher Unterschied besteht.
Wer 20 Rehe im gemischten Revier zu schießen hat, ist gelegentlich schneller "fertig" als im Wald, der sich allerorten von lichten Stangen(Alt-)hölzern in einen bodendichten Dschungel verändert oder schon verändert hat.
Das ist auch mit der Grund, dass bei DJ alles Wild schwerer zu bejagen ist.
Ein unerfahrener Jäger der halbwegs gut schießt, kann durchaus erfolgreich sein, ob er deshalb waidgerechter ist als der Waldjäger, der unter erschwerten Umständen nur halbsoviel Wild erlegt, ist doch wohl zu kurz gesprungen.
Oder ist derjenige weidgerechter, der unter erschwerten Umständen im Wald schneller "fertig" als der bequeme Kleefeldjäger?
Beide können erfolgreich und/oder weidgerecht sein. Aber den Begriff selbst mit kunstgerecht oder kunstfertig zu reduzieren, geht an der Sache vorbei.
Weidgerecht ist ein viel umfassenderer Begriff, als ihn nur auf das möglichst effektive (rationelle) Töten von Wild anzuwenden.
Das mit Handwerken "berufsgerecht" vergleichen zu wollen, wäre so als wenn der Laie ein Tischbein mit bruchgefährlicher querlaufender Faser anfertigt.
Wenn wir mit einem Schuss ein Wildtier zu töten und uns dabei vergegenwärtigen einem Mitgeschöpf mit voller Absicht das Leben genommen haben, das ist das schon was anderes als auf ein Bierfass einen neuen Reif zu ziehen, bei allem Respekt vor dem Beruf eines Böttchers.
Ich jage schon sehr lange und habe mit vielen "guten" Jägern gejagt, die waidgerecht aber nicht "kunstfertig" gejagt haben. Diese Kunstfertigkeit eignet man sich nicht in einem schnellen und nicht in einem langen Kurs an, sondern sind das Ergebnis eines unermüdlichen Lernens, Verstehens und auch einem Respekt vor der Kreatur.
Der vom guten Varmi angestoßene Diskurs ist vielleicht als Wochenenddebatte gedacht gewesen, zeigt aber doch die unterschiedlichsten Auffassungen.
welchen Stellenwert die "weidgerechtigkeit" einnimmt, zeigen schon die wenigen Diskutanten auf,von den diversen Definitionsversuchen mal abgesehen.
Wenn jeder glaubt waidgerecht zu jagen, ist das ja auch schon was. Es glaubt ja auch jeder von sich gut Auto zufahren.
Wenn mir beides weiter so gut gelingt wie seit vielen Jahren, kann ich nicht so falsch gelegen haben.
Was den Triebverzicht und das sich schwer machen angeht, richtet sich ersteres schon mal nach dem Wildvorkommen bzw. des zugestandenen Abschussplanes oder des zugestandenen oder herausgenommen Anteils am Revierertrag im Rahmen einer Jagdgesellschaft.
[ 21. Oktober 2006: Beitrag editiert von: Sir Henry ]