Manne0 schrieb:
Eine Frage an die fortwirtschaftlich beflissenen unter uns.
Die Fakten:
Bayern
Höhe: ca. 480m ü.NN Voralpenraum
Kleinbäuerlicher Privatwald
Hauptbaumarten: Fichte, Tanne (nicht gerne gesehen aber doch so propagiert), Buche, Eiche. Im Auwaldbereich natürlich Ahorn, Esche und Erlen.
Verbisssituation lt. Forstl. Gutachten : Abschuß beibehalten, Tendenz: senken.
Unsere Waldbauern möchten Größtenteils Fichte stehen haben, aber diese natürlich verjüngt. Keine Probleme (fast- dazu später). Aufgrund nur vereinzelt stehender Samenbäume an Tanne verjüngt sich diese, wo alles passt bestens. Eichen und Buchen werden wieder deutlich mehr mit Verbissprozenten um die 15 %. Das Laubholz wird von fast allen Waldbauern für unwichtig angesehen.
Wieviele Fichten müssen jährlich pro Hektar unverbissen dem Äser entwachsen, damit das Waldbauliche Idealziel nicht gefährdet ist.
Darf nicht eine einzige Fichte verbissen sein, oder reichen 100 /1000/10000 st. ?
Diese Frage ist ganz und gar nicht ketzterisch gemeint, sondern dient dazu mich zu informieren.
Manfred
Deine Frage kann man sinnvollerweise nur beantworten, wenn man das Thema Wildschaden im Wald grundsätzlich aufreisst:
1. Vorweg: Wildschaden ist rechtspolitisch ein Unikum, da du verschuldensunabhängig und in der Höhe unlimitiert für etwas haftest, was du nicht nur
nicht verhindern kannst, sondern auch nicht verhindern darfst, da du verpflichtet bist für landeskulturell angepasste Wildstände zu sorgen, du also einerseits Wild nicht ausrotten darfst, um Wildschäden grundsätzlich auszuschließen und Wild dieses Wild, dann eben den Wald fressen MUSS!!!
Im Vergleich dazu ist die Haftung des Betreibers eines Atomkraftwerkes ein Lercherlschas. Ausserdem haftest du für Verursacher, die nicht nur nicht dir, sondern niemanden gehören, auch nicht dem Waldbauern, der aber gerade dafür über die Pacht bezahlt wird.
2. Das waldbauliche Idealziel gibt es nicht, es gibt nur das jeweilige subjektive, konkrete waldbauliche Ziel des Eigentümers, das bei einem jedem unterschiedlich sein wird. Wenn dein Bauer das Ziel hat, die Naturverjüngung partiell auszureissen und woanders wieder einzusetzen, so ist das aus mehreren Gründen Pfusch und entspricht nicht den Regeln geordneter Forstwirtschaft.
3. Wann wird aus dem zwangsweisen und daher grundsätzlich zu duldenden Wildverbiss Wildschaden:
Erst wenn auch die potentiellen Z-Bäume nicht aufkommen. Frisst also angenommen deine Rehgais alle Fichten weg bis auf die angenommen 5 Z-Bäume in dem Bereich, dann besteht sogar ein Vorteilsausgleich, da sich dein Waldbäuerchen die verlustbringenden Läuterungs- und Durchforstungskosten erspart, er also, wenn du schon für den Schaden haftest du auch die Benefits haben solltest, er also in dem Fall dir etwas bezahlen müsste und nicht du ihm. Die erwünschten Entmischungen wie unserem Beispiel werden ja von unseren Schlitzohren der Waldbauerei und natürlich auch der Försterei gerne vergessen.
4. Wildverbisschaden bei der Fichte: Wie gesagt betrifft der ohnehin nur den Terminaltriebverbiss und den auch nur wenn dieser nachhaltig ist. ein ein- oder zweimaliges Abbeissen sollte grundsätzlich irrelevant sein, da ein solcher Terminaltriebverlust auch ohne Wildverbiss regelmässig durch andere Ursachen vorkommt.
5. Konkret würde ich dir empfehlen die inkriminierten Fichten noch einmal genau anzusehen und als erste Übung den Maus-und sonstigen Nagerverbiss herauszufiltern, da dieser oft in einem erheblichen Ausmass vorkommt und natürlich auch gerne mituntergeschoben wird. Wenn du ein paar Detailfotos der Verbissstellen einstellst kann ich dir und sicher auch andere hier ( ausgenommen die Förster :mrgreen: ) sagen, was Maus- und was Rehverbiss ist.
Dann sagst deinem Querulanten ( wenn das aus jagdpolitischen Gründen für dich geht ), er solle sich mit seinem Wildschaden über die Häuser hauen, da du grundsätzlich nicht freiwillig zahlst, sondern nur im Namen der Republik. Dann warte das Ergebnis der etwaigen amtlichen Wildschadensfeststellung ab. Solltest du da trotzdem verknackt werden, dann leiste dem Knaben als omelette surprise nur Naturalersatz, das heisst du gibst ihm auf keinen Fall Bargeld, auch wenn dir das Einsetzen der Pflanzen mehr kostet. Dein Bauer Mecki will mit Sicherheit nur Bares haben und der Naturalersatz dämpft die Gier gewaltig. Ich hab sogar schon Schälschäden in natura ersetzt ( was die schwierigste aller Übungen ist) - da hat der Grundbesitzer gschaut wie ein Autobus und seine Kollegen in der ganzen Gegend haben sich im Wirthaus über den Gierrammel zerkugelt, da er als Depp dagestanden ist und nicht ich.