Waidgerechtigkeit und junge Jäger

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carcano schrieb:
Mohawk schrieb:
@carcano:
Ist es nicht so, dass die Moral- und Wertvorstellungen einer Gesellschaft (oder das, was eine Gesellschaft meint an solchen Vorstellungen zu besitzen) durch die Gesetze dieser Gesellschaft ihren Ausdruck finden?

Ganz sicherlich nicht. (...) Heute regelt Recht allenfalls - um eine klassische strafrechtliche Formulierung zu gebrauchen - das ethische Minimum des Zusammenlebens.

Es ist klar, dass Gesetze nicht alle ethischen und moralischen Aspekte einer Gesellschaft ausdrücken können, aber bei der Fülle der Gesetze, die wir haben, und die ja nicht nur sanktionierender Form ist das "ethische Minimum" in unserem Land aber SEHR weit gesteckt (sehr weit oberhalb von Hartz IV, sozusagen). :twisted:

Und darauf sollte es in einer freiheitlichen und säkular verstandenen Gesellschaft auch beschränkt bleiben. (Zudem hinkt es der Entwicklung gesellschaftlicher Norm- und Wertvorstellungen notorischerweise weit hinterher, teilweise über ein Jahrhundert)

Das ist auch wahr, systemimmanent und nicht immer ein Nachteil. Btw.: Du schreibst hier dasselbe wie ich: die Werte und Normen einer Gesellschaft sind Grundlage / Orientierung / Ziel / ... der Gesetzgebung.

Viele Grüße,

Joe
 
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Mohawk schrieb:
Insofern kann ich auch die Bedenken verstehen, die mit der Beibehaltung des Begriffs verbunden sind. Ich stehe nur auf dem Standpunkt, dass ein Auffangtatbestand zwingend notwendig ist und dass eine bloße Auswechslung der Begrifflichkeiten auf Dauer nichts bringt. Denn die "Meinungsfaschisten", die gestern die Waidgerechtigkeit missbrauchten, werden sich morgen der neuen Formulierung bedienen. Ich denke, wir haben demnach lediglich eine unterschiedliche Zukunftsprognose, was eine Auswechslung des Begriffs bringen würde. Du hast aber Recht, dass die Trennung zwischen Ethik und Handwerk deutlicher wäre.

Der Auffangtatbestand hat ja die AUFGABE, das, was noch nicht nomativ KLAR geregelt ist durch die Ermittlung sozusagen der Querschnitts-Ethik-und-Moral der Jäger rechtlich greifbar zu machen. Es kann damit m. E. keine Trennung dieses Auffangtatbestandes von der ethisch-moralischen Betrachtung der Jagd geben, und damit sind wir wieder dicht am Anfang und dabei nicht über die Schlossallee gezogen ... :(
so wie ichHRW nun verstanden habe ist sein 'normativer Teil' wie er selber sagt 'fachliche Praxis'... das Wort 'normativ' mag ungeschickt gewählt sein...

aber mit einem Auffangtatbestand hat die Waidgerechtigkeit im Gesetz nichts zu tun...
ein Auffangtatbestand - und ich kann mich als rechtlich fachunkundiger nur auf den Begriff selber konzentireren 'Auffangtatbestand' -
das bedeutet für mich all das, was das Gesetz nicht selber regelt...

aber die Waidgerechtigkeit ist dann kein Auffangtatbestand... schon garnicht für Ethik und Moral...
die Waidgerechtigkeit im Gesetz soll dazu dienen, dass nicht irgendwo im Gesetz steht 'wer mutwillig Wild beschiesst und verfehlt wird bestraft mit...'
'wer mutwillig Wild mit ungeeigneten Geschossen beschießt, die hohes Leid erzeugen können, wird...' 'wer nachts Wild trotz unzureichender Sichtverhältnisse und Ausrüstung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Fehltreffern beschiesst, wird...'
Das Gesetz verzichtet darauf... denn all diese Fälle gelten als unwaidgerecht und entsprechend kann man sie alle unter dem Hauptbegriff Waidgerechtigkeit zusammenfassen... den laut Waidgerechtigkeit schießt man nicht auf Wild, dass man nicht mit hoher Sicherheit trifft...
und jeder der in irgendeiner Weise gegen die Waidgerechtigkeit verstößt kann dann, weil das Gesetz die Waidgerechtigkeit strafbewehrt hat, verfolgt und bestraft werden...

und im Gegensatz zu einem alles auffangenden Auffangtatbestand fängt die Waidgerechtigkeit nicht alles auf... sondern halt nur die fachliache Praxis... und schon garnicht fängt sie ethisches oder moralisches auf... die Waidgerechtigkeit beschäftigt sich nur mit der Tat, der Handlung...

sollte die Waidgerechtigkeit mit Ethik und Moral verbunden sein und auch so im Gesetz gemeint sein, dann wäre es gut schonmal die Scheiterhaufen aufzuschütten... denn dann können wir jeden hier der weit schiesst, Plastikschaft hat, Camo trägt und nicht 8x57 schießt wegen unwaidgerechten Verhalten verbrennen, denn dann kann jeder für alles an den Haaren herbeigezogenen belangt werden, solange es nur welche gibt die sich inquisitorisch berufen fühlen...
sie ist eine Hexe..!. er ist unwaidgerecht...! verbrennt sie, verbrennt sie...!
schon aus dem Grund sollte man nicht Waidgerechtigkeit mit seiner persönlichen 'Jagdethik' zusammenwerfen... denn sonst findet doch noch ein anderer einen Grund, warum man selber dann auch unwaidgerecht ist...
 
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SheepShooter schrieb:
die Waidgerechtigkeit im Gesetz soll dazu dienen, dass nicht irgendwo im Gesetz steht 'wer mutwillig Wild beschiesst und verfehlt wird bestraft mit...'
'wer mutwillig Wild mit ungeeigneten Geschossen beschießt, die hohes Leid erzeugen können, wird...' 'wer nachts Wild trotz unzureichender Sichtverhältnisse und Ausrüstung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Fehltreffern beschiesst, wird...'
Ja, das sehe ich auch so. Fast jedenfalls.
Die angeführten Delikte sind im Jagdgesetz nicht geregelt, dafür aber im Tierschutzgesetz. Eine Doppelregelung muss nicht sein, denn das Gebot zur Weidgerechtigkeit im BJG umfasst IMHO auch die Beachtung andere Gesetze.

Und bevor jemand fragt:
Tierschutzgesetz § 1
Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.

Bei dieser Gesetzeslage brauche ich kein Spezialgesetz, in dem Terminalballistik oder Jagdtechniken geregelt sind.

basti
 
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basti schrieb:
SheepShooter schrieb:
die Waidgerechtigkeit im Gesetz soll dazu dienen, dass nicht irgendwo im Gesetz steht 'wer mutwillig Wild beschiesst und verfehlt wird bestraft mit...'
'wer mutwillig Wild mit ungeeigneten Geschossen beschießt, die hohes Leid erzeugen können, wird...' 'wer nachts Wild trotz unzureichender Sichtverhältnisse und Ausrüstung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Fehltreffern beschiesst, wird...'
Ja, das sehe ich auch so. Fast jedenfalls.
Die angeführten Delikte sind im Jagdgesetz nicht geregelt, dafür aber im Tierschutzgesetz. Eine Doppelregelung muss nicht sein, denn das Gebot zur Weidgerechtigkeit im BJG umfasst IMHO auch die Beachtung andere Gesetze.

Und bevor jemand fragt:
Tierschutzgesetz § 1
Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.

Bei dieser Gesetzeslage brauche ich kein Spezialgesetz, in dem Terminalballistik oder Jagdtechniken geregelt sind.

basti

Mit gleichem Recht kann ich auch behaupten, es genügt das Grundgesetz, von diesem kann ich ja letztlich wieder alles ableiten.
 
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SheepShooter schrieb:
Mohawk schrieb:
Der Auffangtatbestand hat ja die AUFGABE, das, was noch nicht nomativ KLAR geregelt ist durch die Ermittlung sozusagen der Querschnitts-Ethik-und-Moral der Jäger rechtlich greifbar zu machen.
so wie ichHRW nun verstanden habe ist sein 'normativer Teil' wie er selber sagt 'fachliche Praxis'... das Wort 'normativ' mag ungeschickt gewählt sein...

aber mit einem Auffangtatbestand hat die Waidgerechtigkeit im Gesetz nichts zu tun...

Doch, es ist einer - meinen jedenfalls die Juristen. Oder habe ich die falsch verstanden?

ein Auffangtatbestand - und ich kann mich als rechtlich fachunkundiger nur auf den Begriff selber konzentireren 'Auffangtatbestand' -
das bedeutet für mich all das, was das Gesetz nicht selber regelt...

Eben.

aber die Waidgerechtigkeit ist dann kein Auffangtatbestand... schon garnicht für Ethik und Moral...

In diesem Sinne wird sie aber im BJG genannt, denn sonst bräuchte man sie nicht! Sachliche Verbote kann ich klar abgrenzen und in aller Regel auch (naturwissenschaftlich / technisch) überprüfen. Dafür brauche ich keinen Auffangtatbestand.

die Waidgerechtigkeit im Gesetz soll dazu dienen, dass nicht irgendwo im Gesetz steht 'wer mutwillig Wild beschiesst und verfehlt wird bestraft mit...'
'wer mutwillig Wild mit ungeeigneten Geschossen beschießt, die hohes Leid erzeugen können, wird...' 'wer nachts Wild trotz unzureichender Sichtverhältnisse und Ausrüstung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Fehltreffern beschiesst, wird...'
Das Gesetz verzichtet darauf... denn all diese Fälle gelten als unwaidgerecht und entsprechend kann man sie alle unter dem Hauptbegriff Waidgerechtigkeit zusammenfassen...

Ja, dafür ist der Begriff da und jetzt verrate mir bitte, wo bei den von Dir genannten Beispielen KEINE ethisch-moralische Wertung drinsteckt?

und im Gegensatz zu einem alles auffangenden Auffangtatbestand fängt die Waidgerechtigkeit nicht alles auf...

Wo steht, dass ein Auffangtatbestand ALLES auffangen muss? Er muss das auffangen, was "unakzeptabel" ist, nicht alles, was "unerwünscht" ist.

sondern halt nur die fachliache Praxis... und schon garnicht fängt sie ethisches oder moralisches auf... die Waidgerechtigkeit beschäftigt sich nur mit der Tat, der Handlung...

Ach so - wenn ich die abhängig führende Bache schiesse ist das Deiner Meinung nach nur handwerklich-technisch verwerflich, nicht moralisch?
:?

sollte die Waidgerechtigkeit mit Ethik und Moral verbunden sein und auch so im Gesetz gemeint sein, dann wäre es gut schonmal die Scheiterhaufen aufzuschütten...

Waidgerechtigkeit ist NATÜRLICH mit Ethik und Moral verbunden, aber nicht mit Brauchtum etc.!! DAS ist das Problem, weil viele Leute das nciht klar trennen (können).

Deine rein technische Auffassung der Waidgerechtigkeit geht m. E. meilenweit am Kern der Problematik vorbei. :(

Viele Grüße,

Joe
 
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basti schrieb:
Bei dieser Gesetzeslage brauche ich kein Spezialgesetz, in dem Terminalballistik oder Jagdtechniken geregelt sind.
die Waidgerchtigkeit ist kein Gesetz... auch kein Spezialgesetz...
aber da es Waidgerechtigkeit gibt braucht man auch kein Spezialgesetz zu schreiben, was die Waidgerechtigkeit nur im einzelnen in Gesetzesform wiederspiegeln würde...
das hat auch den Vorteil, dass das Gesetz nicht ständig neu geschrieben werden muss, weil irgendwas doch immer vergessen wird und weil sich was in der Jagdpraxis ändert... sozusagen dynamische Gesetzgebung durch Outsourcing... das Tolle dabei ist, dass wir Jäger (die Jagdscheininhaber mit Fachkunde) direkt Einfluss auf das Gesetz haben, weil wir selber als alle Jäger - und nicht der unkundige bestimmende Gesetzgeber - die Waidgerechtigkeit bestimmen, aktuallisieren und anwenden... wir haben also einen riesen Einfluss auf das Gesetz... das ist doch toll... wo gibt es das schon... sicher nicht im Steuerrecht... :wink:

und deswegen ist es auch so wichtig, dass die Waidgerechtigkeit auf die sich schlussendlich eben auch das Gesetz abstützt, nicht von persönlichen Ethikern gekidnapped wird...
so wurde es doch letztens erst von dieser Sekte "DJV" versucht einen 'Anscheinparagraphen' über die Jagdschiene wieder einzuführen, weil da einige Sektierer meinten die Waidgerechtigkeit für ihre eigenden niederen Beweggründe ins Feld zu führen...
'pöse Pusten sind unwaidgerecht und deswegen sind wir "Jäger" für ein Verbot dieser Pusten...'

und weil man die Waidgerechtigkeit nicht nur unbemerkt versucht zu missbrauchen, sondern weil sie einem auch gänzlich im Weg stehen kann versuchen andere Sekten wie "ÖJV" sich ihrer zu entledigen, damit sie freie Hand haben...
deswegen sollte Religion vom Staat getrennt sein und bleiben... :wink:
 
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SheepShooter schrieb:
Mohawk schrieb:
Insofern kann ich auch die Bedenken verstehen, die mit der Beibehaltung des Begriffs verbunden sind. Ich stehe nur auf dem Standpunkt, dass ein Auffangtatbestand zwingend notwendig ist und dass eine bloße Auswechslung der Begrifflichkeiten auf Dauer nichts bringt. Denn die "Meinungsfaschisten", die gestern die Waidgerechtigkeit missbrauchten, werden sich morgen der neuen Formulierung bedienen. Ich denke, wir haben demnach lediglich eine unterschiedliche Zukunftsprognose, was eine Auswechslung des Begriffs bringen würde. Du hast aber Recht, dass die Trennung zwischen Ethik und Handwerk deutlicher wäre.

Der Auffangtatbestand hat ja die AUFGABE, das, was noch nicht nomativ KLAR geregelt ist durch die Ermittlung sozusagen der Querschnitts-Ethik-und-Moral der Jäger rechtlich greifbar zu machen. Es kann damit m. E. keine Trennung dieses Auffangtatbestandes von der ethisch-moralischen Betrachtung der Jagd geben, und damit sind wir wieder dicht am Anfang und dabei nicht über die Schlossallee gezogen ... :(

die Waidgerechtigkeit im Gesetz soll dazu dienen, dass nicht irgendwo im Gesetz steht 'wer mutwillig Wild beschiesst und verfehlt wird bestraft mit...'
'wer mutwillig Wild mit ungeeigneten Geschossen beschießt, die hohes Leid erzeugen können, wird...' 'wer nachts Wild trotz unzureichender Sichtverhältnisse und Ausrüstung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Fehltreffern beschiesst, wird...'
Das Gesetz verzichtet darauf... denn all diese Fälle gelten als unwaidgerecht und entsprechend kann man sie alle unter dem Hauptbegriff Waidgerechtigkeit zusammenfassen... den laut Waidgerechtigkeit schießt man nicht auf Wild, dass man nicht mit hoher Sicherheit trifft...
und jeder der in irgendeiner Weise gegen die Waidgerechtigkeit verstößt kann dann, weil das Gesetz die Waidgerechtigkeit strafbewehrt hat, verfolgt und bestraft werden...

Genau so sehe ich das auch. Damit haben wir zwar das, was man Auffangtatbestand nennt, aber das ist begriffliche Haarspalterei.

@ Mohakw: Waidgerechtigkeit als Auffangatbestand ist nicht überflüssig, weil ich durch sachliche Verbote niemals alles erfassen kann.
 
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Mohawk schrieb:
Waidgerechtigkeit ist NATÜRLICH mit Ethik und Moral verbunden,...
Diese Verbindung sehe ich primär in der Bereitschaft des Jägers, sich an die vereinbarten Spielregeln (z.B. Gesetze) zu halten.

basti
 
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Hunsrückwilderer schrieb:
@ Mohakw: Waidgerechtigkeit als Auffangatbestand ist nicht überflüssig, weil ich durch sachliche Verbote niemals alles erfassen kann.
Gib' uns doch mal ein Beispiel, wo sachliche Verbote nicht ausreichen würden.

basti
 
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Hunsrückwilderer schrieb:
SheepShooter schrieb:
Mohawk schrieb:
Insofern kann ich auch die Bedenken verstehen, die mit der Beibehaltung des Begriffs verbunden sind. Ich stehe nur auf dem Standpunkt, dass ein Auffangtatbestand zwingend notwendig ist und dass eine bloße Auswechslung der Begrifflichkeiten auf Dauer nichts bringt. Denn die "Meinungsfaschisten", die gestern die Waidgerechtigkeit missbrauchten, werden sich morgen der neuen Formulierung bedienen. Ich denke, wir haben demnach lediglich eine unterschiedliche Zukunftsprognose, was eine Auswechslung des Begriffs bringen würde. Du hast aber Recht, dass die Trennung zwischen Ethik und Handwerk deutlicher wäre.

Der Auffangtatbestand hat ja die AUFGABE, das, was noch nicht nomativ KLAR geregelt ist durch die Ermittlung sozusagen der Querschnitts-Ethik-und-Moral der Jäger rechtlich greifbar zu machen. Es kann damit m. E. keine Trennung dieses Auffangtatbestandes von der ethisch-moralischen Betrachtung der Jagd geben, und damit sind wir wieder dicht am Anfang und dabei nicht über die Schlossallee gezogen ... :(

die Waidgerechtigkeit im Gesetz soll dazu dienen, dass nicht irgendwo im Gesetz steht 'wer mutwillig Wild beschiesst und verfehlt wird bestraft mit...'
'wer mutwillig Wild mit ungeeigneten Geschossen beschießt, die hohes Leid erzeugen können, wird...' 'wer nachts Wild trotz unzureichender Sichtverhältnisse und Ausrüstung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Fehltreffern beschiesst, wird...'
Das Gesetz verzichtet darauf... denn all diese Fälle gelten als unwaidgerecht und entsprechend kann man sie alle unter dem Hauptbegriff Waidgerechtigkeit zusammenfassen... den laut Waidgerechtigkeit schießt man nicht auf Wild, dass man nicht mit hoher Sicherheit trifft...
und jeder der in irgendeiner Weise gegen die Waidgerechtigkeit verstößt kann dann, weil das Gesetz die Waidgerechtigkeit strafbewehrt hat, verfolgt und bestraft werden...

Genau so sehe ich das auch. Damit haben wir zwar das, was man Auffangtatbestand nennt, aber das ist begriffliche Haarspalterei.

@ Mohakw: Waidgerechtigkeit als Auffangatbestand ist nicht überflüssig, weil ich durch sachliche Verbote niemals alles erfassen kann.

Ich bestreite ja auch nicht die Notwendigkeit eines Auffangtatbestandes (mir ist nur die Verwendung des Begriffes "waidgerecht" dafür aus diversen, schon dargelegten Gründen nicht so recht), aber sheepy hat schlicht Unrecht wenn er diesen dann nur auf sachliche Verbote bezieht (denn alles andere ist eben doch ethisch-moralisch). Diese Trennung, die ihr gestern gefunden zu haben meintet ist m. E. eben nicht möglich.

Viele Grüße,

Joe
 
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Verstehe ich grundsätzlich. Langsam kommt der Thread aber in Bereiche, wo es fundamental wird und ein Ausdiskutieren bis aufs letzte wenig Sinn macht.
 
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Mohawk schrieb:
Doch, es ist einer - meinen jedenfalls die Juristen. Oder habe ich die falsch verstanden?
Waidgerechtigkeit ist kein CatchAll, wie man in der Technik sagen würde... den sie Catched nicht All...sie deckt nur einen definierten Bereich ab...

aber die Waidgerechtigkeit ist dann kein Auffangtatbestand... schon garnicht für Ethik und Moral...
In diesem Sinne wird sie aber im BJG genannt, denn sonst bräuchte man sie nicht!
wird sie... wo denn...? steht irgendwo ' trotz anderslautender Definition beinhaltet die Waidgerechtigkeit, in Sinne dieses Gesetzes, auch die persönliche Jagdethik des einzelnen'...? das hatten wir doch schon, dass dann keiner mehr unwaidgerecht handeln kann... und dann bräuchte man sie wirklich nicht mehr...
zum Glück ist das nicht so...


Sachliche Verbote kann ich klar abgrenzen und in aller Regel auch (naturwissenschaftlich / technisch) überprüfen. Dafür brauche ich keinen Auffangtatbestand.
ich hatte doch oben versucht dazulegen, dass gerade die Sachlichen Verbote nichts mit Waidgerechtigkeit zu tun haben und nur den von der Waidgerechtigkeit abweichenden Willen des Gesetzgebers darstellen...
zeig mir ein Sachliches Verbot, was nicht gegen oder nicht schon besser durch die Waidgerechtigkeit abgedeckt ist...

hier möchte ich zu deinem weitern Beitrag:
aber sheepy hat schlicht Unrecht wenn er diesen dann nur auf sachliche Verbote bezieht (denn alles andere ist eben doch ethisch-moralisch)
nochmal wiederholen, dass Waidgerechtigkeit sich nicht auf die Sachlichen Verbote bezieht... die Sachlichen Verbote beziehen sich höchsten auf Teilaspekte der Waidgerechtigkeit... und in Tielen - wie gezeigt - sind sie sogar gegen die Waidgerechtigkeit...



[quote:1ybriomr]
die Waidgerechtigkeit im Gesetz soll dazu dienen, dass nicht irgendwo im Gesetz steht 'wer mutwillig Wild beschiesst und verfehlt wird bestraft mit...'
'wer mutwillig Wild mit ungeeigneten Geschossen beschießt, die hohes Leid erzeugen können, wird...' 'wer nachts Wild trotz unzureichender Sichtverhältnisse und Ausrüstung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Fehltreffern beschiesst, wird...'
Das Gesetz verzichtet darauf... denn all diese Fälle gelten als unwaidgerecht und entsprechend kann man sie alle unter dem Hauptbegriff Waidgerechtigkeit zusammenfassen...
Ja, dafür ist der Begriff da und jetzt verrate mir bitte, wo bei den von Dir genannten Beispielen KEINE ethisch-moralische Wertung drinsteckt?
der mutwillig schlechte Schuss auf Wild ist immer falsch, egal ob die eigene Moral/Ethik es gut heißt oder nicht...
denn mit Ethik und Moral, kann man sich selbst den mutwillig schlechten Schuss gut reden... man kann sich sogar den Nicht-Schuss schön reden... für die Waidgerechtigkeit bleibt aber der mutwillig schlechte Schuss - getan oder nicht - immer unwaidgerecht, egal wie man es dreht und wendet und egal welche Werte der einzelne hat... so ist es auch im Sprachgebrauch...: "ich konnte nicht schiessen... das war einfach nciht möglich... das wäre unwaidgerecht gewesen..."
Waidgerechtigkeit ist faktisch und praxisbezogen... es hat nicht mit Bauchgefühl zu tun...


und im Gegensatz zu einem alles auffangenden Auffangtatbestand fängt die Waidgerechtigkeit nicht alles auf...
Wo steht, dass ein Auffangtatbestand ALLES auffangen muss? Er muss das auffangen, was "unakzeptabel" ist, nicht alles, was "unerwünscht" ist.
und selbst dann ist Waidgerechtigkeit im Gesetz kein Auffangtatbestand im Sinne des Wortes... denn er hat klare Grenzen, die nicht verschoben werden können um noch was 'aufzufangen'...

sondern halt nur die fachliache Praxis... und schon garnicht fängt sie ethisches oder moralisches auf... die Waidgerechtigkeit beschäftigt sich nur mit der Tat, der Handlung...
Ach so - wenn ich die abhängig führende Bache schiesse ist das Deiner Meinung nach nur handwerklich-technisch verwerflich, nicht moralisch?
:?
du muss schon alles lesen was ich hier von mir gebe...
ich schrieb einige Beiträge weiter oben, dass der Vorgang der Erlegung einer führenden Bache (ob nun abhängig oder nicht) waidgerecht sein kann oder nicht (guter Schuss gegen mutwillig schlechten Schuss)... ja sogar vom Gesetz her erlaubt wäre...moralisch aber für mich inakzeptable ist...
um es nochmal zu erklären, daraus ergibt sich Zweierlei...
erstens geht es um die Moral von der Geschichte... ich finde es persönlich unmoralissch eine führende Bache zu schiessen, auch wenn es mir das Gesetz erlauben sollte... andere finden es moralisch akzeptabel... da sieht man schon warum Moral und Waidgerechtigkeit gerade im Gesetz nicht zusammengehören dürfen... denn dann erlaubt die Moral alles...

zweitens wenn man schon wegen der eigenen moralischen Vorstellungen eine führende Bache schiessen will, dann soll man das gefälligst waidgerecht - fachlich richtig - machen und nicht mutwillig schlechte Schüsse provozuieren, nicht ausreichende Kaliber dafür verwenden, keine unzulänglichen Geschosstypen benutzen und keine anderen gefährden (von anderen Schweinen freies Schussfeld)...


sollte die Waidgerechtigkeit mit Ethik und Moral verbunden sein und auch so im Gesetz gemeint sein, dann wäre es gut schonmal die Scheiterhaufen aufzuschütten...
Waidgerechtigkeit ist NATÜRLICH mit Ethik und Moral verbunden, aber nicht mit Brauchtum etc.!! DAS ist das Problem, weil viele Leute das nciht klar trennen (können).
von Brauchtum war hier nicht die Rede...
Deine rein technische Auffassung der Waidgerechtigkeit geht m. E. meilenweit am Kern der Problematik vorbei. :(
deine moralisch/ethische Auffassung geht dagegen sehenden Auges in den Untergang... weil dir jeder alles mit Moral und Ethik erklären kann...
ich hole mal ganz weit aus - möchte es aber nicht als Nazikeule verstanden wissen nur als faktisches Beispiel aus der jüngeren Geschichte - aber es war mal moralisch und ethisch vertretbar Juden einzufangen und für fragwürdige Menschenversuche zu benutzen und sie systematisch auszurotten... anderswo ist das noch gute moralisch/ethische Praxis... da frage ich mich doch ernsthaft, ob man in solchen Fragen Moral und Ethik auf den Thron setzen sollte...
in anderen Teilen der Welt ist das töten von Ungläubigen moralisch vertretbar...
in woanders ist es morlaisch vertretbar als Katholik Protestanten anzugreifen und umgekehrt...
ganz toll das mit der Moral und der Ethik... das wünscht man sich doch gleich in einem Gesetz... :roll:

ich bring mal ein anderes Beispiel aus einer anderen näheren Praxis...
vor mir hat einer einem die Vorfahrt unnötiger Weise gewährt...
ich kam zwar überrascht, aber trotzdem noch gut hinter dem Vordermann zum stehen...
die nächsten zwei hinter mir nicht... und die hingen mir dann hinten drauf...
nun kam es zur Schuldfrage...
objektiv fachgerecht (analog zu waidgerecht) waren die beiden Auffahrer schuld...
nach ihrer eigenen Moralvorstellung war aber nur der schuld, der ganz vorne unnötiger Weise einem anderen die Vorfahrt gewährt hat...
hätte der das nicht gemacht, dann hätte ich nicht halten müssen und die anderen wären mir nicht hinten drauf gefahren...
der Polizist, der sich diese Moralvorstellungen anhören musste, verwies auf die gängige (allgemein und anerkannter Grundsatz) Praxis, dass jeder so zu fahren hat, dass er in so einer Situation ohne Unfall zum stehen kommt...
hätten wir jetzt sowas in den Gesetzen für den Strassenverkehr wie du dir die moralische Waidgerechtigkeit im JagdG vorstellst, dann hätten wir jetzt einen vorfahrtgewährenden Unfallflüchtigen... denn die Auffahrer wären ja moralisch im Recht und unschuldig...
ganz toll... :?
[/quote:1ybriomr]
 
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basti schrieb:
Hunsrückwilderer schrieb:
@ Mohakw: Waidgerechtigkeit als Auffangatbestand ist nicht überflüssig, weil ich durch sachliche Verbote niemals alles erfassen kann.
Gib' uns doch mal ein Beispiel, wo sachliche Verbote nicht ausreichen würden.

basti

Bsp.:
Schuss auf den laufenden Fasan. Wenn der Fasan noch nicht verletzt ist --> nicht waidgerecht. Ist der schon verletzt --> Fangschuss, waidgerecht. Schreibe ich jetzt entweder / oder ins Gesetz muss der Schütze vor dem Schuss prüfen, ob der Fasan z. B. geflügelt ist oder nicht. Und das Gesetz wird sehr lang, weil ich jeden Tatbestand regeln muss und Ausnahmen von den Ausnahmen konstruieren muss. Man verwendet ja unbestimmte Rechtsbegriffe eben um NICHT alles regeln zu müssen, eine gewisse Anpassung der Regeln ohne den Umweg "Gesetzgebungsverfahren" zu erlauben und einen Auslegungsspielraum für die Betroffenen zu wahren. Die juristische Literatur nennt sicher noch mehr Gründe, aber das waren die, die mir aus den Vorlesungen hängen geblieben sind.

Ich hätte oben vielleicht schreiben sollen: "... weil man durch sachliche Verbote nicht alles fassen kann, ohne das Gesetz zu starr, zu umfangreich und damit in praxi nicht mehr handhabbar zu machen. Und weil man immer wieder vor der Frage stehen wird: Das steht nicht konkret im Gesetz, was mache ich nun?"

Versuche doch mal, mit ein paar einfachen, klaren Regeln die Schussabgabe auf Drückjagden zu fassen, so dass alle MÖGLICHEN Situationen davon abgedeckt sind und das ganze OHNE unbestimmte Begriffe ... ;)

Viele Grüße,

Joe
 
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@ basti:

- Der Schuss auf spitz stehendes Wild
- Der Schuss auf nicht frei stehendes Wild (mitten in die Rotte)
- Der Schuss ohne Anzusprechen
- Der Schuss auf den schwarzen Klumpen der kein vorne und kein hinten hat
- Ein Schuss auf vorher nicht gemessene 350 Meter ohne ASV und genauer Kenntnis der Treffpunktlage stehend angestrichen am Latschenzweig.
 
A

anonym

Guest
basti schrieb:
Eine Doppelregelung muss nicht sein, denn das Gebot zur Weidgerechtigkeit im BJG umfasst IMHO auch die Beachtung andere Gesetze.
Das scheint zunächst der Formulierung in Deiner Signatur zu entsprechen, und dass diese in ihrer geradezu römischen Knappheit und Geradlinigkeit mir gefällt, hatte ich ja schon früher bekundet:

"Weidgerecht ist ein Jäger, wenn er im Rahmen der geltenden Gesetze handelt und dabei den aktuellen Stand des jaglichen Wissens und des handwerklich/technischen Fortschritts berücksichtigt."

Dennoch enthält sie eine verdeckte, und nicht für jeden sofort erkennbare Schwäche. Es kommt darauf an, wie man die Signatur-Aussage nun genau liest oder versteht, also mal wieder auf die Semantik.

Sinnvoll gelesen (mMn) muß sie verstanden werden als: "Weidgerecht ist ein Jäger immer dann, wenn...",
und nicht als "Weidgerecht ist ein Jäger nur dann, wenn...".

Denn es gibt viele denkbare (und auch durchaus realistische) Situationen, in denen ein Handeln sowohl jagdlich fachgerecht ist, als auch moralisch i.O. oder ethisch zumindest nicht zu beanstanden ist, dennoch aber formal gegen eine Rechtsnorm verstößt.

Umgekehrt fiele es mir schwer, eine Situation zu (er)denken, in der ein Verhalten sowohl dem Gesetz entspricht, als auch (!) fachlich in Ordnung ist, und dennoch ethisch nicht mehr vertretbar sein sollte. Das sind eigentlich nur Fälle, in denen eine überholte Gesetzeslage ebenso wie eine bestimmte subkulturelle Praxis nicht mehr im Einklang mit den Wertvorstellungen der Mehrheit stehen.

Können wir uns auf die von mir oben vertretene notwendige Präzisierung "immer dann, wenn" einigen?

Carcano
 

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