Liebe Alle,
ich habe da eine Verständnisfrage. Ich hab die Munition gewechselt. Gestern war ich zum Einschießen auf den Schießstand, das erste Mal, daß ich selber eingeschossen habe, der Schießvereinspräsi war so nett, mir zu zeigen wie das richtig funktioniert und darauf zu achten, daß alles seine Richtigkeit hat.
Ich bin jetzt etwas unsicher, wie ich mich mit dem Thermic-Vorsatz, genauer Hunt335 zu verhalten habe? Im Prinzip muß ich das Ding dann doch ganz genauso einschießen? Wärmepäd auf die Scheibe, eine 10 draufmalen und einschießen? Richtig? Oder hab ich irgendwo einen Denkfehler?
Hallo erwinelch.
Methodische Betrachtung des Einschießens.
Die Ergebnisse und Anforderungen, die du an das Einschießen einer Waffe oder die Korrektur von thermalen Vorsatzgeräten hast, sind entscheidend.
Es ist wichtig zu betonen, dass das Einschießen einer Waffe keine Aufgabe ist, die man mal eben nebenbei erledigen kann. Dies gilt auch für thermale Vorsatzgeräte, wenn eine Korrektur notwendig erscheint.
Um die erreichbare Präzision einer Kombination aus Waffenleistung und Vorsatzleistung zu beurteilen, ist es sinnvoll, die potenziellen Ergebnisse und deren Auswirkungen zu betrachten. Hier sind einige Überlegungen und Berechnungen dazu:
Das Hunt335 hat eine Brennweite von 35mm und einen Pixelpitch von 12µm. Betrachtet man dies auf eine Distanz von 100m, ergibt sich eine "Realitätsverschiebung" von 3,4cm in den x und y Koordinaten. Das bedeutet, dass man auf einen Zielpunkt in der Landschaft zielt, der um maximal 3,4cm verschoben ist. In welche Richtung (x oder y) genau, ist unbekannt. Daher zielt man auf einen Punkt, der nicht dort ist, wo man ihn sieht.
Allgemein übliche Streuungsmaße (Streukreise) bei Jagdwaffen erreichen eine Spannweite von etwa 4cm, was im jagdlichen Bereich von vielen als ausreichend angesehen wird. Wenn jedoch ein Vorsatzgerät mit bekanntem Pixelwinkel (Pixelabdeckung) vorgeschaltet wird, verändert sich zwangsläufig die Standardabweichung und Spannweite, was zu einem größeren Streukreis führt.
Als Faustregel kann man annehmen, dass man die Pixelabdeckung zum aktuellen Streukreis der Waffe addiert, um den zu erwartenden neuen "Streukreis" zu berechnen. In diesem Fall wären das 3,4cm + 4cm = etwa 7cm als theoretische Annahme. Es ist jedoch nicht ungewöhnlich, dass Streuungsmaße und Spannweiten bis zu 10cm betragen.
Obwohl es sich hierbei um eine Abschätzung handelt, wurden messbare Methoden entwickelt, um solche und ähnliche Gegebenheiten zu berechnen. Das klingt kompliziert, ist es auch, aber es gibt nützliche Hilfsmittel, die vorberechnete Werte als Ausgangspunkt nutzen können. Ein sehr wichtiger Wert ist das Konfidenzintervall, das besagt, dass mit zunehmender Anzahl an Schüssen die Varianz abnimmt. Anders ausgedrückt: Je mehr Schüsse abgegeben werden, desto kleiner wird der "Streukreis", innerhalb dessen man mit etwa 68 % aller Treffer auch tatsächlich trifft.
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Schussanzahl --- Konfidenz-Intervalls (c)
---------------------------------------------
3 --- 2,48
5 --- 1,24
10 --- 0,71
12 --- 0,64
16 --- 0,53
20 --- 0,47
30 --- 0,37
1000 --- 0,06
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Aus der Tabelle ist ersichtlich, dass ein Konfidenzintervall (c) von 0,71 bereits einen guten und ausreichenden Wert darstellt, um sehr gute jagdliche Anforderungen zu erfüllen. Allerdings sind dafür mindestens 10 Schüsse erforderlich.
Um dies zu verdeutlichen um messbare und beweisbare ergebnisse zu erzielen hier ein Beispiel:
Ballistik, Zufall, Statistik, Arithmetisches Mittel, Streuungsmaße, Varianz und Spannweite:
Das arithmetische Mittel (auch Mittelwert) beschreibt den statistischen Durchschnittswert deiner Daten.
Zur Berechnung addieren wir alle Beobachtungsdaten und teilen dann die Summe durch die Anzahl der Daten.
Streuungsmaße
Streuungsmaße werden in der deskriptiven Statistik verwendet, um die Verteilung und die Streubreite von Daten anzugeben.
Zu den Streuungsmaßen zählen
die Varianz
die Standardabweichung
die Spannweite
Varianz
Die Varianz gibt an, wie sich deine Beobachtungswerte um den Mittelwert aller Beobachtungen verteilen.
Standardabweichung
Die Standardabweichung ist ein Maß für die Streuung von Daten. Sie gibt an, in welchem Umfang erhobene Werte vom Durchschnittswert abweichen.
Spannweite
Die Spannweite ist der Abstand zwischen dem kleinsten und dem größten Wert des Datensatzes.
Das Konfidenz-Intervall
Aus einer Stichprobe von n Werten (x1, x2, ..., xn) werden deren Mittelwert m und empirische
Standardabweichung S ermittelt. Falls die Grundgesamtheit zur Stichprobe normalverteilt ist,
so kann man um m herum die Grenzen eines Konfidenz-Intervalls angeben, welches mit
einer Wahrscheinlichkeit von 95% den Erwartungswert µ überdeckt. Die Werte des Faktors c
(Aufstellung unten), wie die Grenzen des Konfidenz-Intervalls mit
zunehmendem Umfang n der Stichprobe immer wie enger werden, das bedeutet nichts
anderes, als dass die Mehrdeutigkeit der Stichprobe mit zunehmender Grösse abnimmt und
sich ihr empirischer Mittelwert m dem wahren Mittelwert µ annähert
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Schussanzahl
--- Konfidenz-Intervalls (c)
---------------------------------------------
3 --- 2,48
5 --- 1,24
10 --- 0,71
12 --- 0,64
16 --- 0,53
20 --- 0,47
30 --- 0,37
1000 --- 0,06
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Die angegebenen Werte wurden anhand der Pixelverhältnisse in den x- und y-Koordinaten mit einem Bildbearbeitungsprogramm (GIMP) ermittelt.
Mittlerer Treffpunkt x,y (m):
257 --- 587
348 --- 524
481 --- 509
554 --- 420
436 --- 410
338 --- 386
270 --- 423
276 --- 312
414 --- 329
497 --- 332
453 --- 261
320 --- 232
4644:12=387 4729:12=394
Mittlere quadratische Abweichung:
Der Durchmesser des Streukreises wird durch die am weitesten außen liegenden Treffer bestimmt. Das hat den Nachteil, dass unabhängig vom übrigen Schussbild schon ein einzelner Treffer weit abseits der anderen Treffer den Streukreis vergrößert, so dass allein anhand des Streukreises keine schlüssigen Aussagen über die tatsächliche statistische Trefferleistung möglich sind.
Um solche Aussagen treffen zu können, muss die mittlere quadratische Standardabweichung Lm ermittelt werden.
Hierzu werden die Abstände der Treffer L1 , L2 ,... vom mittleren Treffpunkt benötigt.
Aus den Quadraten der Abstände und der Anzahl der Treffer n wird mit
Lm = sqrt(∑ sqr(L) / n − 1); die mittlere quadratische Standardabweichung errechnet.
Lm = sqrt(sqr(L1) + sqr(L2) + sqr(L3) + sqr(L4) + sqr(L5) + sqr(L6) + sqr(L7) + sqr(L8) + sqr(L9) + sqr(L10) + sqr(L11) + sqr(L12) / 12-1);
sqr(175) = 30625
sqr(149) = 22201
sqr(138) = 19044
sqr(73) = 5329
sqr(127) = 16129
sqr(44) = 1936
sqr(55) = 3025
sqr(170) = 28900
sqr(117) = 13689
sqr(150) = 22500
sqr(138) = 19044
sqr(230) = 52900
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235322 / 12-1 = 21392 --> Lm = sqrt(21392) = 146,3
Lm = 146,3
Dieser Radius (m = 146,3 =
68% aller Treffer) um die Mitte dass ist die
Standardabweichung oder Varianz und ist das Mass für die Streuung, mit ihr kann der
Schütze die Qualität seiner Waffe (oder seiner Schiesskunst) sowie seine Treffererwartung (Wahrscheinlichket) beurteilen bzw. abzschätzen.
Quellen:
LG. WAKAN