Das Wild ist dem Menschen mit seinen Sinnen und ggf. seiner Körperkraft überlegen. Wenn wir durch allzu viel Technisierung der Jagdausübung diese Überlegenheit völlig ausgleichen, worin liegt dann noch der Reiz des Nachstellens, des Beutemachens ?
Denn letztlich ist es dann allenfalls noch die fehlerfreie Beherrschung der Technik, die uns vom Jagderfolg trennen - überspitzt ausgedrückt.
Es war hier mehrfach irgendwo zu lesen, dass durch den Einsatz irgendeines aktuellen technischen Gimmicks die Büchse der Pandora geöffnet wird. Wenn man in griechischer Mythologie aufgepasst hat, weiß man, dass Pandora selbst die Büchse geöffnet hat und ich wüsste nicht, dass irgendjemand die ganzen entwichenen Übel wieder reingestopft hätte...
Ich bin alt genug, habe genug erlebt, gesehen, gehört, gelesen um mir keine Illusionen über die Natur des Menschen zu machen - was technisch machbar ist, wird auch gemacht werden!
Meister Löns hat in "Der Überjäger" erstaunlich hellsichtig (und mir lesbarem Gruseln) den Jäger im Jahr 1999 beschrieben. Wenn man nun mit heutigem Wissen weiterdenkt:
In der Materialforschung werden gerade Grundlagen für neue Sensortechnologien gelegt, die die komplette Optik, wie wir sie heute basierend auf geschliffenen Linsen kennen, überflüssig machen wird. Bei Marktreife in 5 / 10 / 15 Jahren werden wir dann statt ZF ein Gerät von der Größe eines heutigen Smartphones auf die Büchse stecken (oder vielleicht auch nur unser Smartphone um die entsprechenden "Features" "updaten") und dieses kleine Gerät liefert dann beliebige Vergrößerungen, Wärmebild und Restlichtverstärkung frei Haus. Weitere Funktionen gegen Aufpreis:
Automatische Ansprechhilfe aktivieren? Ja / Nein
(wegen Tierschutz, keine Fehlansprachen mehr)
Automatische Schußauslösung bei optimalem Haltepunkt aktivieren? Ja / Nein
(wegen Tierschutz, kein Mucken mehr und damit deutlich weniger krankgeschossenes Wild)
Automatische Zielerfassung aktivieren? (nur mit optionaler Gewehrhalterung Autokill XS 2030) Ja / Nein
(wegen Tierschutz, Fehlerquelle Mensch ausschalten!)
Oder etwas näher dran:
Heute suchen wir Kitze in den zu mähenden Wiesen mit Drohne und Wärmebildkamera. Ist ja deutlich effektiver und Zeit hat eh kaum mehr jemand dafür oder keinen Hund, der sowas kann. Aus Tierschutzaspekten also absolut zu befürworten...
Wie wäre es denn damit:
Bestätigung der Rotten in den Einständen mit Drohne und Wärmebildkamera für die deutlich effektivere Drückjagd.
Bestätigung der Feisthirschrudel mit Drohne und Wärmebildkamera für die deutlich effektivere Feisthirschjagd.
Suchen der Sauenrotten im Feld mit Drohne und Wärmebildkamera; macht die nächtliche Pirschjagd im Feld noch effektiver als die WBK am Mann.
Ich bin nichtmal sicher, ob das Themen für morgen sind oder schon Alltag.
Mit solchen Szenarien kann man nun noch ein paar Seiten füllen. Die Grundaussage bleibt: was möglich ist, wird gemacht werden. Vorneweg die "Gear Freaks" und die "Effektiven Wildtiermanager" mit der Monstranz "Tierschutzgerechte Jagd" in der Hand, hinterher die breite Masse, die zwar vielleicht etwas Bauchschmerzen dabei hat, aber mitmacht, weil es ja eh alle machen.
Und warum auch nicht? WENN es bei der Jagd tatsächlich nur um das möglichst effektive und tierschutzgerechte Reduzieren von Wildbeständen geht, dann ist das doch alles legitim und nützlich. Und sein wir ehrlich: Verbote werden nicht helfen bzw. wird es nicht geben. Und selbst wenn: Stück für Stück werden diese Verbote dann ignoriert und geschleift, wir kennen die "alternativlosen" Argumentationen doch zur Genüge und sehen gerade, was im Rahmen der ASP-Hysterie leichthin über Bord geworfen wird. Was möglicht ist, wird gemacht werden, früher oder später.
Als Hoffnung bleibt nur, auf gewisse Selbsterkenntnisse der Jäger zu setzen. Vielleicht finden genügend Jäger andere Antworten auf die Frage, was Jagd ist und warum sie jagen jenseits der Effektivität, Effizienz und all der anderen kalten rationalen Argumentationen. Ich bin alt genug, habe genug erlebt, gesehen, gehört, gelesen um eine persönliche Theorie über die Natur und die Seele des Menschen zu haben und ich glaube, dass der Mensch bestimmte Dinge braucht, um sich glücklich und wohl zu fühlen. Keines dieser Dinge kann man kaufen und manch ein Jäger mag diese Dinge auch in der Jagd suchen - ich z.B. Das muss ich hier nun nicht weiter ausbreiten, sondern kann zusammenfassen:
Was möglich ist, wird gemacht werden. Verbote helfen nicht dauerhaft. Die einzige Chance ist die Hoffnung auf Selbsterkenntnis und daraus folgend Selbstbeschränkung.
Hoffnung war übrigens der einzige positive Inhalt von Pandoras Büchse. Die Hoffnung konnte aber nicht entweichen, die Büchse wurde vorher geschlossen und die Welt damit ein hoffnungsloser Ort. Nietzsche , boshaft wie er war, hat das allerdings ganz anders gesehen: "
Zeus wollte nämlich, dass der Mensch, auch noch so sehr durch die anderen Übel gequält, doch das Leben nicht wegwerfe, sondern fortfahre, sich immer von Neuem quälen zu lassen. Dazu gibt er dem Menschen die Hoffnung: sie ist in Wahrheit das übelste der Übel, weil sie die Qual der Menschen verlängert."