Ich versuche das mal ein wenig differenziert zu sehen. Die Heldengeschichten von den ganz Alten kenne ich auch - ich sehe sie jetzt aber auch da hocken mit Rheuma, Gicht, chronischer Blasenentzündung und was weiß ich noch alles... "Hab ich mir damals in Stalingrad geholt, saukalter Winter und nur untaugliche Klamotten weil der GRÖFAZ kein besseres Material freigegeben hat... ach nee, stimmt gar nicht, hab ich mir 1982 beim Sauenansitz geholt, saukalter Winter und nur untaugliche Klamotten, weil die GÖGA kein besseres Material freigegeben hat..."
Insofern bin ich als zugegebener Frostköttel schon froh, ein paar wirklich warme Klamotten zu haben.
Was ich aber mit Bedauern und Befürchtungen feststelle ist: es wird zunehmend versucht, Jagderfolg zu erkaufen. Statt sich mit dem Wild, seinem Verhalten und darauf angepassten Jagdstrategien zu beschäftigen und daraus befriedigendes jagdliches Erleben und auch mal Jagderfolg zu ziehen, wird die Ausrüstung optimiert und technisch aufgerüstet nach dem Motto: "Wenn ich erstmal die vollkommen geräusch- und geruchlose Tarnklamotte, das ZF mit Top-Transmission, die WBK, das NZG habe, DANN klappt es auch mit der Sauenliquidation an der Kirre..."
Ich merke aber gerade, dass auch das nochmal zu differenzieren ist: es gibt zwei Arten von Jagdscheininhabern, bei denen ich das kalte Gruseln bekomme.
Das eine ist der Ausrüstungs-Extremist. Das ist der, den ich oben beschrieben habe. Der arbeitet nicht an seinem jagdlichen Können, sondern an seiner Ausrüstung, seiner jagdlichen Garderobe, seinen Waffen und Jagdautos. Wenn er denn überhaupt mal zu Jagd kommt und was erlegt, ist das der Sieg seines technisches Equipments über das Tier. Dass ihm da möglicherweise etwas abhanden kommt - Dinge wie jagdliches Erleben, jagdliches Können, das Verlassen-müssen auf die eigenen Fähigkeiten - merkt er möglicherweise gar nicht. Wahrscheinlich ist es ihm auch egal. Denn statt des Jagdscheins hätte er auch den Segelschein oder die Platzreife erwerben können und hätte mit diesen Hobbies genausoviel Spaß, weil es auch da viele tolle Sachen zu kaufen gibt...
Der andere argumentiert schlau: jedes neue technische Gimmick wird sofort integriert, weil es ihm dadurch möglich gemacht wird, schneller, sicherer und effektiver Wild zu erlegen. WBK? Super, da kann ich effektiver im Feld die Sauen schießen und Wildschaden verhindern. NZG? Super, da kann ich auch im Stockdunkeln an der Kirre Sauen erlegen und damit die ASP bekämpfen. Halbautomaten? Super, da kann ich dann auch mal 5 Schuß (...) auf das Großrudel Rotwild loswerden und damit helfen, die überbordende Population einzuhegen. Usw. Usf. Seine Kritiker müssen sich sagen lassen, dass sie sich mit der Ablehnung der technologischen Aufrüstung einer tierschutzgerechteren Jagd und den gesellschaftlichen Anforderungen an die Jagd verweigern und damit eine Gefahr für die Jagd an sich sind.
In einem servilen Untertanengeist passt er sein jagdliches Tun der herrschenden Zeitgeist-Koalition aus disneygesättigtem, menschen- und kulturfeindlichem Ökofaschisten und den kalten betriebswirtschaftlichen Nutzenmaximierern in Wald und Feld an (diese Koalition funktioniert - trotz der inneren Widersprüche - erstaunlich gut getreu dem Motto: "Der Feind meines Feindes ist mein Freud". Wenn man den gemeinsamen Feind niedergerungen hat, wird man sich dann zwar gegenseitig die Köpfe einschlagen. Aber bis dahin...). Von diesem Typ kommen z.B. Sätze wie: "Der Drilling ist jagdlich nicht brauchbar, es gibt nichts was man mit einem Repetierer nicht besser könnte. Schrot oder kleine Kugel aus dem Einstecklauf braucht kein Mensch, was soll man damit auch schießen? Füchse? Wozu? Aber der schnelle 2, 3, 4, 5 Schuß, der ist wichtig..."
Er nennt sich vielleicht sogar noch Jäger, ist aber -freundlich ausgedrückt- Schalenwildmanager; unfreundlich ausgedrückt Schädlingsbekämpfer. Auch hier kaum Empfänglichkeit für jagdliches Erleben jenseits der neuen DJ-Rekordstrecke; wenig Verständnis für die Jagd auch als kulturelle Tradition mit all ihren ererbten Macken und Marotten; gar kein Verständnis für das Jagen als Ausdruck eines tief empfunden seelischen Einklangs mit der Natur (schon bei so einem Satz bekommt er wahrscheinlich Brechreiz). Was zählt ist Effektivität und Effizienz. Zeitgeistkonform.
Ich weiß, alles Klischees. Überspitzt und plakativ. Ja. Aber ich sehe diese Leute und es werden nach meiner Wahrnehmung immer mehr. Und das gefällt mir nicht. Weil sie die Jagd kaputt machen, wie ich sie mag.