So guten Morgen zusammen,
den erfolgreichen Waidmanns Heil!
Viel Spaß beim Lesen, nehmt euch ein paar Minuten Zeit. Wird länger dauern :biggrin:
Freitagabend gegen 18 Uhr kräftiges Gewitter, Starkregen, Blitz, Donner, Wolkenbruch... da geht keine "Sau" vor die Tür und Hund schon gar nicht. Um 19 Uhr war der Spuck vorbei. Es sah zwar noch sehr drohend aus, aber irgendwie juckte es mich gewaltig in den Fingern. Eigentlich perfektes Wetter zum Rehwild bejagen... Nur wo gehe ich hin? Offener Sitz? Wenn es wieder anfängt zu so schütten hast verloren. Interessante Kanzeln hätte ich das Wetter im Rücken und würde nicht sehen was sich da hinter mir zusammen braut. Also meinen Lieblingsstiz. Auf zum Fuchsbausitz (weil es bis vor ca. 35 Jahren mal einen Fuchsbau dort gab, der seitdem verlassen und nie mehr befahren wurde). Ich stieg in die Klamotten, Lederhose, Shirt und Pulli, klemmte die Fleecejacke, Hut und Sitzkissen unter den Arm, schultertet das Futteral und ging zu meine Eltern. Ob mein Dad Lust hätte mitzukommen. Ne, regnet bald wieder, du bist eh bald wieder da usw. Alle Argumente, dass das eigentlich ideale Voraussetzungen wären zur Bockjagd ignorierte er. Und verwies auf sein Glas Wein (da mein Dad Tiere nur mit dem Foto jagd, keinen Jagdschein besitzt und auch nicht hätte fahren müssen, wäre das Glas Wein kein Hindernis gewesen). Ich verstaute meinen Krempel im Auto und stellte fest, dass sowohl mein Aufbrechgeschirr (Messer, Knochenzange, Wasserkanister und Handtuch) fehlten wie auch Kopflampe und Handscheinwerfer. Irgendwie war ich mir sicher, heute geht was und ich werde es brauchen. Auf dem Weg ins Revier tropfte es etwas, das störte mich aber nicht weiter. Ich bezog also gegen 19.45 Uhr meinen Lieblingssitz. Es tat sich erstmals nichts. Gegen 20.15 Uhr ein sehr weit entfernter Schuss. Der Wind blies etwas aber es war so warm und drückend Schwül das ich auf dem 4,5m hohen Sitz in der Rückegasse ohne Pulli dasaß. Die Lederhose klebte an den Beinen, aber ich sollte noch froh drum sein, das ich sie anhatte. Es tat sich nichts. Überhaupt nichts. Mittlerweile hatte ich mich mit einem ebook wie dieses neumodische, digitale Buchformat heißt halbwegs angefreundet und lass auf dem Eierfone das erste Buch meiner Lieblingsserie. Sind ja aktuell nur 10 Bücher und im TV läuft Staffel 6. Wie ich da so gelesen habe blickte ich immer wieder entlang der Rückegasse. Diese ist eigentlich 200m lang, aber ab ca. 100m schon verwachsen. Kirrung und Salzlecke sind zwischen 35 und 60 m angelegt. Die Kiste war bereits offen. Ich wusste nicht ob mein Beständer gekirrt hatte oder ob die Wutzen schon durch waren. Konnte beides möglich sein, da an der Rückegasse links und rechts davon massive Dickungen sind wo die Sauen auch gerne mal Tagsüber durchwechseln. Aber ich wollte ja eigentlich den bekannten Spießer haben, der hier seine Runden zog uns aber bisher immer kräftig genarrt hatte. 21 Uhr. Nach gefühlten 100 Seiten immer noch nichts zu sehen und zu hören. Einfach tot. Und ich war mir doch so sicher, dass da was gehen musste. Das Wetter war einfach zu ideal. 21.20 Uhr. Nichts. Der Blickt schweift entlang der Rückegasse. Einfach nichts. Das gibt’s nicht. 21.30 Uhr. Wieder schauen. Mhmm, da hinten im hohen Gras, da ist doch was braunes, das war vorhin noch nicht da. Glas hoch, ja da steht was. Bräunliche Färbung. Ja könnte ein Reh sein. Langsam drehte es sich um 180 Grad. Nix Reh! Das sind Teller die da aus dem hohen Gras rausschauen. Das ist ja ne Sau. Glockenheller Tag, die Wutz zieht auf mich zu, kommt aus dem hohen Gras raus, biegt links ab und verschwindet. War das jetzt ein Keilerchen oder eine Bache? Ich konnte es nicht sauber ansprechen weil die Bauchlinie im Gras verdeckt war. Geschätzt 30 kg. Hätte gepasst, aber so war an einen Schuss nicht zu denken. Da ich anhand der Kameras wusste, dass wir eine einzelne Bache mit 30-35 kg und 8 Frillies und eine kleinere Rotte aus 3 Bachen mit 30-45 kg und 20 Frillies hatten. Naja vllt kommt da nochmals was. Nanu was ist das, im hohen Gras tut sich wieder was. Und siehe da, da kommt wieder eine Sau. Die ist weniger rötlichbraun sondern viel dunkler fast schwarz. Sehr starker Saubart und schon deutlich sichtbarer Höcker. Aber extrem langer Wurf. Könnte ein Keilerchen sein, hat aber bestimmt 10 kg mehr aufm Buckel wie die erste Sau. Schwupps, noch eine und noch eine. Jetzt sinds 3. Mein Dad hatte vor einer Woche hier den Anblick von 4 Sauen. Zwei konnte er zweifelsfrei als Keilerchen ansprechen bei den anderen beiden war er sich unsicher. Er sagte nur, dass 2 davon eine weiße bzw. sehr helle Quaste hatten. Und tatsächlich 2 waren sehr hell. Und dann standen sie da, alle vier. Grunzten und schmatzen, brachen und knabberten an den Rispen der Gräßer. Schön hinter der Kirrung im hohen Gras. Die Kirrung an sich war uninteressant. Langsam aber sicher konnte ich ansprechen und sortieren. Das Zeiteisen zeigte 21.35 Uhr. Seit 5 Minuten waren sie schon da und ich war mir jetzt sicher, das alle Wutzen die da standen Keilerchen waren. Vom kleinsten mit vllt 20 kg zum Größten mit 35-40 kg. Also Glas gegen Waffe getauscht. Mich sauber eingerichtet und gewartet. Ich wollte einen der beiden kleineren haben. Mittlerweile kamen sie immer weiter in meine Richtung und benutzten die Schlammpfütze die hinter der Kirrung war als Suhle. Damit war mir auch klar warum die Quasten hell waren. Die Rückegasse ist vor Jahren schon aufgeschüttet worden mit extrem rotem Lehm. Da fließt kein Wasser ab und wächst auch nichts Gescheites drauf. Und eben dieser helle, rote Lehm färbt die Quast wenn das Licht drauf scheint fast weiß. Mein Arm wurde langsam lahm. Ich kam einfach nicht zum Schuss. Entweder standen sie zu dicht beieinander, nicht breit sondern spitz. Auf einem Haufen wie auch immer. 21.45 Uhr hinter mir auf dem Waldweg 2 Frauenstimmen. Das größte Keilerchen warf auf, sicherte in die Richtung und bließ. Abfahrt. Alle Mannen links rein, lautes Getöse und weg waren sie. *Fluch*. 5 Mins vergingen und schwupps waren alle wieder da, so gleichzeitig das ich nicht schnell genug reagieren konnte. Wieder alle auf einem Sauhaufen. Nun waren sie an der Kirrung. Der Dicke ging voraus inspizierte die offene Kiste, grunze lautstark und offensichtlich sehr verärgert. Dann schubste er mit dem Wurf den Stein beiseite und im nächsten Augenblick flog der Deckel im hohen Bogen in meine Richtung. DER war mal mächtig sauer! Der rechte Vorderlauf wurde in die Kiste gestellt und damit trommelte er lautstark in der Kiste drin rum. Immer noch tief grunzend und absolut stinksauer! Mein Arm schmerzte, der Querriegel war zu nieder für mich, aber auf die Größe meines Jagdherren angepasst worden. Einer der hinteren bließ und wieder verschwanden alle nach links und waren nicht mehr gesehen. Aber gehört hatte ich sie noch und wie laut. Der Trupp kam in der Dickung bis kurz vor meinen Sitz. Ich konnte die Bewegungen der Sauen sehen. Aber „reinschießen“ war absolut unmöglich. Die Zeit verging. Kurz nach 22 Uhr war plötzlich alles still. Haben die sich vor mich abgelegt und pennen jetzt noch ne Runde?! Das kanns ja jetzt nicht sein, dann kann ich nicht abbaumen und heim gehen. Ich war sauer, das sich mir keine Gelegenheit geboten hatte auf einen sauberen Schuss. Die Bilder gingen durch den Kopf, hätte ich schießen können? War es möglich? Usw...Lautes rascheln riss mich aus meinen Gedanken und plötzlich stand eine einzelne Sau 25 m vor mir auf der Rückegasse. Das müsste das zweitkleinste Keilerchen sein. Gewehr hoch, ansprechen durchs ZF. Passt. Blick nach hinten, da saust einer von links nach rechts durch ist aber frei, passt. Blick auf mein Keilerchen. Der hat sich um 180 Grad gedreht, steht jetzt mit dem Wurf nach links und scheibenbreit. Das Absehen erfasst das Blatt, handbreit nach rechts, halbe Höhe, entsichern und raus ist die Kugel. Den Kugelschlag höre ich nicht. In wilder Flucht geht’s nach links in die Dickung. Repetieren und wieder fertig machen. Ich bin mir sicher, gut abgekommen zu sein. Vllt kommt noch ein Bruder und es bietet sich die Chance. Kurze Flucht. Ich bilde mir ein schlegeln zu hören. Passt der sollte liegen. 22.15 Uhr. 1 Mins später im Volldampf rast einer von links nach rechts über die Gasse. Keine Chacne. Ganz hinten soweit ich sehen kann der zweite rüber. Links auf ca. 40 m ein Haupt, während ich hochfahre beschleunigt der Dicke und weg ist er. Ich warte noch 5 Mins, dann schreibe ich meiner Holden, dass ich später komme. Nach weiteren 10 Mins begebe ich mich zum Anschuss, 3 Tropfen Lungenschweiß und ein Stück Lungengewebe. Daumennagelgroß. Der kommt nicht weit. Muss ihn nur finden. In der Dickung, zum Glück hab ich die Lederhose an… Ableuchten bringt Ernüchterung *Fluch*. Ich finde kein Schweiß. Wie ich dieses verfluchte Bleifreiding hasse. 3 Patronen habe ich jetzt noch. Dann werde ich auf eine andere Sorte umstellen. Ich schlage einen kleinen Bogen ein und leuchte mit der Stirnlampe die Pässe ab, aber nirgends sehe ich Schweiß oder eine eindeutige Fluchtfährte. Also meinen Jagdherren anrufen und ihm Bescheid geben, das ich unseren Jagdfreund mit dem großen Münsterländer brauche. Die Ernüchterung ist groß. Wenn er nachsucht ok, wenn nicht brauchst das morgen früh gar nicht machen, weil verhitzt ist es dann sowieso. Bzw. wenn du Kontrollsuche machst nichtmehr verwertbar. Ich rufe ihn an. Er hört sich an was passiert ist, ist aber nicht so begeistert. Er will sich den Anschuss anschauen und dann weitersehen. Vorsicht ist die Mutter der Porzelankiste! Ich hab auch keine Lust darauf durch die Dickung zu latschen. Nachdem er eingetroffen ist stellt er fest, dass die Lampe daheim liegt. Ich übergebe ihm die Stirnlampe und nehme selbst den Handscheinwerfer. Die Anschusskontrolle bestätigt er. Lungenstücke und bisschen Schweiß. Die sollte eigentlich längst verwendet sein. Er würde den Hund mal ein kurze Stück auf die Fährte lassen um hoffentlich weitere Zeichen zu finden und dann entscheiden was wir machen. Die ersten 5m nichts, kein Tropfen. Die GM-Dame liegt sicher im Riemen und verweist nach ca. 10m die ersten Tropfen Schweiß. Blasig und Hellrot. Nach weiteren Metern Lungenstücke. Schweiß an eine kleine Buche gestreift. Und jetzt wird es mehr und mehr. Zielsicher ist Madame auf der Fährte, er beschließt, das wir weiter gehen. Die muss liegen. Immer mehr Schweiß, deutliche Schaleneingriffe und stellen wo sie sich angelehnt hat. Nach 90 m schnellt Madame mit einem Satz nach vorne das der Riemen nur so durch seine Hand flutscht. Ran an die Sau, mit den Vorderläufen auf die Hinterkeule trommeln. Die Sau regt sich nicht, sie ist längst verwendet. Hat aber vorher um einen Baumstumpf noch 2 Runden gedreht. Ein Keilerchen liegt vor uns. Die gesuhlte Quaste leuchtet fast weiß im Schein der Taschenlampen. Bergen ist für mich nicht einfach. Es ist höllenwarm und stick in der Dickung. Aufgrund gesundheitlicher Probleme des HF muss ich den Burschen alleine rausziehen. Ich kämpfe und schwitze und bin schließlich schweißgebadet. Der HF zieht von Dannen, ich mache mich an die rote Arbeit und stelle fest, das Ein- und Ausschuss genau zwischen zwei Rippen liegt. Kein Knochen getroffen. Lunge ist schwer in Mitleidenschaft gezogen, das Herz nur noch in Stücken vorhanden. Bursche damit bist du noch gute 100 m marschiert?! Nicht schlecht. Als ich bei meinem Jagdherr aufschlage hat dieser bereits ein bleifreies Bier für mich bereitgestellt. Die Wutz wird in den Kühlschrank verfrachtet und das Bier in mich. Und 2 Flaschen Wasser. Bis ich dann den Krempel aufgeräumt habe, geduscht bin und nochmals 1 Flasche Wasser getrunken habe ist es kurz nach 1 Uhr. Wetterleuchten erhellt schon das Schlafzimmer als ich mich zu meiner Holden lege. Die grunzt nur kurz auf und schläft weiter. Keine 10 Minuten später fängt es an zu Regnen. Wolkenbruch, Gewitter, Hagel. Das volle Programm. Der Garten meines Jagdherren und die angrenzenden Straßen stehen 40cm unter Wasser. Samstagmorgen lese ich die Info als Nachricht auf dem Handy. Echt übel! Aber Glück im Unglück, es ist nichts Weiteres passiert. Der Keller ist nicht vollgelaufen. Ich bringe die Trichinenprobe zur Annahmestelle. Da siehst böhmisch aus. Der Schotterweg der zum Bauernhof führt ist nicht mehr vorhanden. Einfach weggerutscht und abgesoffen. Ohne Geländewagen und Allrad fast nicht mehr zu erreichen. Ich übergebe die Probe und ernte ein hämisches grinsen: Ist die ersoffen???
PS: Sauer 202 7mm Rem Mag mit MJG
Flucht 100m, lag auf der Einschussseite, Gewicht: ca. 25kg, war noch nicht auf der Waage
Auf den Bildern sieht man das nicht so gut aber die hinteren 2 stehen im hohen Gras, sicherer Schuss meiner Ansicht nach nicht möglich.
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