Die Sauenbremse
Endlich, nach langen Monaten der Abstinenz konnte ich in der Nacht von Samstag auf Sonntag wieder einmal einen „Saumäßigen“ Erfolg verbuchen.
Ich saß bereits am Freitagabend gegen 20:30 Uhr bis etwa 01:00 Uhr auf der alten Kanzel am Rande der Dickung, die an den Buchenhochwald grenzt. Die Kanzel steht an dem alten Waldweg, einem Grasweg, der den Buchenhochwald von den Rauschern und der dahinterliegenden Ginster- und Brombeerdickung abgrenzt.
Die Kanzel ist bestimmt schon 30 Jahre alt, geschlossen mit Klappfenstern in allen 4 Richtungen.
Die Hauptblickrichtung ist nach Vorne in die, auf einem Rückeweg angelegte Kirrung.
Wenn man nach links und rechts blickt, so sieht man den Waldweg entlang, Die Blickrichtung nach hinten geht in den Buchenhochwald mit großen Bäumen, durchsetzt von einigen Rauschern.
Die Kirrung besteht aus 2 eingegrabenen alten Kaminsteinen, die, wegen des Mäusefraßes von unten mit Drahtgitter gesichert, und bis ca 4 cm unter dem Rand eingegraben sind.
Diese Konstruktion wurde dann mit lockerem Humusboden bis etwa 12 cm unter den Rand befüllt, auf den der Mais gelegt wird. Als Abdeckung dienen 4 cm dicke Maurerbohlenstücke.
Diese Konstruktion habe ich im letzten Jahr eingebaut, nachdem durch Vögel und Nagetiere erhebliche Mengen von Mais entschwanden, ohne dass die Sauen sich daran gütlich tuen konnten.
Im letzten Jahr wurde etwa 2 Wochen nach Einbau die Kirrung sehr gut angenommen, aber ab Herbst war bei uns im Revier mit Ansitzsauen nichts mehr los.
Am Freitag Abend knackte es zwar einige Male sehr verdächtig, doch die Bühne blieb bis etwa 22:40 Uhr leer.
Durch das Dürrholz im Bestand hört man plötzlich Sauen schon von weit her, von der rechten Seite, parallel des Waldweges in der Dickung anwechseln.
Es waren 2 Sauen, gleiche Größe, die recht sorglos und mit lautem Getöse in Richtung Kirrung stürmten, aber etwa 30 Metern vorher stehen blieben um dann schnellen Schrittes über den Weg in den Hochwald zu wechseln und dort, vor meinen Blicken durch einige Rauschern geschützt bis etwa 15 Meter vor das hintere Fenster der Kanzel zu wechseln.
Der Wind kam von der Kirrung her und so war mein Versuch, das hintere Fenster möglichst lautlos zu öffnen, sowohl akustisch als auch durch falschen Wind von den Sauen sofort bemerkt worden, die daraufhin im raschen Wechsel wieder den Rückzug dorthin antraten, von wo sie gekommen waren.
Am Samstag wollte ich wieder raus und so hatte ich mir eine „Saubremse“ eingepackt, die, so hoffte ich, die Sauen auf dem Weg verharren ließen.
Ich nahm 2 Scheiben Graubrot und schnitt diese in kleine Würfel, mischte und zerbröselte diese mit dem Inhalt einer Dose Ölsardinen in einem Plastikbeutel, so dass von den Sardinen und dem Brot nur noch ein aromatischer Duft in Form von kleinen Bröseln übrigblieb.
Im Revier gegen 20:30 angekommen, machte ich mich wieder auf den weg zu der Kanzel. Etwa 80 Meter vor der Kanzel lies ich bei jedem Schritt einige Brösel in die Mitte des Waldweges fallen, so dass eine sehr bereite Duftstraße gelegt war, die allerdings mit dem Wind von der Dickung kommend, sich in den Hochwald verteilte.
Mag sein, dass der Eine oder Andere nun sagen würde, das so etwas verboten sei, doch darüber mag ich hier jetzt nicht diskutieren. Man kann auch sagen, lege die Duftspur ja nur um einen Überblick über vorhandene Füchse in diesem Bereich zu bekommen, die ich zwar zum jetzigen Zeitpunkt wegen der Welpenaufzucht nicht bejage, aber was ich schon mal beobachten kann, nutzt mir vielleicht im Sommer bezüglich der Ansitzjagd auf Füchse.
Auf dem Sitz angekommen, richtete ich mich so ein, dass ich mein Augenmerk für diesen Abend auf das rechte Kanzelfenster legte, weil ich damit rechnete, Sauen aus der Dickung auf dem Weg in den Hochwald durch die Duftspur abzubremsen.
Gegen 22:00 die erste Bewegung in der Dickung rechts neben der Kirrung.
Man konnte hören, dass es eine einzelne, schwere Sau war, die bedächtig die Zweige zur Seite knickte um sich jeweils nur bis an den Rand der Dickung zu wagen, das relativ helle Mondlicht schreckte sie ab, auch nur einen Schritt in das Helle zu tun.
Nach 10 Minuten wechselte die Sau wieder nach hinten weg, ohne dass ich trotz angestrengtem Suchen mit meinem 8x56 Nachtglas auch nur einen Blick durch die noch nicht so stark belaubte Dickung auf die Sau erhaschen konnte.
Diese Sau, so merkte man, hatte Erfahrung. Ich vermute es war ein mehrjähriger Keiler, der sich genervt von den neuen Frischlingen nun im Frühjahr von der Rotte abgesetzt hat und den Sommer über als Vagabund durch die Region streift.
Dann war wieder Ruhe in der Dickung bis gegen 23:10 verdächtiges Knistern von mehreren Seiten in der Dickung mir die Anwesenheit von mehreren Sauen in der Nähe verrieten.
Doch auch diese ließen sich trotz optimalem Wind vermutlich wegen der Helligkeit nicht blicken ließen.
Nach wenigen Minuten war auch dieser Spuk der heimlichen Bewohner unserer Wälder vorbei.
Ich entspannte mich und steckte mir eine Zigarette an, als aus dem Hochwald ein Fuchs durch das dürre Buchenlaub in Richtung der gelegten Duftspur wechselte. Der Fuchs traute sich jedoch nicht direkt dorthin, sondern umschlug den von mir präparierten Weg, so dass ich ihn nach etwa 2 Minuten, die ich ihn durch mein Fernglas verfolgen konnte, aus den Augen verlor.
Gegen 00:10 hörte ich wieder ein Stück Wild aus dem Hochwald heranwechseln. Die Geräusche, die das Wild im trockenen Buchenlaub verursachte, ließen mich auf eine einzelne Sau schliessen.
Ich glaste den Weg gespannt ab, als sich eine Sau zögerlich von rechts aus den Buchenrauschen suf den Weg schob.
Die Sau nahm die, auf der Mitte des Weges liegenden Krümel an und stand zuerst mit dem Haupt zur Dickung breit, in etwa 60 Meter vor mir und äste.
Ich erkannte, dass es sich vermutlich um einen jungen Keiler, einen Frischling aus dem Vorjahr handelte. Mittlere Stärke, mit Hohem Borstenkamm, also schon im restlichen Haarkleid in die Sommerdecke gewechselt. Der passte.
Vorsichtig schob ich mein Gewehr auf die ´Brüstung und erfasste das Ziel. Die Sau drehte sich 90 Grad von mir weg und ging 2- 3 Schritte auf dem Weg entlang, bevor sie sich abermals um 90 Grad drehte. Diesen Moment nutzte ich, um mein Ziel zu erfassen. Die Sau stand abermals breit, aber mit dem Haupt zum Hochwald.
Ich ließ mein Geschoß, Kaliber `270 WIN, 9,7 Gramm fliegen und konnte nach dem Schuss hören, wie sie durch den Hochwald flüchtig wurde. Nach 1-2 Sekunden war Ruhe. Kein Knacken, kein Rascheln, was auf das Verenden der Sau in unmittelbarer Nähe hinwies.
Ich merkte mir die Stelle, wo die Sau stand und packte meine Sachen zusammen um abzubaumen.
An der Stelle angekommen, sah man keinen Schweiss, jedoch frische Eingriffe. Die Fluchtrichtung war bekannt.
Also ging ich als erstes den Weg weiter bis zu meinem Wagen, verstaute meine Waffe und das Fernglas und rief unseren Pächter an, der innerhalb von 15 Minuten mit seiner Drahthaarhündin zur Stelle war.
Der Rest der Geschichte ist schnell erzählt. Nach einer Nachsuche, die in einem Bogen von etwa 80 Metern verlief, bei dem so gut wie kein Schweiss zu finden war, stand der Hund vor der verendeten Sau.
Mein Schuss hatte die Leber zerstört, und war auf der Gegenseite wieder ausgetreten.
Allerdings hatte der griesige Leberschweiss sowie die Verschiebung der Schwarte bei der Flucht Ein- und Ausschuss sofort wieder verschlossen. Lediglich aus dem Wurf schweisste die Sau ein wenig.
Ergebnis des Ansitzes: Die Sau war ein Überläuferkeiler mit einem Gewicht von 56 Kg, der mit Hilfe der braven Hündin sehr schnell gefunden wurde und nach dem aufbrechen den weg in die Kühlkammer fand.
Müde und froh über mein Jagdglück war ich zwei Stunden später zu Hause.
wmh
Jäger 8)