Waidmannsheil an alle!!
Auch bei uns war es am 1. Mai nichts mit den Böcken.
Nachdem ich am 2. Mai ein Schmalreh strecken durfte, habe ich mich am Freitag abend wieder auf Bockansitz begeben. Leider standen die Zeichen ungünstig, auf dem ersten Sitz kam nach 15 Minuten der Bauer mit Traktor angefahren, danach gab es einen kurzen Wolkenbruch. Immerhin gab es auch bei uns den (halben) Doppelregenbogen:
Da es dann schon sehr spät war, beschloss ich, lieber noch etwas zu Pirschen, im Revier zu übernachten und am nächsten Morgen nochmals anzusitzen. Auf der Pirsch konnte ich eine Geiß mit hinterher LAUFENDEN (!!!) Kitz ausmachen, ich konnte meinen Augen nicht trauen, hat das zu dieser Zeit schon sonst jemand im Revier gesehen? Habe kaum Erfahrung, aber dachte eigentlich, dass es noch ca. einen Monat dauert bis zur Lauffähigkeit der Kitze. Später sah ich noch ein weiteres weibliches Stück, was anfangs vor mir aus dem Feld gesprungen ist, dann immer ca. 70 Meter vor mir herzog, ich aber nicht eindeutig ansprechen konnte.
Nach Einbruch der Dunkelheit gings zur Jagdhütte und am nächsten morgen raus.
Zuerst habe ich mich geärgert, da ich mich mit dem Sonnenaufgang echt verschätzt hatte. Auf dem Weg zur Leiter wurde es schon recht zügig hell. Kurz nach dem Aufbaumen hörte ich es am Abhang hintermir knacken, zwei Stücke kamen Richtung Hochsitz, da mir der Wind aber ins Gesicht bließ bekamen sie Wind von mir uns sprangen ab. Verhielten sich aber nicht soooo intelligent, den ich konnte ihre Flucht durch den Wald wunderbar im Fernglas verfolgen, sie zogen Nahe des Waldrandes um mich herum und kamen schließlich 70 Meter vor mir aus dem Wald aufs Feld, wo ich sie eindeutig als Geiß mit Schmalreh ansprechen konnte. Allerdings zogen sie recht zügig übers Feld, wohl doch noch etwas beunruhigt und da ich ja schließlich einen Bock wollte und auch im Bocktröt schreibe, blieb der Finger natürlich gerade. Dann war etwa eine Stunde komplette Flaute, nichts zu sehen, nichts zu hören, auch keine Hasen, die normalerweise an dieser Wise/Feld immer viel unterwegs sind. Also Handy raus und den Jagdkollegen geschrieben, was bei Ihnen so los ist.
Nach 5 Minuten lege ich das Telefon wieder beiseite (ich schäme mich dann stets für diese Untat), um dann mit bloßen Auge zu sehen, wie gerade etwas in gut 100 Metern aus dem Wald tritt. Da ich mich gerade bewegt habe, habe ich das Gefühl, das Stück äugt in meine Richtung, also erstarre ich zur Säule, bis nach einer guten Minute das Stück in Ruhe das Äsen beginnt. Schnell das Glas in die Hand, und siehe da, ich spreche einen 1-2 jährigen geringen Gabelbock an. Also Glas weg, da äugt es wieder. Nach einer gefühlten Ewigkeit äst der Bock wieder weiter (vielleicht das Stück auch nur das Haupt gehoben, mit bloßem Auge war das aber nicht zu erkennen) und ich bringe meine Büchse in Anschlag. Ich muss nicht lange warten und das Stück geht noch zwei Schritte und stellt sich fast perfekt breit zu mir hin. Bei meinem Schmalreh habe ich die rechte Schulter durchschoßen, das hat mich geärgert und wollte ich dieses mal besser machen. Da das Stück etwas von mir weg gedreht ist, halte ich eine Handbreit hinters Blatt, der Bock hebt das Haupt, da lasse ich fliegen.
Schrecksekunde.
Der Bock zeichnet kaum bis gar nicht, macht eine Drehung um 180 Grad und flüchtet tief mit gesenktem Haupt rasant in den Wald.
Dann Verwirrung: sofort kommt ein paar Meter weiter ein Stück gemächlich aus dem Wald, ich nehme mit dem Zielfernrohr auf, aber Überraschung, es handelt sich um ein weibliches Stück, bin mir nicht 100%ig sicher aber ich hätte es als junge Geiß angesprochen. Die scheint sich am Geschehen gar nicht zu stören, äst etwas, dreht eine Runde und verschwindet nach 5 Minuten wieder im Wald.
Inzwischen schon eine SMS vom Jagdkollegen, der weiß, dass ich eigentlich nur schieße, wenn ich mir meiner Sache ganz, ganz sicher bin, mit "Waidmannsheil!!" erhalten. Also geantwortet, nein, Bock beschossen, in den Wald geflüchtet, so ein Mist, warte noch etwas und gehe dann zum Anschuss.
Nach weiteren 10 Minuten kommt dann auch mein Jagdkollege von links und wir machen uns bereit, gemeinsam zum Anschuss zu gehen. Mir gehen hunderte Sachen durch den Kopf... Entfernung verschätzt, zu übermütig gewesen, doch zu weit hinten angehalten... ein wirklich sau dämmliches Gefühl, wenn das Stück nach dem Schuss nicht zu sehen ist!!
Ich zeige meinem Jagdkollegen vom Hochsitz aus die Stelle des Anschusses, wir gehen gemeinsam dorthin mit der Abmachung, dass wenn wir nichts finden, ich nochmal zurück gehe und ihn vom Hochsitz aus dirigiere.
Aber siehe da, an der vermuteten Stelle jede Menge Lungenschweiß und eine deutliche Spur in den Wald hinein. Ein erster Stein fällt mir vom Herzen. Bin aber immer noch in Sorge, einen schlechten Treffer angebracht zu haben.
Also folgen wir der Schweißfährte, zum Glück wirklich deutlich, kaum ein Grashalm ist nicht beschweißt und die Fährte führt auch sehr nah am Waldrand entlang und nicht in die Dickung hinein. Plötzlich reicht mir mein Jagdkollege die Hand und sagt "Waidmannsheil." Ich schaue mich um und sehe und verstehe nichts. Doch tatsächlich, 5 Meter weiter liegt der Bock unter einer Eiche.
Munition: Federal Fusion .308
Schussdistanz: etwas über 100m
Flucht: ca. 20m
Was mich besonders glücklich machte: ein sauberer Kammerschuss, etwas hoch, so dass das Herz nicht getroffen wurde, kein Gramm Wildbretverlust.
Da sich der Bock den passenden Baum ausgesucht hatte, bekam er Eichenlaub als letzten Bissen und mein Jagdkollege überreichte mir sogar den Inbesitznahmebruch.
Anbei der glückliche Erleger mit seinem allerersten Bock - für mich persönlich hätte es nicht spannender/schöner sein können!