Ich danke, auf Grund meiner Vergangenheit an den FH Weihnstephan und Göttingen, rund 15 Jahren als Taxator/Forsteinrichrer und inzwischen 5 Jahren Revierdienst kann ich ein Wörtchen mitrden.
Die jagdliche Ausbildung in Weihenstphan wurde zu meiner Zeit von den übelsten und egomanischsten Schießern gelehrt, denen ich in rund 40 Jahren jagdlichen Erlebens je begegnet bin. Die fachliche Ausbildung war hervorragend, die charakterliche ekelerregend. Jagdethik Null.
Die Ausbildung in Gö war deutlich wissenschaftlicher, aber ebenso wildfeindlich.
Damals lag allerdings Waldumbau zu Lasten angeblich überhöhter Schalenwildbestände voll im Trend. In Sachen Rotwild eindeutig aus forstlicher, rein betriebswirtschaftlicher Sicht zu Recht, in Sachen Rehwild völlig überzogen. Wild als landeskulturells Element kam nicht in den Lehrveranstaltungen vor.
Die Lehrenden, teilweise gescheiterte Praktiker, teilweise Elfenbeintürmler, stiessen voll in Horn des Zeitgeistes.
Auf Grund meiner beruflichen Vergangenheit weiß ich, daß zig tausend von Rehen umsonst gestorben sind, daß die Lehrenden der beiden FH`s in Sachen Rehwild falsch lehrten. Es ist schlüssig, daß es falsch sein muß, alles Rehwild "auf den Kopf zu stellen", wenn die ach so heilige Naturverjüngung in den "rehwildfreien" Landesforsten genauso gut oder genauso wenig funktioniert wie in den ach so überhegten Privatwäldern. Es kommt nicht auf die Rehe an, sondern auf die Fähigkeit des Revierbeamten.
Wenn man sich als Landesforst allerdings darin gefällt, seine Försterlein auf 700 ha kleingärtnern zu lassen, muß man sich über Mißstände nicht wundern.
In Sachen Rotwild siehts anders aus, hierzu gibt s aber auch hier im Forum profundere Kenner als mich.
Zurück zur jagdlichen Ausbildung an den forstlichen Fakultäten.
Bei einer Umfrage an der FH Göttingen ergab es sich, daß fast 80 % der Erstsemestler aus jagdlichem und nicht forstwirtschaftlichem Interesse studierten. Erinnere ich mich an meine Jugend, muß ich zugeben, daß mein Vater und auch mein Großvater trotz hoher jagdethischer Grunsätze und trotz einer sorgfältigen Beobachtung meiner jagdlichen Untaten nicht in der Lage waren, meine überschäumende Passion ständig zu lenken. Ich möchte mir nicht vorstellen, was einem Revier widerfahren wäre, hätte man mich zu diesem Zeitpunkt mit der Prämisse "nur tote Rehe sind gute Rehe" in die selbständige Bewirtschaftung entlassen. Ich hätte frisch von der FH kommend vermutlich ein Blutbad angerichtet.
Zur Ehrenrettung meiner Berufskollegen bitte ich aber, das politische Umfeld zu berücksichtigen.
Unter dem Einfluß der Friedensbewegungen etablierte sich vor rund 4 Jahrzehnten eine vierte politische Partei, die sich den Naturschutz auf die Fahne schrieb.
Dieser Naturschutz war aber wie ein kastrierter Bulle, er trug keine nennenswerten Früchte, denn ihm fehlte das allein Entscheidende, es fehte ihm an Fläche. Diese Fläche befand sich fest in den Händen der Land - und Forstwirtschaft, die weitgehend dem politischen Gegenlager zugehörte. Dabei bestand der gravierende Unterschied in den Besitzverhältnissen, immerhin gehört rund ein Drittel der damaligen Waldfläche dem Staat, stand also somit als Spielwiese potentiell zur Verfügung, während die landwirtschaftlichen Flächen fast vollständig im Privatbsitz waren. Man mußte also nur den derzeitigen Bewirtschaftern Unfähigkeit nachweisen und schon hätte man die Flächen "im Sack" gehabt. Damit stand die Forstpartie vor dem Zwang, sich völlig neu zu orientieren, und das binnen kürzester Zeit.
Das Ergebnis war neben den mit viel zu heißer Nadel gestrickten Waldumbauprogrammen zahllose von Förstern angelegte Biotopvernetzungen, Feuchtgebiete, Bann - und Schutzwälder, Erholungswälder usw. und so fort. Die Ausgaben stiegen ins Unermeßliche, das Berufsbild verlagert sich vom jagenden Forstwirtschaftler zum jagenden Naturschützer mit gel. forstl. Nebentätigkeit.
Mit der Sanierung der ehem. DDR stand die BRD vor dem Problem leerer Haushaltskassen. Daraus entstand die Notwendigkeit der Trennung der Forstverwaltungen aus den Landeshaushalten und ihre Umwandlung in Landesbetriebe, denn damit bot sich die Möglichkeit völlig neuer Bilanzierungmodelle. Auch dem letzten Trottel musste klar sein, daß eine Forverwaltung nur durch Umbenennung nicht von defizitär zu rentabel mutieren konnte. Die heutigen postitiveren Ergebnisse sind keine betriebswirtschaftlichen Erfolge, sondern fast vollständig Erfolge einer brutalen Personalpolitik, gepaart mit buchhalterischen Tricks und nicht zuletzt einer gnadenlosen Verscherbelung des Tafelsilbers, will sagen rigoroser Abnutzung der Altbstände.
Inzwischen sind die Studenten der 70er und 80er Jahre in Führungspositionen aufgestiegen. Sieht man die jagdlichen Zustände in manchen Landesforstämtern unter diesem Gesichtspunkt, wundert man sich über nichts mehr, denn die Verantwortlichen haben die Wildfeindlichkeit mit der forstlichen Muttermilch aufgesogen. Und sie brauchen sie, wenn sie Wildbestände betriebswitrtschaftlich nutzen wollen, wobei ihnen kaum etwas Anders übrig bleibt.
Ebenso konservativ, wie einige von uns unseren wildfeindlichen Dozenten gegenüber standen, stehen nicht wenige Kollegen heute dem rein betriebswirtschaftlichen Tunnelblick ihrer Vorgesetzten gegenüber. Das mag uns zum Trost gereichen.