Mann auf Hochsitz verhungert

A

anonym

Guest
SchwabenSchorsch schrieb:
. Es zeigt zudem, wie kalt und wurstig unsere Gesellschaft geworden ist. Keine sozialen Kontakte, niemand der ihn vermißt und dies zur Anzeige gebracht hat.

Sauenjäger hat es in diesem Thread bereits geschrieben: Wir können nicht hinter jeden der Probleme hat einen Sozialarbeiter stellen.
 
A

anonym

Guest
Billy-the-kid schrieb:
Billy, der hiermit seinen letzten Beitrag in diesem Forum verfaßt hat.


:mrgreen:

Gute Reise, auf Nimmer-Wieder-Sehen,

das Forum wird auch ohne dich,

vergnüglich weiter gehen...

:mrgreen:

Varminter
 
Registriert
10 Jul 2007
Beiträge
11.349
Der Mann, der sein Sterben im Tagebuch dokumentierte

Er verlor seinen Job, seine Familie und den Lebenswillen: Ein 58-Jähriger hat sich auf einem Hochsitz nahe Uslar zu Tode gehungert. Sein qualvolles Sterben dokumentierte er in einem Tagebuch. Die Bewohner der Kleinstadt zeigen Verständnis für den Mann.

Northeim - Hans-Peter Z.'s Brille baumelt verloren zwischen kahlen Zweigen eines Strauches. Daneben liegen die schmuddelige Schaumstoffmatratze, die in seinen letzten Lebensstunden sein Zuhause war, und ein Paar dicke Fäustlinge, die er irgendwann ausgezogen hat, als er schon gar kein Kälteempfinden mehr gehabt haben dürfte. "Das Zeug will ja keiner haben. Wir werden das noch heute entsorgen", sagt Sigrun Teske SPIEGEL ONLINE. Ihr Mann Rudi, ein Jäger, hatte den Toten in dem Hochsitz entdeckt, als er mit einem Kollegen die marode Treppe reparieren wollte.

Die Leiche des 58-Jährigen sei bereits mumifiziert und trocken gewesen. Er habe unter einer alten Steppdecke gelegen, auf dem Rücken, die Arme hinter dem Kopf verschränkt. "Er trug eine Jacke, lange Unterhosen, gute Schuhe. Er war ordentlich angezogen", erinnert sich ein Augenzeuge. Neben ihm lag ein kleines dunkelblaues Tagebuch, in dem er mit ordentlicher Schrift sein Sterben dokumentiert hatte. "Er beschreibt, wie sein Körper von Tag zu Tag zerfällt", sagt Sigrun Teske. Wie ihm die Galle hochkommt, wie ekelhaft und unangenehm sich das anfühlt. "Das ist zwar sehr traurig, aber der Schock legt sich beim Lesen des Tagebuchs, weil man spürt, dass er diesen Weg freiwillig gewählt hat. Er wollte nicht gefunden werden."

Nach Informationen der "Hessisch-Niedersächsischen Allgemeinen" (HNA) hatte der Mann zuletzt in Hannover gelebt und arbeitete viele Jahre im Außendienst, weshalb er sich wohl gut in der Uslarer Gegend auskannte. Nach gescheiterter Ehe habe er seine Arbeit und den Kontakt zu seiner Tochter verloren. Ab Oktober vergangenen Jahres habe er kein Arbeitslosengeld mehr bekommen, berichtet die HNA. Daraufhin habe er seinen Entschluss gefasst, sich aufs Fahrrad gesetzt und 100 Kilometer von Hannover entfernt hier einen Platz zum Sterben gesucht.

Er fand ihn in dem aufwendig gebauten, 15 Jahre alten Hochsitz am Rande eines Waldstücks zwischen dem Stehberg und dem Dingberg oberhalb des Uslarer Ortsteils Schlarpe. Hier konnte er unentdeckt die letzten Tage seines Lebens verbringen, "weil der Hochsitz morsche Stellen hat, und die Jäger entschieden haben, ihn erst im Frühjahr auszubessern", sagt Sigrun Teske. Der Boden war ausgelegt mit einem hellen, wärmenden Teppichboden. Decken, Kopfkissen und eine durchgelegene Matratze lagen parat. "Wir haben hier schon viele Nächte verbracht", sagt Hubert Hennecke SPIEGEL ONLINE. Der 51-Jährige geht regelmäßig auf Wildschweinjagd. Oft war er in diesem Winter mit seinem Sohn in der Nähe des Hochsitzes, immer wieder quengelte der Dreijährige, die marode Treppe hinaufklettern zu dürfen. "Hätten wir geahnt, dass sich da oben einer versteckt, der keinen Ausweg mehr weiß?"

Der Hannoveraner hatte sich vor der Entdeckung Henneckes und dessen Sohn gefürchtet. In seinem Tagebuch schreibt er, dass "ein freundlicher, besorgter Vater sein Kind jedoch davon abhalten konnte". Er habe "intelligent und wohl formuliert geschrieben", berichten die Ermittler und Zeugen, die einen Blick in das zwei Zentimeter dicke Büchlein werfen konnten. "Zuerst dachten wir, der sei schwer krank gewesen und wollte einfach nur nicht ins Krankenhaus oder ins Heim", sagt Sigrun Teske. "Keiner glaubt ja, dass ein Mensch so verzweifelt und so einsam ist, dass er sich diesen Weg zum Sterben wählt."

In dem DinA5-Buch mit dunkelblauem Plastikeinband hat der Sterbende die letzten 24 Tage seines Lebens aufgezeichnet. Tage ohne Essen, nur mit ein bisschen Wasser, das er in einem selbst mitgebrachten dunkelblauen Plastikkanister aufsammelte. Die Eintragungen enden am 13. Dezember vergangenen Jahres. "Das ist Teil seines Nachlasses", sagte ein Sprecher der Polizei in Northeim SPIEGEL ONLINE. In einer Art Letztem Willen habe der Mann verlangt, dass das Heft nach seinem Tod seiner Tochter übergeben wird. "Was sie damit macht, bleibt ihr überlassen."

Im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE sagte Joana Z. über ihren Vater: "Ich habe seit Jahren keinen Kontakt zu dem Verstorbenen gehabt, und er war es, der den Kontakt zu mir abbrach." Was die Bestattung angeht, sagte sie: "Es wird jetzt alles seinen normalen Gang gehen."

Gegenüber der Polizei soll die junge Frau gesagt haben, dass sie keinen Wert darauf lege, den Leichnam ihres Vaters zu bestatten oder das Buch in Empfang zu nehmen. "Es ist ein wichtiges Dokument", sagen die, die es kurz in Händen hielten. "Aber es macht natürlich auch ein schlechtes Gewissen. Der Tochter - aber auch unserer Gesellschaft."
 
Registriert
16 Jan 2002
Beiträge
3.824
frodo schrieb:
winchester schrieb:
Schuldig ist er mir jedenfalls immer noch die Erklärung, wie man der Tragödie letzten Akt im aktuellen Falle hätte verhindern sollen.

Mit einer Zwangseinweisung in die Psychiatrie?
Vielleicht wäre das die einzige, wenn auch völlig abwegige Möglichkeit gewesen. Ohne Schnürsenkel in einem gepolsterten Raum. Vielleicht hat er es aber jetzt besser getroffen.

Dennoch macht mich das wenn auch nicht wirklich betroffen, so doch wenigstens nachdenklich. Es ist mir unvorstellbar, welche Verzweiflung einem Menschen innewohnen muss, den Freitod zu wählen und sich dabei noch beim langsamen Verrecken selbst zuzugucken und es zu dokumentieren.

Wir wissen eigentlich nichts, aber Arbeitslosigkeit ist im Zusammenhang genannt. Vermutlich nicht der Grund, aber der erste Schritt auf einem Abstieg in totale Hoffnungslosigkeit. Auch uns kann jederzeit der finanzielle Teppich unter den Füßen weggezogen werden, Arbeitslosigkeit, Konkurs, whatever.
Nicht jeder verträgt gleich viele Tiefschläge, gleitet vielleicht in die Sucht usw.
Ich glaube unter mancher Brücke könnte man diese Geschichten in vielerlei Varianten hören.

"Der Depp wollte es freiwillig so" ist somit vielleicht Ausdruck einer gesellschaftlichen Kaltschnäuzigkeit, die eine Facette in diesem Drama bildet.
Und die es früher, meinem Empfinden nach, so nicht gab.

Ist kein Angriff gegen Dich, Winchester, nur meine unausgegorenen Gedanken dazu.

Keine Angst, ich fasse es nicht als Angriff auf.

Ich habe den Mann auch niemals als Deppen tituliert - seine persönliche Tragödie könnte im Prinzip jeden treffen. Aber die "gesellschaftliche Kaltschnäuzigkeit" fuer seinen Tod zu beschuldigen ist m.E. unangebracht.

Sicher, er brauchte Therapie, soziale Kontakte, etc. Aber Du weisse genausogut wie ich, dass man diese zwar allen ANBIETEN, aber nicht allen AUFZWINGEN kann.

Manfred hat ja einige weitere Details reingestellt, die zeigen, mit welcher Sorgfalt der Mann seinen Rueckzug in den Tod vorbereitet und durchgefuehrt hat.

Wie hätte man das verhindern sollen? Und wem will man nun die Schuld in die Schuhe schieben?

@Schwabenschorsch: sicher ist sowas traurig und tragisch, da stimme ich Dir zu. Aber selbst wenn jemand eine Vermisstenanzeige gemacht hätte: glaubst Du im Ernst, dass man diesen Mann ueber 100km entfernt in einem Hochsitz versteckt dadurch gefunden hätte?

Depressionen SIND behandelbar. Sehe ich jeden Tag. Aber nicht alle - bei weitem nicht alle - sehen ueberhaupt ein, dass sie krank sind, und lehnen jegliche Art von Behandlung kategorisch ab. Die einzige Lösung fuer diese oft wirklich Schwerkranken ist tatsächlich eine Zwangseinweisung. Dazu muss aber ein triftiger Grund vorliegen - i.d.R. konkrete Suizidgedanken - die man eben nicht immer rechtzeitig erkennen kann.

Deshalb wird es solche Fälle immer wieder geben, egal wie warmherzig oder kaltschnäuzig die Gesellschaft ist, egal wieviele soziale Netze auf- oder abgebaut werden.
 
Registriert
25 Dez 2006
Beiträge
5.348
hier wird wie immer nur spekuliert ohne tieferes Hintergrundwissen

Fakt ist der Mann ist verhungert :!:

warum wird vieleicht nie bekannt gegeben

für den Freitod gibt es sicherlich einfachere Methoden
vieleicht wollte er auch keine Sozialhilfe empfangen
aber auch das sind nur wieder Spekulationen
 
A

anonym

Guest
Die Linke im Bundestag forderte am Mittwoch eine "radikale Aufklärung" des Falles. Zu prüfen sei vor allem, ob Behörden versagt haben, schreibt die sozialpolitische Sprecherin Katja Kipping. Dass ein Mensch, der kein Arbeitslosengeld mehr bekommt, sich daraufhin einen Platz zum Sterben sucht, könne man "nicht einfach abhaken und zu den Akten legen".



Das finde ich natürlich besonders mutig,ob das jemand verhindern hätte können,wage ich zu bezweifeln.
 
Registriert
16 Jul 2005
Beiträge
579
Ja ja, die gute Fr. Kipping gibt so manches wirre von sich :D laßt sie halt reden

shampy
 
A

anonym

Guest
Oder das Sozialamt,hat einmal die Woche alle Jagdeinrichtungen auf verdächtige Personen zu kontollieren.
 
Registriert
16 Jul 2005
Beiträge
579
Daniel Sun schrieb:
Oder das Sozialamt,hat einmal die Woche alle Jagdeinrichtungen auf verdächtige Personen zu kontollieren.

um Verletzungen der Kontrolleure vorzubeugen, sind Wand und Boden aus transparenten Materialien anzufertigen
 

Online-Statistiken

Zurzeit aktive Mitglieder
191
Zurzeit aktive Gäste
509
Besucher gesamt
700
Oben