Kaufberatung Büchse

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servus


da komm ich jetzt aber nicht so ganz mit :?


Naja, Physik, Statistik und Mathematik - und weil es gerade eh stürmt und regnet:

Jedes technische System (egal ob elektronisch oder mechanisch oder beides) hat eine gewisse system-immanente Fehlerwahrscheinlichkeit z.B. durch Materialermüdung, Konstruktions-, Montage- oder Reparaturfehlern. Diese Fehlerwahrscheinlichkeit kann man ermitteln, indem man (vereinfacht gesagt) die Fehlerwahrscheinlichkeiten der Einzelelemente des Systems addiert.

Definieren wir mal im Fall einer Jagdwaffe:

"Fehler" = ungewollte Schussabgabe während eines normalen jagdlichen Einsatzes

Zunächst mal betrachtet GANZ OHNE menschliche Einwirkung: das System befindet sich im jagdlichen "Wartezustand", d.h. gespannt und gesichert bzw. entspannt steht die Büchse in der Kanzelecke. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich aufgrund eines technischen Systemversagens nun ungewollt ein Schuß löst, ist bei einem Handspanner in diesem Zustand = 0. Bei einem gespannten, aber gesicherten System kann sich theoretisch aufgrund eines technischen Systemversagens ein Schuß lösen; die Wahrscheinlichkeit kann also nicht 0 sein. Wie hoch die Wahrscheinlichkeit konkret ist, hängt dann wieder von der Bauart und der jeweiligen Sicherung ab.

Nehmen wir der Einfachheit halber mal an, dass die einzelnen Bauteile eines solchen Systems jeweils eine Fehlerhäufigkeit von 1 pro 10.000.000 Betriebsstunden (d.h. die Waffe steht gespannt und gesichert in der Kanzelecke) haben. Wenn ich nun nur eine potentielle Fehlerquelle habe (Schlagbolzensicherung), ist die Wahrscheinlichkeit einer ungewollten Schussabgabe also 1:10.000.000 pro Stunde Ansitz, mithin also 0,0000001.

Wenn ich z.B. bei einer Abzugssicherung mehrere Bauteile habe, bei deren Versagen sich ein Schuß lösen kann (sagen wir einfach mal: 3 Bauteile), dann ist die Wahrscheinlichkeit einer ungewollten Schussabgabe 3:10.000.000 pro Stunde Ansitz, also 0,0000003.

Die mathematische Wahrscheinlichkeit eines Fehlers aufgrund technischen Systemversagens ist also

Handspannung (0) < Schlagbolzensicherung (0,0000001) < ... < Abzugssicherung (0,0000003).

Bis zu diesem Punkt kann ich also als Hersteller einer Jagdwaffe mit Handspannung ohne zu lügen behaupten, dass meine Waffe systembedingt "sicherer" ist.

Praktisch hat das natürlich keine Relevanz, weil der wichtigste Teil des Gesamtsystems in der Betrachtung fehlt, nämlich der Jäger. Unterstellen wir diesem nun auch mal zunächst eine pauschale Fehlerwahrscheinlichkeit von einer ungewollten Schussabgabe je 10.000 Jagdstunden, d.h. einer Wahrscheinlichkeit von 0,0001. Dann hätten wir bei der Handspannung eine Gesamtfehlerwahrscheinlichkeit von 0,0001000 und bei der Schlabo-Sicherung von 0,00010000001 (bezogen auf die 10.000 Jagdstunden). Da geht dann das Konstruktions- bzw. Sicherungsprinzip schon im statistischen Rauschen unter und kann komplett vernachlässigt werden.

Die spannende Frage ist nun, ob die Fehlerwahrscheinlichkeit des Systemelements "Jäger" in irgendeiner Form mit dem Konstruktionsprinzip der Waffe korreliert - also verursachen Jäger mit Handspannung statistisch signifikant weniger Fehler im Sinne der obigen Definiton als solche mit anderen Sicherungen? Und spätestens jetzt müssen wir uns mindestens mit Ergonomie, Psychologie und Physiologie auseinandersetzen und uns mit Fragen beschäftigen wie:

- Führen offensiv kommunizierte Sicherheitsfeatures zu einem falschen Sicherheitsgefühl beim Benutzer, mithin zu Nachlässigkeit oder gar zu erhöhtem Risikoverhalten, was die eigentlich positive Wirkung des Sicherungsfeatures ins Gegenteil verkehrt?

- Führt ein Systemwechsel auf ein theoretisch sichereres System z.B. mit Handspannung gerade wegen des Systemwechsels zu einer höheren Fehlerwahrscheinlichkeit? (Autoversicherer wissen z.B. von einer signifikanten Steigerung der Unfallhäufigkeit in den ersten Wochen / Monaten nach dem Wechsel des Fahrzeugmodells bzw. Herstellers).

- Entspricht die Benutzerführung des Sicherungssystems dem Gewohnten / Bekannten / ergonomisch Optimalem? (Wie war das noch? Mauser 98er-System ist rechts= sicher, aber Mauser M03 Handspanner ist rechts = scharf...)

- usw. usf.

Und zu diesen Fragen an der Schnittstelle Mensch - Jagdwaffe gibt es meines Wissens keine validen Untersuchungen und Zahlen (Die Aussage "80% unserer Käufer finden..." hat genauso wenig Evidenz wie "Alle in meinem jagdlichen Umfeld, denen ich täglich mein Wissen vermittele und die aus lauter Verzweifelung nicht mehr widersprechen, sehen das genauso" - auch wenn es vielen hier im Forum schwer fallen wird, das zu glauben...).

Insofern wissen wir de facto: nichts! Alle absolut formulierten Aussagen zu diesem Themenkomplex sind bestenfalls eingeschränkte Erfahrungswerte, schlimmstenfalls reine Esoterik. Der beste Ratschlag, den man mit halbwegs gutem Gewissen geben kann, ist dann wohl auch: verwende ein System, mit dem Du persönlich Dich wohl und sicher fühlst und übe mit diesem System!

Ist doch eigentlich ganz einfach :biggrin:

Prost!
 
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Gelöschtes Mitglied 21155

Guest
Ganz ehrlich. Ob nun Handspannung oder Sicherung kommt aufs gleiche heraus. Im Übrigen ist so ziemlich jede Jagdwaffe ein Handspanner. Oder Spannt ihr eure Büchsen mit dem Fuß oder per Akku. Naja, egal...
Meiner Meinung die interessantere Frage ist, wie verhält sich die Waffe wenn man vergessen hat zu entspannen oder zu sichern? Das sieht man nämlich immer wieder am Sammelplatz bei Drückjagden.

Da kommt nämlich das viel wichtigere Sicherungselement ins Spiel. Der ABZUG. Der ist nämlich die letzte "Sicherung".
Gerade bei den Waffen mit Spannschieber aus Isny sind die Abzugsgewichte oft so lächerlich niedrig dass man hier nicht mehr von einer "letzten Sicherung" reden kann.

Ich kann nicht verstehen wieso man sich einen 350g Abzug in seine Büchse einbauen kann um damit jagen zu gehen. Wirklich jeder kann mit einem Abzug der erst bei 1000g oder aufwärts bricht umgehen. Ist nur Übungssache.

Das ist imho das größte Sicherheitsrisiko.
 
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Deswegen haben Ami Kanonen immer noch Abzugssicherungen, aber Abzugsgewichte jenseits von gut und böse.
 
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Wo liegt bei Dir denn der Unterschied zwischen der Daumenbewegung um die Handspannung zu aktivieren und der Daumenbewegung um zb eine Schlagbolzen - Sicherung zu lösen? Ist nicht anders zu bedienen als die üblichen Schiebesicherungen auf dem Flintenhals

Hallo, ja war etwas missverständlich, das stimmt.
Die 202 hat eine Knopf rein/raus Sicherung, was sonst keiner hat und daher ungewohnt ist. Mein Text bezog sich auf die nachgerüstete Handspannung, die mit Kraftaufwand (direkt vor der Schussabgabe?) nach links oder rechts gedrückt werden muss.
Die serienmäßigen Handspanner auf dem Kolbenhals heute sind da wohl schon praktikabler.
 
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Gelöschtes Mitglied 13565

Guest
Ganz ehrlich. Ob nun Handspannung oder Sicherung kommt aufs gleiche heraus. Im Übrigen ist so ziemlich jede Jagdwaffe ein Handspanner. Oder Spannt ihr eure Büchsen mit dem Fuß oder per Akku. Naja, egal...
Meiner Meinung die interessantere Frage ist, wie verhält sich die Waffe wenn man vergessen hat zu entspannen oder zu sichern? Das sieht man nämlich immer wieder am Sammelplatz bei Drückjagden.

Da kommt nämlich das viel wichtigere Sicherungselement ins Spiel. Der ABZUG. Der ist nämlich die letzte "Sicherung".
Gerade bei den Waffen mit Spannschieber aus Isny sind die Abzugsgewichte oft so lächerlich niedrig dass man hier nicht mehr von einer "letzten Sicherung" reden kann.

Ich kann nicht verstehen wieso man sich einen 350g Abzug in seine Büchse einbauen kann um damit jagen zu gehen. Wirklich jeder kann mit einem Abzug der erst bei 1000g oder aufwärts bricht umgehen. Ist nur Übungssache.

Das ist imho das größte Sicherheitsrisiko.

Auweia, ein ganzes Post voller Jehova...




CdB :cheers:
 
G

Gelöschtes Mitglied 21155

Guest
Deswegen haben Ami Kanonen immer noch Abzugssicherungen, aber Abzugsgewichte jenseits von gut und böse.

Naja, längst nicht alle Amibüchsen habe eine Abzugssicherung und das oft hohe Abzugsgewicht vom Werk haben die Anwälte der Firmen zu verantworten. Ich kenne aber keine moderne Amibüchse die man nicht auf 1200g mit einfachsten Mitteln runter bekommt. Meiner Meinung absolut einfach damit zu schießen und sicherer als jeder 450g Wettbewerbsabzug.
 
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Da kommt nämlich das viel wichtigere Sicherungselement ins Spiel. Der ABZUG. Der ist nämlich die letzte "Sicherung".
Gerade bei den Waffen mit Spannschieber aus Isny sind die Abzugsgewichte oft so lächerlich niedrig dass man hier nicht mehr von einer "letzten Sicherung" reden kann.

Ich kann nicht verstehen wieso man sich einen 350g Abzug in seine Büchse einbauen kann um damit jagen zu gehen. Wirklich jeder kann mit einem Abzug der erst bei 1000g oder aufwärts bricht umgehen. Ist nur Übungssache.

Das ist imho das größte Sicherheitsrisiko.

Und was ist mit Stecherwaffen? Kann auch vergessen werden zu entstechen. Gegen vergessen ist kein Kraut gewachsen, egal was für eine Sicherungsart.

Pirschen mit offenem Verschluss käme mir nicht in den Sinn, damit Blätter, Zweige oder Dreck in den Verschluss geraten? Unterladen mit geschlossenem Verschluss durchaus, im Fall eines Falles durchrepetieren und fertich...:shoot:
 
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Braucht ja gar kein Stecher zu sein. Reicht ja die Handspannung nicht wieder zurückgedrückt, weil das Stück absprang. Merkte Kollege erst wieder am Auto. Und da das dann kein Vorteil zur normalen Sicherung ist , sah ich irgendwie den Vorteil nicht mehr so. Aber ok.
 
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Deswegen haben Ami Kanonen immer noch Abzugssicherungen, aber Abzugsgewichte jenseits von gut und böse.

Meine Ruger und meine Winchester

sichern ab Werk mit Dreistellungssicherung à la 98, nur horizontal.

Bei der Winchester, jeweils bei der Pirsch (Afrika, Schottland) ist mir 2 Mal durch kurzes Hängenbleiben an Ästen die Sicherung auf „scharf“ gestellt worden. Der nächste Ast hätte dann den Schuß aus der geschulterten Waffe auslösen können. Bei der Ruger hatte ich das noch nicht, dort greift der Sicherungshebel ins Schlösschen und ist besser geschützt.

Bei einem Handspanner hätte das nicht passieren können.

Gruß,

Mbogo
 
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Die Winchester ist ein 98er Klon, die Ruger reflektiert drauf.
Die meist verkaufte aller Zeiten, die Rem 700 hat was? Die meist produzierten Büchsen aktuell, Savage hat was?
 
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@Mbogo:

Genau für diese Situation ist das System ja auch gedacht. Frage ist dann immer noch in wieviel Pirsch-Fällen ein lautloses Laden/Spannen (was man ja prinzipiell gerne hätte) , erforderlich ist.
Waidgenosse mit SW Revier geht ständig mit WBK die Sauen an, bringt eigentlich immer was mit nach Hause. Da diskutiert keiner über Handspanner.

Ich glaube das ist bischen typisch deutsch den Sicherheitsstufen immer weiter vorauszueilen.
 
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Die Winchester ist ein 98er Klon, die Ruger reflektiert drauf.
Die meist verkaufte aller Zeiten, die Rem 700 hat was? Die meist produzierten Büchsen aktuell, Savage hat was?

ABS und ESP wie der meistproduzierte VW-Käfer der Welt?

:cool:
basti
 
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Die Masse kann hier kein Vergleich sein, weil wie gesgt in anderen Gefilden die Sicherheit längst nicht so hochgespielt wird.

Für mich ist der Tenor in der Sache: Handspanner die wie eine Schiebesicherung auf dem Kolbenhals, wenn auch mit mehr Kraftaufwand, zu bedienen sind, haben eine Berechtigung. Alle anderen nicht.
Grund: Sind dann zu bedienen wie die Flinte. Und das sitzt.
Das ist nur meine Meinung
 
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Gelöschtes Mitglied 21155

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Meine Ruger und meine Winchester

sichern ab Werk mit Dreistellungssicherung à la 98, nur horizontal.

Bei der Winchester, jeweils bei der Pirsch (Afrika, Schottland) ist mir 2 Mal durch kurzes Hängenbleiben an Ästen die Sicherung auf „scharf“ gestellt worden. Der nächste Ast hätte dann den Schuß aus der geschulterten Waffe auslösen können. Bei der Ruger hatte ich das noch nicht, dort greift der Sicherungshebel ins Schlösschen und ist besser geschützt.

Bei einem Handspanner hätte das nicht passieren können.

Gruß,

Mbogo

Ok, das fällt dann unter die Rubrik dumm gelaufen. Aber eine kleine Anmerkung habe ich dazu.
Ich würde nicht im Traum daran denken mir eine geladene und gespannte Waffe bei der Pirsch durch offensichtlich dichten Bewuchs über die Schulter zu hängen. Das wird ungefähr in der ersten Minute Waffenhandhabung im Jägerkurs auch so vermittelt und steht auf deinem Jagdschein hinten drauf unter Punkt 10.
Eine gespannte Waffe befindet sich ausschließlich in meiner Hand und sonst nirgends.
Nichts für ungut.
 

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