So, ich habe nun auch mein Brunftwochenende hinter mir.Der Onkel war so gnädig mir und meinem Studienfreund die Kanzel am Brunftplatz für ein Wochenende zu überlassen.
Freitagabend fing es dann an. Sonne pur, die Bäume beginnen langsam sich zu verfärben, ein laues Lüftchen weht und um kurz nach 6 beginnt der erste Hirsch über uns im Hang zu schreien. Bis zum Dunkelwerden hatten wir dann ein 3er und ein 4er-Kahlwildrudel, das ca. 12-köpfige Hauptrudel, zwei einzelne Alttiere (beim Kahlwild sind allerdings Doppelbepbachtungen möglich. ), einen 8er, einen Eisprossen-10 und einen lebensmüden Reineke vor, der sich vorgenommen hatte mitten über den Brunftplatz zu marschieren und sich dann aber sehr schnell wieder zurückzog. Der Chef im Ring war zwar deutlich in der benachbarten Dickung am treiben, aber zu sehen war er nicht.
Samstag morgen war es ziemlich neblig und fast komplett ruhig, zwar stand im ersten Büchsenlicht ein wenig Kahlwild auf der Fläche, aber Brunftbetrieb fand nicht statt...friedlich äsen war angesagt. Als dann die ersten Sonnenstrahlen den Weg durch den Nebel fanden baumten wir ab und wollten noch ein wenig pirschen. Ca. 200 Meter vom Sitz entfernt krachte es dann vor uns im Holz und ein Hirsch (einseitige Krone, mehr war so schnell nicht zu erkennen, aber gerochen hat er recht streng
) flüchtete auf uns zu, bekam uns erst auf 15 Meter mit und brach dann nach links weg hinunter ins Tal. Ein tolles Erlebnis. Wir haben draufhin die Pirsch sein gelassen, uns auf einen Holzstoß gesetzt und unser Frühstück ausgepackt. Vor uns ist auf bestimmt 200 Meter ein mit einem Kleegemisch begrünter Weg einsehbar und gegen 10 Uhr (Uhrzeit ist nur geschätzt, es war der Zeitpunkt meines 2. Brötchens und der 2. Tasse Kaffee
) treten auf diesem Alttier und Kalb aus und beginnen ganz friedlich am hellerlichten Tag zu äsen, als ob es keinerlei liebestolle Hirsche in der ganzen Gegend gäbe.
Der Samstag abend sah uns dann wieder am Brunftplatz. Wieder hatten wir reichlich Kahlwild vor, diesmal aber keinen Hirsch und wieder versuchte Reineke quer über die Wildwiese zu wechseln und trat angesichts der dort versammelten Weiber lieber wieder den Rückzug an.
Sonntag morgen hing wieder Nebel über dem Brunftplatz, was wir bereits beim angehen merkten und uns spontan dazu entschieden unseren Frühstücksplatz vom Vortag auch zum Ansitz zu nutzen. Von diesem Holzstoß aus horchten wir beiden Studentenköppe dann in die Dunkelheit. Deutlich war heute morgen mehrere Hirsche (mindestens 3) zu hören. Mehrmals krachte es rechts von uns im Windwurf. Zwei Mal zog Kahlwild recht zügig über den Grasweg und schließlich, gerade als die Sonne wieder durch den Nebel kam, hörten wir rechts von uns deutlich Stangenschlagen.
Obwohl wir beide nicht vor hatten irgendetwas zu erlegen schlug uns das Herz bis zum Hals. Ziemlich zittrig hielt mein Nachbar sein Glas ununterbrochen auf den Weg gerichtet, während ich die Augen zu hatte und auf anwechselndes Wild horchte. Dann jagte ein Hirsch hochflüchtig von rechts nach links über den Weg und kurz hinter im folgte der Platzhirsch. Es waren nur Sekunden, aber kurz nach dem Anblick strahlten wir beide über das ganze Gesicht. Doch es kam noch besser. Nach etwa fünf Minuten krachte es vielleicht 50 Meter vor uns, links des Weges und einen Augenblick später äugte "er" aus dem Randbewuchs zu uns hinüber. Und wie um uns beiden, die wir in diesem Moment beide zu den Herzinfarktkandidaten zählten nochmal deutlich zu machen wer das vorangegangene Duell gewonnen hatte, legte er das Haupt zurück und stieß einen kurzen Schrei aus, um dann den Weg spitz auf uns zu zu überqueren und sich wieder den Freuden des Lebens zu widmen. Es war die Krönung eines tollen Wochenendes für meinen Freund und mich!
Als wir gegen elf wieder am Jagdhaus angelangt waren und gemütlich auf der Terasse beim Frühstück saßen, konnten wir neben einem Schwarzspecht, der ein ums andere Mal über uns hinwegflog, "unseren Hirsch" von heute morgen noch zwei Mal kurz oben am Berg hören.
Alles in allem war es für mich mit Sicherheit
DAS Naturerlebnis dieses Jahres. Auch wenn es sich dabei nicht um eine jagdliche Betätigung handelte (die Büchse war nur zur Deko mit auf dem Sitz), wird es wohl für mich eine der jägerischen Sternstunden dieses Jahres gewesen sein.
Wh, Steve
PS.: Nur der Vollständigkeit halber: Es handelt sich bei dem beobachteten Platzhirsch, um einen "Hansi" par éxcellence.
1000fach von uns und unseren Nachbarn bestätigt ist er mittlerweile bereits das zweite Jahr derjenige welcher bei den Damen zum Zuge kommt. Dieses Jahr ist er als ungerader 14-Ender erschienen und wird von den Experten auf den 10. Kopf geschätzt. Da er seinen Einstand während der Feistzeit bzw. nach der Brunft fast ausschließlich bei zwei Nachbarn und sehr guten (Schul-)Freunden meines Onkels und während der Brunft dann bei uns hat, ist verabredet worden den Herrn noch mindestens zwei Jahre zu schonen, sofern er sich als Platzhirsch behauptet. Danach soll das Los entscheiden welcher der drei Revierinhaber ihn erlegen und das abendliche Erlegungsfestchen organisieren darf.
[ 25. September 2006: Beitrag editiert von: steve ]