Und um damit Dr. Nopens Frage zu beantworten: ich würde nie einem bis unter die Haarwurzeln unter Adrenalin stehenden JJI eine Kurzwaffe in die Hand drücken, selbst wenn ich eine hätte. Aber eben nicht aus z.Z. gültigen rechtlichen Gründen.
Aber da ja imho verschiedene Landesprüfungsordnungen zumindest das Kurzwaffenschießen als Prüfungsvoraussetzung sehen, kann man ihnen danach nicht das jagdliche Übungs- und Wettkampschießen mit Kws verbieten.
Damit sind wir uns über das Ergebnis einig, außer daß ich auch ein paar rechtliche Bedenken habe. Der Rezensent bei Amazon hat mich gebeten, meine Auffassung einmal zu begründen, und das will ich gerne tun - wohlgemerkt, ohne Alleingeltungsanspruch. Die Begründung liefere ich hier und nicht bei Amazon, weil das hier wohl der angemessenere Ort sein dürfte. Also:
Mit der Auffassung, der Jugendjagdscheininhaber unterliege ausschließlich den Regelungen des § 13 VII WaffG und die allgemeinen Bestimmungen des § 13 I-VI WaffG würden für ihn nicht gelten, weshalb er Kurzwaffen ausleihen dürfe, bin ich zurückhaltend, weil sie mit dem Gesetzestext kollidieren kann. Wahrscheinlich hat der Gesetzgeber diese Rechtslage zwar gewollt, er hat sie aber leider nicht so formuliert.
Bereits die Vorschrift des § 13 VII ist problematisch, schon deshalb, weil sie sich systemwidrig nicht zwischen Jagdwaffen und Schußwaffen entscheiden kann. Zudem führt sie zu unlogischen und inkonsistenten Ergebnissen, insbesondere demjenigen, daß dem Jugendjagdscheininhaber auf den ersten Blick Befugnisse eingeräumt werden sollen, die selbst der Inhaber eines Jahresjagdscheins nicht hat (bspw. Führen von Waffen auf dem Weg zum Schießstand; Umgang mit Schußwaffen, die keine Jagdwaffen sind). Mangelnde handwerkliche Qualität von Vorschriften ist im Waffenrecht allerdings inzwischen keine Ausnahme mehr und hindert deren Geltung nicht.
Die Tretmine liegt aber nicht in § 13 VII, sondern in § 13 I WaffG, und zwar konkret in der Definition des Jägers als jemanden, der einen Jagdschein im Sinne von § 15 I 1 BJagdG hat. Einen derartigen Verweis enthielt das WaffG 1976 nicht; dort wurden stets die jeweiligen Jagdscheine benannt, wenn es darauf ankam.
Wenn der Gesetzgeber – wofür die Entstehungsgeschichte des § 13 VII WaffG spricht – den Jugendjagdscheininhaber aus dem Kreise der Jäger im Sinne von § 13 I WaffG wirksam hätte ausschließen wollen, hätte nicht der im Gesetzentwurf noch enthaltene und damals schon überflüssige Verweis auf § 16 I BJagdG gestrichen, sondern entweder der Jugendjagdscheininhaber explizit ausgenommen oder – besser noch – statt auf § 15 I 1 BJagdG auf § 15 II BJagdG verwiesen werden müssen, weil diese Vorschrift explizit die „Erwachsenen“-Jagdscheine regelt.
Denn was ein Jagdschein ist, bestimmt sich nach dem BJagdG und nicht nach dem WaffG. Auch der Jugendjagdschein ist ein Jagdschein im Sinne von § 15 I 1 BJagdG, was nicht nur im jagdrechtlichen Schrifttum, bspw. in der Kommentierung bei Schuck, so vertreten wird, sondern sich auch unschwer bei einem Blick auf das Normengefüge der §§ 15, 16 BJagdG bestätigt.
§ 15 BJagdG enthält zwei unterschiedliche Regelungsbereiche. Zunächst regelt er in Abs. 1 allgemeine jagdpolizeiliche Grundsätze, nämlich die allgemeine Jagdscheinpflicht für Jäger und Beizjäger (Sätze 1 & 3) und die jagdscheinfreie Tätigkeit des Sammelns von Abwurfstangen (Satz 2). Eine Differenzierung zwischen Minderjährigen und Erwachsenen oder Deutschen und Ausländern findet nicht statt, weshalb dieser Grundsatz für jedermann gilt. In den folgenden Absätzen wird die Erteilung des Jagdscheins als Jahresjagdschein, Tagesjagdschein oder Tagesjagdschein für Ausländer geregelt, was sich aus der Wortwahl „(…) wird (…) erteilt.“ ergibt.
§ 16 BJagdG hingegen enthält keine eigenständigen jagdpolizeilichen Regelungen für Minderjährige, sondern regelt ausschließlich die Erteilung des Jagdscheins an diese in Form eines Jugendjagdscheins („(…) darf nur (…) erteilt werden.“) und die sich hieraus ergebenden Beschränkungen. Er ist mithin lex specialis zu § 15 II ff. BJagdG, nicht aber zu § 15 I BJagdG. Entsprechend bezieht sich der Verweis in § 16 IV BJagdG auch nicht auf den jagdpolizeilichen Grundsatz in § 15 I 1 BJagdG, sondern auf die Erteilungsvoraussetzungen in § 15 II ff. BJagdG, die für die Erteilung des Jugendjagdscheins entsprechend gelten.
Deshalb findet sich bspw. in § 17 II Nr. 1 BJagdG auch die Bestimmung, daß der Jagdschein Personen versagt werden kann, die noch nicht 18 Jahre alt sind, obwohl diese ohnehin nur einen Jugendjagdschein erhalten können, und gem. § 39 II Nr. 1 BJagdG handelt ordnungswidrig, wer keinen gültigen Jagdschein mit sich führt. Auch hier findet eine Differenzierung nach den verschiedenen Jagdscheinarten nicht statt.
Im Ergebnis ist daher auch der Jugendjagdscheininhaber Jäger im Sinne von § 13 I, IV-VI WaffG (die Absätze II und III spielen hier keine Rolle, da der Jugendjagdschein kein Jahresjagdschein und die Erteilung einer WBK nach § 13 VII 1 WaffG ohnehin ausgeschlossen ist).
Problematisch ist diese Erkenntnis deshalb, weil in der waffenrechtlichen Literatur (bspw. Steindorf/Heinrich/Papsthart, Gade/Stoppa, Heller/Soschinka) ohne nähere Auseinandersetzung mit der Bedeutung des § 15 I 1 BJagdG und mit leicht variierenden Begründungen geschrieben wird, der Jugendjagdscheininhaber sei kein Jäger im Sinne von § 13 I WaffG, und deshalb gelte für ihn nur Abs. 7. Hierzu wird teils vertreten, der Jugendjagdschein sei kein Jagdschein im Sinne von § 15 I 1 BJagdG (was m.E. aus o.g. Gründen unhaltbar ist) oder es wird ausgeführt, durch § 13 VII WaffG würde der Jugendjagdscheininhaber aus dem Kreise der Jäger im Sinne von § 13 I WaffG ausgenommen (was m.E. das WaffG durch den gewählten Verweis gar nicht kann, da es Sache des Jagdrechts wäre, darüber zu entscheiden, was ein Jagdschein im Sinne des BJagdG ist). Teilweise wird auch auf das Gesetzgebungsverfahren verwiesen, wobei auch dieses Argument den offensichtlichen Fehler, daß auf die falsche Norm des BJagdG verwiesen wird, nicht heilen kann. Auch setzt sich meines Wissens keiner der Kommentatoren vertieft mit den, sagen wir mal, Eigentümlichkeiten des § 13 VII WaffG auseinander.
Die Schwierigkeit, daß aufgrund eines vielleicht nur redaktionellen Fehlers des Gesetzgebers womöglich das Gegenteil des eigentlich Gewollten im Gesetz stehen könnte, erkennt offenbar Hinze/Runkel, der den Verweis zu Recht als mißlungen bezeichnet, und dieses Problem durch den Spezialitätsgrundsatz lösen will. Danach soll § 13 VII WaffG als lex specialis die vorhergehenden Absätze vollständig verdrängen. Dieser – auf den ersten Blick bestechend einfachen – Lösung steht bereits entgegen, daß sich auch die vorangegangenen Absätze aufgrund des Verweises ausdrücklich auch auf den Jugendjagdschein beziehen und ebenfalls die Befugnisse von dessen Inhabern regeln. Zudem kollidiert sie an anderen Stellen mit der Systematik des Gesetzes. Denn wenn sie zuträfe, würde auch das in § 13 I WaffG normierte Bedürfnisprinzip für den Jugendjagdscheininhaber in toto nicht gelten, obwohl der Gesetzgeber gerade dieses auch für Jäger einführen wollte (vgl. auch § 8 WaffG). Gegen Hinze/Runkel spricht auch, daß § 13 VII 2 WaffG (auch) von Jagdwaffen spricht und damit auf einen in Abs. 1 definierten Begriff Bezug nimmt, und daß es in § 13 VII WaffG einer der Vorschrift des § 13 IV WaffG entsprechenden Gleichstellung von Jugendjagdschein und WBK für den vorübergehenden Erwerb von Jagdwaffen fehlt. Auch fehlt es an einem Verweis, daß die genannten Vorschriften entsprechend gelten sollen, der systematisch bei einer echten Spezialnorm (siehe oben zu § 16 IV BJagdG) zu erwarten gewesen wäre.
Eine Gesamtschau der Norm spricht damit m.E. eher dafür, daß die ohnehin bestehenden Befugnisse für eine bestimmte Gruppe von Jagdscheininhabern, nämlich die Jugendjagdscheininhaber, eingeschränkt werden sollen, und weniger dafür, daß für diese Gruppe eine eigenständige Befugnisnorm geschaffen werden sollte.
Bei dieser Sachlage liegt die Annahme nicht fern, daß die hier relevanten Abs. 1, 4-6 auch für Jugendjagdscheininhaber gelten, wobei die weiteren Maßgaben der Sondervorschrift des Abs. 7 zu beachten sind. Sollte das zutreffen, dürfte der Jugendjagdscheininhaber sich zwar Jagdlangwaffen für die Dauer der Jagdausübung leihen, aber keine Kurzwaffen, weil er hierzu eine WBK bräuchte, die er aber nicht haben kann und auch nicht bekommt. Er dürfte allerdings im Rahmen der „Jedermann“-Befugnis nach § 12 I Nr. 5, II Nr. 2, IV 1 i.V.m. § 13 VII 2 WaffG Kurzwaffen und Munition unmittelbar auf der Schießstätte erwerben und damit schießen, weil er durch die ausdrückliche gesetzliche Erlaubnis in der Sondervorschrift insoweit von den Beschränkungen der § 2 I, § 27 III WaffG ausgenommen ist. Beim Führen bzw. Befördern der (Lang-)Waffen unterläge der Jugendjagdscheininhaber dann auch den Ausweispflichten gem. § 38 I Nr. 1 e, Nr. 2 WaffG.
Auch der bei rein „waffenrechtlicher“ Betrachtung als lex specialis bestehende Widerspruch, daß der Jugendjagdscheininhaber im Gegensatz zu allen anderen Jägern zum Führen der Waffe auf dem Weg zum Schießstand berechtigt sein soll, ließe sich mit der hier dargestellten „jagdrechtlichen“ Betrachtung auflösen. Denn im Zusammenspiel mit § 13 VI WaffG würde dieser die Regelung des Abs. 7 klarstellend dahingehend begrenzen, daß der Jugendjagdscheininhaber wie andere Jäger auch nur berechtigt wäre, Jagdlangwaffen im Zusammenhang mit der Jagdausübung zu führen, um sie selbständig ins Revier mitnehmen zu können. Daneben dürfte er sie eigenständig nur zum Schießstand befördern (§ 12 III Nr. 2 WaffG), weil die Beförderung ein erlaubnisfreier Unterfall des Führens ist. Der Regelung bezüglich des Führens bedarf es, weil der Umgang sonst „nur für die Dauer“ der genannten Tätigkeiten, u.U. aber nicht für die denknotwendige Beförderung der Waffe, gestattet wäre.
Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch Hinze/Runkel, der allerdings ohne nähere Begründung die Vorschrift durch einschränkende Auslegung auf die den übrigen Jägern ebenfalls zustehenden Befugnisse zu begrenzen versucht, was allerdings – da er § 13 VII WaffG als lex specialis sieht und sich damit den Rückgriff auf § 13 VI WaffG versperrt –angesichts des Gesetzeswortlauts der Vorschrift m.E. nicht überzeugt.
Die soeben dargestellte Auffassung mag man teilen oder nicht, Klärung wird auch hier nur durch entsprechende Rechtsprechung, wahrscheinlich aber nur durch den Gesetzgeber selber zu erwarten sein. Mit zulässiger juristischer Auslegung dürfte m.E. dem Übel nicht abzuhelfen sein, weil ohne unzulässige Mißachtung der Wortlautgrenze des § 15 I 1 BJagdG kaum zu begründen ist, weshalb der Jugendjagdschein kein Jagdschein sein soll. Allerdings besteht durchaus die Gefahr, daß ein Richter ebefalls zu der hier dargestellten Auffassung gelangen könnte, wenn er sich nicht nur auf das waffenrechtliche Schrifttum verläßt, sondern sich zusätzlich mit dem BJagdG und der dazu gehörigen Literatur vertieft auseinandersetzt.
Die Rechtslage ist mithin auch in dieser Frage mit nebulös noch milde umschrieben, was hier allerdings nicht einer bestimmten Rechtsmeinung, sondern der nachlässigen Formulierung der Vorschrift geschuldet ist. Zumindest ist der unselige Verweis auf § 15 I 1 BJagdG kreuzgefährlich, weil er das eigentlich Gewollte ins Gegenteil zu verkehren droht, ohne das dies hinreichend erkennbar ist.
„Gut gemeint“ und „politisch gewollt“ sind halt die kleinen Brüder von „schlecht gemacht“!
Ich würde daher keinem Jugendjagdscheininhaber (außer unmittelbar auf dem Schießstand) eine Kurzwaffe leihen, und ich würde auch niemandem raten, das zu tun. Auch das zugriffsbereite Führen von Langwaffen auf dem Weg zum Schießstand halte ich persönlich für suboptimal.
An dieser Stelle keimt dann schon der Verdacht auf, daß solche Regelungen extra nicht korrigiert werden, damit irgendeiner darauf hereinfällt.