Nach dem ersten "4er" Erlebniss ( Post 1612) hier der zweite Teil der 4er Triologie....
Diesmal war ich Gast.....
Mitte der Neunziger im Norden Brandenburgs.
Große revierübergreifende Drückjagd, beteiligt waren Landes-Bundes und Kommunalwald.Ganz frühes Treffen aller Schützen, es waren ca. 120, auf einem Forstgehöft.
Federführende Einsatzleitung hatte ein Anwärter vom Bundesbusch, der mit seiner Nickelbrille aussah, wie der junge Heinrich Himmler. Entsprechend zackig ging alles von statten.
Mein Name wurde nicht aufgerufen, zu mir kam ein alter Förster in DDR Forstuniform und meinte, er würde mich rausbringen.
Kam mir komisch vor, aber da ich da niemanden kannte, ( hatte den Platz als Notnagel von einem Kommilitonen übernomme), war mir das auch egal!
Frei waren Rot-Dam-Schwarz- und Rehwild.
Aufgrund eines sehr großen Truppenübungsplatzes und riesiger Waldflächen sollte entsprechend Wild vorhanden sein.
Rot- und Damwildtrupps mit 40 bis 80 Stück waren damals keine Seltenheit!!
Ich bestieg den Trabbi des Försters und los ging die wilde Fahrt in völliger Dunkelheit über Stock und Stein.
Nach fast 20, in Worten Zwanzig!!! ,Minuten stoppte der 601 abrupt.Es war immer noch stockdunkel.
"Aussteigen," meinte der wortkarge Ostdeutsche Forstmann....
Also raus, Rucksack und Waffe in die Hand und ihm hinterher....
Wir gingen auf einem Pirschweg durch eine bürstendicke Kieferkultur, bis wir an einem Hochsitz ankamen.
Mittlerweile dämmerte es....
"Das ist dein Sitz, vor dir ist eine große Fläche, du hast keine direkten Nachbarn, Waidmannsheil!"
Dreht sich um und weg war er.....
Ok......danke für das Gespräch....
Also rauf auf den Sitz.
Es war ein Hochsitz mit Dach, ganz ordentlich, hier konnte man sitzen.
Nach 20 Minuten wurde es heller und ich sah, wo ich gelandet war.
Im Rücken die besagte Dickung wie eine Linie, hier stand der Hochsitz und vor mir die amerikanische Prärie....
Eine Fläche so riesig, daß ich mit dem Fernglas nicht bis zum Ende gucken konnte...
Ehemalige Panzerschießbahn der NVA- Sowjets mit ein paar Hartzielen und Birkenkuseln...
Hinterher hörte ich was von 2500 ha, nur diese Fläche!!!
Also gut, haste wenigstens orrrrrrrrdentlich Zeit zum ansprechen und schießen.
Waffe geladen und dann wollte ich den Rucksack auspacken.
Dann der Supergau!
Morgens in der schnelle, vom klingeln an der WG-Tür, Ansage ,daß ich zur Jagd muß,bis zur Abfahrt waren ja nur 20 Minuten, hatte ich natürlich Brot und Thermoskanne vergessen...
Und was für mich PERSÖNLICH die größte Katastrophe ist, nichts zum lesen mit!!!!!!
Und das Treiben ging über 4 Stunden!!
Egal, unbekannte Reviere sind immer interessant.
Ich kürze jetzt ab.
In den 4 Stunden habe ich auf dieser riesigen Fläche nicht ein einziges Tier gesehen, angefangen von Mäusen über Vögel bis zum freigegebenen Rotwild!
Nichts, nix garnichts!!
Zusätzlich nicht einen Schuß gehört, egal wie weit oder Treiber oder Hundsgeläut.
Aufm Mond wäre bestimmt mehr losgewesen....
Man ist ja trotzdem guter Hoffnung, deswegen habe ich mir jedes Nickerchen untersagt.
Um kurz nach 12 Uhr hörte ich den Zweitakter anrauschen.
Mit ANHÄNGER!!!!!
"Na, was liegt Alles??!!??!!
Öööööhhhhh.......nix!
"Das ist ja komisch, daß ist ein super Platz"!!!
Ich konnte dem wortkargen Genossen dann entlocken, daß ich ganz weit außerhalb des eigentlichen jagdlichen Geschehens in einem Nachbarrevier gesessen habe, auf einem suuuuper Rückwechsel, wo immer was kommt!!!!
Leck mich am Arsch hab ich nur gedacht, hab meinem Kumpel einen Gefallen getan mit meiner Anwesenheit, Hauptsache die Suppe schmeckt, denn ich hatte seit dem Abendessen am Tag vorher nichts gehabt.
Also zurück zur Försterei.
Und dann ging los........
Nach und nach trudelten die Schützen, Ansteller und Wildwagen ein.
=Ich hab eben noch mal in mein Jagdbuch geguckt, es lagen 47 Rot- 62 Dam- 144 Schwarzwild und 107!!!! Rehe.
Zusätzlich ein Dutzend Füchse und ein damals noch seltener Marderhund.=
Alles versorgen, Strecke legen, Brüche, blasen, Essen und im dunkeln wieder nach Hause.
Im Wohnheim angekommen,meinem Kumpel herzlich für diesen Ausflug auf den Mond und die leckere Suppe meinen Dank ausgesprochen und sofort an die WG-Bar gesetzt und erstmal ordentlich auf diesen Schreck einen bis endlos genommen.......
Ein Jahr später.......
"Ich fahre wieder nach Dingenskirchen, willst mit?"
Djebjxkwleluuxzjejskkhvsbalekzzdjjwvv........
Ok, hab da nichts vor.
Diesmal dreimal geguckt, ob alles im Rucksack ist.
Hatte mir für den Notfall, daß ich auf den gleichen Sitz komme zwei Flaschen BIER eingepackt!!!!!!
Und dann alles wie im Vorjahr, nur, das anstand Heinrich Himmler so ein Frevert-Verschnitt die Ansage machte.
Und natürlich wurde ich nicht aufgerufen.....
Mein Forstgenosse kam und alles wie im Vorjahr!!!!
Er war sich sicher, heute geht was......
Ich lächelte, im Rucksack Stullen, Thermoskanne, ein dickes Buch, Schokoriegel und 2 Halbe!!!
Das Wetter sollte top werden und das angelesene Buch war spannend.
Abgekürzt.......aufm Sitz angekommen, Waffe fertig gemacht und auf die Brüstung gelegt.
Es wurde langsam guckhell und ich beuge mich zum Rucksack und hole Fernglas und Reservemun ( ich war ja trotzdem hochmotiviert) raus und lege beides aufs Sitzbrett.
Ich richte mich auf, gucke über die Fläche und sehe 2 Stück Wild weeeeit weg.
Glas hoch, Rotwild, Altier mit Kalb oder Schmaltier, 500 m vor mir auf mich zuwechselnd!
Perfekt, Waffe hoch, eingerichtet und kommen lassen.
Die Stücke waren nicht schnell, eher gemütlicher Trab.
Vorm Sitz ging der Wechsel quer, ich hab die Stücke dann angehalten, das Kalb lief 30m hinter dem Alttier und lag mit Hochblattschuß.
Das Alttier starte durch, zum Glück nicht hochflüchtig, so daß ein schneller Schuss auch dieses zusammenbrechen ließ.
Was für eine Aktion, ich war 10 Minuten aufm Sitz und 2 Rote lagen auf 30m vorm Sitz!!
Perfekt, Waffe nachgeladen, abgelegt und beuge mich runter und packe den Rucksack weiter aus.
Alles aufs Sitzbrett, freue mich über die nächsten 4 Stunden in Vollverpflegung und gucke wieder über die Brüstung.
Ich glaub,ich spinne!!
Sehe auf weite Entfernung wieder 2 Stück Wild!!
ROTE!!!
Zwei Spießer!!!
Dann wie bei den Vorgängern, nur daß die beiden Stücke rechts vom Hochsitz lagen!
Waffe nachgeladen, auf die Brüstung abgelegt und kurz nachgedacht, was gerade passiert ist.....
4 Rote mit 4 Schuss innerhalb von 20 Minuten nach beziehen des Sitzes.....
Dann mit dem Glas erstmal in Ruhe die ganze Fläche abeleuchtet.... nix!!
Da ich ja "aufm Mond" saß hab ich das Messer und das Fernglas genommen und bin runter zum aufbrechen.
Zwischendurch das Gelände abgeglast, so gut es ging.
Nach der roten Arbeit Finger gewaschen und wieder auf den Sitz.
Und was soll ich sagen....bis 12 Uhr nicht einen Schuß, Treiber oder Hundsgeläut!
Auch kein anderes Getier jeglicher Art...
Der 601 kam pünktlich, der Genosse Forst griente über beide Ohren, weil sein Plan diesmal aufgegangen war.
Er hat sich so gefreut, daß ich meinen Rucksack vor seinen Augen offen "umgeräumt" habe und die beiden Flaschen klöterten.....
Er guckte interessiert und ich wagte einen Vorstoß auf das Waidmannsheil.
"Jungchen, wir haben ja kein Eile, Du hast ja schon aufgebrochen!"
So saßen wir dann auf der Rehling des Anhängers mit einer Molle in der Hand und freuten uns des Tages.
Er erzählte dann, daß auf diesem Stand bei jeder Jagd was geschossen wird ,da hier viele Fernwechsel in die große Dickung laufen.
Uralte Fluchtwege vom Rotwild.
Mein Jahr zuvor war die einzige Ausnahme in über 20 Jahren....
Ich bin in dem Revier noch einige Jahre eingeladen worden.
Mein schweigsamer DDR-Forstuniform Genosse ist leider 4 Monate später plötzlich verstorben....
Auf diesem Sitz bin ich auch nie wieder gewesen....
Und das sollte wohl auch so sein.....
Nachwende-Erinnerungen die bleiben.....