Jetzt habe ich mal ein grundsätzliches Verständnisproblem:
Warum sollte z.B. kein Wasser aus einem Flussbett oder Bachbett (-ufer) in den Untergrund versickern können und von der daneben liegenden Wiese schon? Über die Menge kann man im Einzelfall sicherlich diskutieren, aber über die grundsätzliche Möglichkeit sicherlich nicht, oder irre ich mich da komplett.
Es gibt doch in Deutschland auch "Extremfälle" in Karstgebieten, wo Bäche wieder komplett verschwinden, oder?
Und gerade die großen Flüsse haben doch auch gerne in Flussnähe große Brunnen von Wasserversorgern - kein Uferfiltrat, sondern Grundwasser. Da kann ich Dir z.B. aus dem Inntal einige Beispiele zeigen und mir fehlt einfach die Vorstellungskraft, daß dieses Wasser komplett vom Fluss getrennt sein soll.
Es ist bei uns, d.h. in unserem Klima,
grundsätzlich so, dass das Grundwasser zum Vorfluter hin abfließt - Wasser fließt immer von hoch zu tief. Vorfluter sind alle Flüsse, Seen und das Meer. Ein Fluß, z. B. die Donau, bekommt permanent Wasserzufluß von beiden Uferseiten - Grundwasserspiegel stellen sich bei uns immer so ein, das sie beim schneiden mit einer Geländeoberfläche, einem Tal eben, dort zu Tage treten. Da entsteht eben ein Bächlein, das mit zunehmender Länge immer mehr Wasser erhält und irgendwann in ein Größeres mündet, das ebenfalls dauernd aus seinen Ufern Zufluß erhält. Wäre das nicht so, müsste ja das komplette Wasser aus seiner Quelle ausreichen bis zur Einmündung des nächsten Bachs usw. - wenn dann noch Wasser aus dem Fluß permanent in den Untergrund versickerte, käme es nicht weit. Das ist eben in ariden und semiariden Klimata der Fall.
Wenn, wie im Fall der oberen Donau, der Fluß in ein Karstgebiet gerät, in dem der natürliche Grundwasserspiegel tiefer liegt, als der Fluß in seinem Eintrittsbereich, tritt eben das ein - er versickert schnurstracks. Und dort, wo der tiefer liegende Grundwasserspiegel sich wieder mit einer Geländeoberfläche schneidet, bildet er wieder ein Quellgebiet und letztlich einen neuen Fluß, eine neue alte Donau bei uns.
Die Griechen haben daraus die Sage des Kampfes des Herakles mit der 9-köpfigen Hydra gemacht. Grundlage ist ein großer Talkessel auf dem Peloponnes am Rande eines Karstgebietes. In normalen Zeiten ist der Talgrund, ein alter verlandeter See, trocken, mit hohem Grundwasserstand und fruchtbarem Boden. Wenn es sehr weit entfernt stark regnet, hebt sich der Grundwasserspiegel im Karst etwas an und es bilden sich sofort Quellen, die den Talboden unter Wasser setzen - Ernte futsch. Wenn man eine Quelle abdichtet, entsteht daneben eine neue, der Hydra wächst ein neuer Kopf. Herakles, so das Wunschdenken damals, musste also den einen entscheidenden Kopf finden, der Hydra zum versiegen brachte.
Ein anderes bekanntes Beispiel ist der Okavango. Er entsteht im regenreichen atlantischem Klima Angolas und fließt nach unten, in diesem Fall nach Südsüdost. Er landet in einer Senke, die heute keinen Abfluß hat und die in einer Region, die ein semiarides Klima hat. Dort bildet er, hilflos, ein Binnendelta, einen zuwachsenden See, und das Wasser verdunstet und etwas versickert auch, zum Schaden der Namibier nicht genug. Die Verdunstung über seiner offenen Wasserfläche beträgt gut 2m pro Jahr und Quadratmeter. Aber dort findet tatsächlich Grundwasserneubildung aus dem See statt.
Hydrogeologisch betrachtet ist das wenig, ebenso, wie die Neubildung aus den Rivieren dort - Grundwasserneubildung findet eben über die Fläche statt, auf denen Niederschlag versickern kann.
Du kannst einen Brunnen in die Nähe eines Flusses bauen und wirst finden, dass der Wasserspiegel im Brunnen höher liegt, als der Wasserspiegel im Fluß - ergo fließt das Grundwasser in Richtung Fluß. Wenn Du dicht genug an den Fluß gehst und den Brunnen bepumpst, geht der Wasserspiegel darin vom Ruhewasserpegel in den Betriebswasserstand und es bildet sich um den Brunnen herum ein Absenktrichter aus, d.h., das Grundwasser fließt dem bepumpten Brunnen zu. Wenn die Oberfläche des Grundwassers im Absenktrichter/Brunnen niedriger liegt, als der Wasserspiegel im Fluß/See/Meer, fließt das Wasser von dort zum Brunnen.
Wenn man typischerweise ein Brunnenfeld in einer Flußkehre anlegt, die vom Flußwasser durchströmt wird, gewinnt man eben „Uferfiltrat“. Das bietet eine Menge technischer Vorteile, weil man konstante Mengen an Wasser permanent entnehmen kann, aus vergleichsweise flachen Brunnen, und nicht Gefahr läuft, Grundwasserleiter zu übernutzen. Das durch den Boden bereits gut gefilterte Wasser kann problemlos aufbereitet werden.
Gruß,
Mbogo