Verletzungen durch Schwarzwild & Erste Hilfe

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anonym

Guest
Vielleicht können die Experten hier unter uns mal sowas wie eine Schulung zusammenstellen explizit auf die angesprochenen Verletzungsmuster. Ein allgemein gehaltener EHK bringt ja nur das nötige Grundwissen
 
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....Keine Diskussion soll darüber statt finden wie wahrscheinlich ein Angriff ist und wie/ob dieser durch eine Schussabgabe (auch keine Kaliber oder KW/LW Diskussionen) gestoppt werden kann... .

....Wie schätzt ihr eine akute Gefährdung durch Blutverlust bei einem Schwarzwildangriff ein? ...

Sehr wichtig - da möchte ich an die Medizinkundigen auch gleich die Frage anhängen, mit welchem Blutverlust bei einem Marderangriff und Biss in den Hals zu rechnen ist. Bitte keine Diskussion, wie wahrscheinlich so Marderangriffe sind oder ob man Fallen nur zu zweit kontrollieren sollte. Also: reichen die Marderzähne aus, die Halsschlagader zu öffnen, kann man das selber abdrücken und welche Notrufnummer wählt man am besten bei Marderattacken?
 
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Interessantes Thema.

Ich war früher viele Jahre ehrenamtlich beim DRK und hatte einige Lehrgänge und auch Kontakt zu Notärzten.

Einstimmige Meinung war dort, das abbinden mehr schadet als nützt.
In meiner Behörde hingegen werden seit einigen Jahren alle Einsatzfahrzeuge mit Tourniquets ausgerüstet.

Bei der entsprechenden Zusatzausbildung wurde uns quasi das genaue Gegenteil beigebracht: Nichts stoppt eine Blutung so effektiv wie ein Tourniquet und die Gefahr von bleibenden Schäden soll sehr gering sein..

Als Beleg für diese Aussagen wurden unter anderem Einsatzstatistiken der US Army vorgelegt. Seit der Jahrtausendwende soll es dort wohl zu keiner nachweislichen Schädigung durch den Einsatz von Tourniquets gekommen sein, obwohl diese zum Teil mehrere Tage angelegt blieben bis die Verwundeten weiterversorgt werden konnten.

Auf meine Frage, wieso dieses Einsatzmittel bei deutschen Medizinern so verpönt ist, wurde mir vom Ausbilder mitgeteilt, das in Deutschland wohl die Angst vor einem unwahrscheinlichen Behandlungsfehler höher ist als vor einem sicheren Blutverlust.

Ich maße mir nicht an hierüber ein Urteil zu bilden, aber da sich in diesem Thread ja scheinbar doch ein paar Experten tummeln würde ich mich über Meinungen freuen!

Ich persönlich führe übrigens ein Tourniquet in meiner Beintasche und ein Verbandspäckchen im Rucksack.

Gibt es eigentlich eine Statistik, wieviele Verletzte es tatsächlich jährlich durch Schwarzwild gibt?
 
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Die Erfahrungen aus den militärischen Einsätzen in Afghanistan und dem Irak fließen seit einiger Zeit selbst in die Vorschriften- bzw. Ausbildungslage der Bundeswehr ein. Und das soll was heissen!
Ich führe auch ein Tourniquet im jagdlichen Notfallpack mit, ich bin mir aber auch der Anwendung bewusst.

Auf meine Frage, wieso dieses Einsatzmittel bei deutschen Medizinern so verpönt ist, wurde mir vom Ausbilder mitgeteilt, das in Deutschland wohl die Angst vor einem unwahrscheinlichen Behandlungsfehler höher ist als vor einem sicheren Blutverlust.

Da geht es wohl eher um die mit einem Behandlungsfehler verbundenen Regressforderungen. Das schingt ja auch immer bei EH-Kursen unterschwellig mit. Und dann wundert man sich wenn sich kaum jemand traut Erste Hilfe zu leisten.


BTW: Ich finde die Diskussion hoch interessant, man sollte das Thema aber nicht nur auf Verletzungen durch Sauen beschränken, man kann auch anders in Mitleidenschaft gezogen werden.
 
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Moin!

Bei der entsprechenden Zusatzausbildung wurde uns quasi das genaue Gegenteil beigebracht: Nichts stoppt eine Blutung so effektiv wie ein Tourniquet und die Gefahr von bleibenden Schäden soll sehr gering sein..

Das geht wohl eher darum, ob es ZUSÄTZLICHE Schäden gegeben hat. Wenn das Bein durch eine IED schon ab ist oder so zerstört, dass eine Amputation nicht zu vermeiden ist, schadet ein Tourniquet auch nicht mehr, sondern kann den Patienten die 2, 3 Stunden am Leben halten bis die Evakuierung stattfinden kann und der ins Feldlazarett kommt. Wir haben hier im ländlichen Brandenburg zwar exorbitante Reaktionszeiten der Rettung, aber 30 - 45 Minuten schaffen die normalerweise schon. Amputationen nach Sauenangriff sind m. W. auch eher selten. Daher ist es hier wahrscheinlich sinnvoller, sich über entsprechende Druckverbände Gedanken zu machen und ein Tourniquiet als absolute Notfallreserve zu betrachten.

Viele Grüße

Joe
 
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Da geht es wohl eher um die mit einem Behandlungsfehler verbundenen Regressforderungen. Das schingt ja auch immer bei EH-Kursen unterschwellig mit. Und dann wundert man sich wenn sich kaum jemand traut Erste Hilfe zu leisten.

Mir wurde immer in den Erste Hilfe Kursen erzählt das mir nichts passieren kann wenn ich versuche zu helfen und dabei Mist baue. Was ist da jetzt richtig?
 
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Ein Behandlungsfehler kann nur eine Fachkundige Person (Arzt, RettAss, RettSan etc..) begehen. Ein EH kann nicht belangt werden solange er nicht grob Fahrlässig handelt.

Es gibt einen Unterschied zwischen
Abbinden und Tourniquet
Abgebunden wurde früher mit Stoffetzen Bindfäden etc hier kommt auf eine kleine Fläche viel Kraft das Gewebe wird zerstört ein evtl Replantierung somit ausgeschlossen.
Ein Tourniquet hat eine größere Fläche somit sinkt das Risiko es wird allerdings laut TCCC (us militär) folgende Vorgehensweise vorgeschrieben:
Tourniquet anlegen dann Druckverband. Tourniquet etwas lösen wenn Blutung steht gut wenn nicht wieder festdrehen und Druckverband nachbessern. Dann erneutes lösen wenn die Blutung nicht steht wird das Tourniquet angezogen aber alle 45min kurz gelöst.

Es ginge auch mit einer Blutdruckmanschette für den Oberschenkel hier ist die Fläche deutlich größer und der Druck lässt sich leichter Regulieren.


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Verletzungen durch Schwarzwild & Erste Hilfe

Hallo,

als Ersthelfer bringt jede Hilfe mehr als gar keine. Deswegen nimmt man z.B. einem bewusstlosen Motorradfahrer auch den Helm ab (trotz einer möglichen Verletzung an der Wirbelsäule). Unser Fortbilder hat es folgendermaßen drastisch ausgedrückt: "Besser gelähmt und am Leben als am Erbrochenen erstickt und tot."

Grüße

Editiert wegen Rechtsschreibfehlern...
 
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Mir wurde immer in den Erste Hilfe Kursen erzählt das mir nichts passieren kann wenn ich versuche zu helfen und dabei Mist baue. Was ist da jetzt richtig?

Dir kann nichts passieren, sofern du nicht grob fahrlässig handelst. Aber es halten sich in dem Bereich auch noch viele Schauergeschichten, das ist auch ein Qualitätsmerkmal von EH-Kursen.

Es gibt einen Unterschied zwischen
Abbinden und Tourniquet
Abgebunden wurde früher mit Stoffetzen Bindfäden etc hier kommt auf eine kleine Fläche viel Kraft das Gewebe wird zerstört ein evtl Replantierung somit ausgeschlossen.
Ein Tourniquet hat eine größere Fläche somit sinkt das Risiko es wird allerdings laut TCCC (us militär) folgende Vorgehensweise vorgeschrieben:
Tourniquet anlegen dann Druckverband. Tourniquet etwas lösen wenn Blutung steht gut wenn nicht wieder festdrehen und Druckverband nachbessern. Dann erneutes lösen wenn die Blutung nicht steht wird das Tourniquet angezogen aber alle 45min kurz gelöst.

Es ginge auch mit einer Blutdruckmanschette für den Oberschenkel hier ist die Fläche deutlich größer und der Druck lässt sich leichter Regulieren.

:thumbup:
Wie gesagt, ein guter Erste-Hilfe Lehrgang und das richtige "mindsetting" sind schonmal der richtige Weg zur richtigen Wundversorgung im "Ernstfall".
 
A

anonym

Guest
Also ich find ja noch mal viel wichtiger, dass man am jeweiligen Ort des Geschehens so orientiert ist, dass man professionelle Retter überhaupt mal da hin bekommt.
Also wo ist der nächste Rettungspunkt, welche Nummer hat er etc. Und da scheiterts ja schon bei den Meisten. Auch gern mal im eignen Revier.
 

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