Ein schöner Abend, bin eine Stunde bergauf gekraxelt und habe mich an einen Felsen gesetzt, der guten Einblick auf eine einsame Wiese im Wald bietet. Man kann durch den Wald auf der abgewandten Seite unbemerkt auch später den Platz erreichen.
Im Fels ist eine Einkerbung, daß man bequem drin sitzen kann.
Beim vorsichtigen Besetzen dieses Platzes äsen schon sechs Gams auf 110 Meter im oberen Teil.
Das Problem ist, unbemerkt mit der DJT-Hündin die letzten zwei Meter gaaaaanz langsam zurück zu legen.
Bewegungen werden vom scharfäugigen Wild sofort wahr genommen.
Uff, ist gelungen, die Gemsen äsen friedlich weiter.
Ich genieße den schönen Abend und hoffe auf einen Rehbock. Hier oben habe ich schon mehrfach starke Rehböcke in Anblick gehabt, konnte aber nie zu Schuß kommen.
Oh je, vier hoffnungsvolle Gams-Jährlinge toben herunter und jagen sich auf 50 Meter unter mir.
Das ist definitiv zu viel für den passionierten DJT. Er bekommt seinen Anfall von AHDS, winselt und hopst auf dem Schoß, will unbedingt die Chance wahr nehmen und Gams hetzen.
Also mit der Hand die Tarnkappe runter ziehen, Fang zu halten, so kann ich die Hündin bändigen.
Von unten rauscht der tosende Wildbach und überdeckt ihr Spektakel...
Gott sei Dank springen die Gams wieder nach oben ab und verschwinden bald im Wald.
Da, eine alte gritzegraue Ricke zieht vorsichtig oben aus dem Wald. Ob ein Bock folgen wird?
Ich baue den famosen Carbon Ziel- und Bergstock Ultralight Silent auf - mit dem 150mcm langen Vierbein kann man bequem und pickelfest die Waffe vom Bodensitz aus auflegen.
Die Ricke äst eine Weile und verschwindet überriegelt, meine Spannung läßt langsam nach.
Da, ein roter Wildkörper schiebt sich aus dem rechten Kiefernhorst - ach, "nur" ein Schmaltier. Wie schön, es zu beobachten.
Auch dies ist bald wieder überriegelt.
Ein schöner Abend!
Döse vor mich hin und schaue immer wieder auch nach unten.
Donnerwetter, was ist das? Auf 80 m wechselt um 21h15 ein Stück Schwarzwild aus und zieht langsam auf mich zu!
Der Hund auf dem Schoß ist versteinert; das Glas zeigt blitzende Waffen und einen massigen hellgrauen Körper.
Langsam hebe ich die führige Merkel K 5 - den Zielstock brauche ich auf die kurze Entfernung nur als seitliche Stütze. Der Hund auf dem Schoß rührt sich nicht und stört nicht beim in Anschlag gehen.
Als der Keiler kurz halb breit steht lasse ich die Barnes XLC 130 grn in .270 Win fliegen - satter Kugelschlag, der Keiler fällt im Schuß, kommt nach Sekunden wieder hoch und torkelt zum Rand der Wiese.
Oh je - wenn er ihn erreicht, wird es hart für mich. Der Hang fällt dort 60 Meter steilst ab. Da habe ich Schwerstarbeit vor mir, ihn zu bergen.
Erleichtert sehe ich den Keiler einen Meter vor der Kante fallen und schlegeln. Ich habe inzwischen nachgeladen, der zweite Schuß ist aber nicht nötig.
Später sehe ich, daß die Kugel vor dem linken Blatt traf und vor der rechten Keule wieder austrat.
Schnell die Siebensachen zusammengerafft - der DJT ist nun völlig verrückt - Keiler in Anblick, Schuß, Keiler schlegelnd am Boden, das ist zuviel für die Passion auf vier Pfoten...
Der Abend wird lang: Aus der dicken Schwarte schlagen, komplett ausbeinen, das Wildbret in den Rucksack, das sauschwere Haupt und K 5 vorn an die Brustgurte gehängt und laaaangsam über Stock und Stein heimwärts gewankt. Verdammt grenzwertig - gut, daß es ein Berg-Keiler mit nur ca. 80 Kilo war, da bleibt als schieres Wildbret nicht so viel übrig. Immerhin habe ich auch die Lungen fürs Hündchen mit eingepackt.
Egal, um 01h bin ich ziemlich fertig und pitschenaß geschwitzt daheim. Die nächsten beiden Tage wird Jagdpause und Erholungsphase sein!
Welch Abend, das ist nun das vierte Hauptschwein bei Tageslicht bei der Pirsch oder improvisiertem Bodenansitz in dreißig Jahren in diesem Revier !
Nach Zahnabschliff und einfachem Herausschieben der Waffen nach hinten aus dem Unterkiefer schätze ich ihn auf 15 Jahre.
Das Wildbret wird zu leckerem Gehackten verarbeitet - das gibt leckere Kartoffel-Gehacktes-Aufläufe...