das ist ja mal wieder eine Frage, die ich mit dem Zitat des guten Osgyan beantworten kann, der da so richtig erklärt: wer austeilen will, muss auch einstecken können!
Die Energie der Explosion beim Schuss beschleunigt nicht nur das Geschoss, sondern letztlich auch die Waffe. Es ist aber nicht so einfach, nur die Mündungsenergie der Geschosse zu vergleichen und damit eine Aussage über den Rückstoß zu erhalten. Zunächst wird nicht nur das Geschoss beschleunigt, sondern das Pulver selbst oder umgeformt als Gas, wird aus dem Lauf geschleudert. Den gleichen Impuls, wie sie alle aus dem Lauf austretenden Massen zusammen aufweisen, erfährt dann auch die Waffe. Das ist wichtig, weil daraus direkt abgeleitet werden kann, dass eine schwerere Waffe weniger schnell wird. Der Impuls der Waffe wird schließlich auf der Schulter abgefangen und in Deformationsarbeit umgewandelt. Gleichzeitig kann dabei die Waffe anfangen, eine Drehbewegung um diesen Punkt (die Schulter) auszuführen. Aufgrund der Anordnung des Laufes und der Massenverteilung schlägt in der Regel der Lauf nach oben, was bei kürzeren Waffen noch deutlicher auftreten, insgesamt aber doch sehr von der Schaftform begünstigt werden kann.
Wenn alle diese Waffen-technischen Vorraussetzungen egalisiert werden, macht also die Menge dessen, was durch den Lauf beschleunigt wird und die erreichte Geschwindigkeit dieser Massen den Hauptunterschied, aber auch noch nicht den ganzen Unterschied aus. Es ist zwar nicht ganz richtig, hilft aber in der Betrachtung, wenn von einem Raketeneffekt gesprochen werden kann. Aufgrund verschiedener Tatsachen, wie zum Beispiel der Wechselwirkung mit der umgebenden Luft vor der Mündung oder den Verhältnissen der Reibungs-aktiven Flächen zu den Massen, wirkt ein dickeres Kaliber etwas Rückstoßstärker, wenn alle anderen Faktoren gleich sind.
Die Dauer des Raketeneffektes ist ebenfalls ein Faktor und sehr häufig ist der Druckabbau bei dickeren Kalibern schneller, als bei dünneren. Dies ist jedoch sehr abhängig von dem verwendeten Pulver und der Lauflänge.
Nun könnte jemand auf die Idee kommen, das einzige, was keine Rolle beim Rückstoß spielt, sei der Drall, doch das stimmt nicht. Die Energie, die in die Rotation des Geschosses eingeht, fehlt ja für dessen Beschleunigung. So spielen also unterschiedliche Dralllängen auch noch eine Rolle beim Rückstoß, wenngleich hauptsächlich wegen der dadurch bedingten unterschiedlichen Mündungsgeschwindigkeit.
Und wenn wir schon dabei sind, sogar ein rechts oder links Drall macht einen Unterschied, weil die Waffe dadurch ja auch in eine Drehbewegung versetzt wird und je nach persönlicher Neigung wird das eine schlimmer empfunden, als das andere.
Ojeh ojeh. Vielleicht kann das die Schwierigkeit deutlich machen, die entsteht, wenn das Problem erfasst werden soll. Dabei haben wir noch nicht darüber gesprochen, dass es sehr persönliche Unterschiede in der Wahrnehmung des Rückstoßes gibt und dass zum Beispiel Faktoren, wie ein lauter Mündungsknall eine psychische Wirkung haben und deshalb dazu führen können, dass die gleiche Kraft des Rückstoßes vollkommen unterschiedlich empfunden wird.
Insgesamt also nahezu unlösbar, dieses Problem.
Bei den betrachteten Kalibern sind die Durchmesser und auch die sonstigen Verhältnisse etwa vergleichbar. Die .308Win kann etwa 50 grains Pulver aufnehmen (die Zahlen sollen nun nur dem Vergleich dienen), die 8x57IS etwa 55 und die .30-06 etwa 60 grains. Wenn alles andere gleich ist, also die Geschosse gleich schwer sind und die Läufe gleich lang, führt die unterschiedliche Menge an Pulver auch zu unterschiedlichen Mündungsgeschwindigkeiten. Aber nicht ganz im Verhältnis der Pulvermassen, sondern weniger deutlich. Deshalb denke ich, die Verhältnisse der Pulvermassen zueinander ist ein genügend großer Anhalt für den Vergleich des Rückstoßes, wobei jedem klar ist, wie sehr diese Betrachtung spekulativ ist.
Die Unterschiede wären dann etwa 10% vom einen zum nächsten Kaliber in dieser Reihe. Das wäre ein kaum spürbarer Unterschied. Nun kommt noch die Praxis dazu. Tatsächlich werden in fast allen .30-06 die Geschosse ziemlich tief gesetzt, was den Brennraum reduziert. Faktisch halten daher bei gleich schwerden Geschossen, die .30-06 und 8x57IS fast schon die gleiche Pulvermenge. Vielleicht nur zwei oder drei Grains Unterschied, mehr bei der .30-06, doch wegen des dickeren Kalibers dürfte tatsächlich im Endeffekt kein Unterschied zwischen dieser und der 8x57IS zu spüren sein.
Die .308Win fällt hinter diesen beiden jedoch ab, deutlich, doch nicht so deutlich, dass es in jedem Fall auch deutlich spürbar wäre. Insbesondere, wenn dann auch noch unterschiedliche Waffen verglichen werden.