Rotwild 2023/24

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Noch ein Erlebnis aus der Brunft...

Ich saß mit der Jagdherrin draußen, um eventuell den jährlich obligatorischen 1er Brunfthirsch zu holen.

Ich hatte einen neuen Sitz eigens für die Brunft auf einem Kopf am Rande eines Fichtenbestandes mit eingesprengten Buchenverjüngungsinseln errichtet. Rechts vom Sitz fällt der Hang 300m weit ab und ist gut einzusehen.

Unten auf ca. 150- 200 m war schon beim Angehen Brunftbestrieb zu hören. Als ich mich langsam als erster die Leiter hochschiebe sehe ich das Wild. Ein großes Rudel, 15 oder mehr Stück, teils niedergetan, teils äsend. Der Hirsch ist zwar zu hören, aber nicht zu sehen.

Nach einer halben Stunde kommt Bewegung in die Sache. Der Hirsch, der abseits im Bett saß wird hoch und beginnt die Damen zu bewinden und etwas Unruhe zu verbreiten. Ein starker Hirsch. Nach einer Weile beobachten denke ich, dass er passt. Nicht übermäßig alt, aber sicher 10- 11 Jahre. Dann das Geweih. Wie soll man es beschreiben, mir fällt nur ein menschliches Adjektiv ein. Das Geweih ist hässlich. Anders kann man es nicht sagen. Mäßig dicke Stangen, recht lang, aber ganz kurze und zum Teil nach innen gebogene Enden.

Die Chefin scheint auch zu dem Ergebnis gekommen zu sein. Die Büchse steht in der Ecke. Sie will nicht schießen. Wir diskutieren. Die Chance ist einmalig. Gutes Licht, viel Zeit.

Der permanent sprengende Hirsch (die Damen müssen mehrheitlich brunftig sein...) hat jetzt Aufmerksamkeit erregt. Eine gute Stimme nähert sich. Vorsichtshalber wird die SR 21 Superclassic in Stellung gebracht... Spannung und falscher Alarm. Von vorn kommt der Hirsch auf 50 m. Naja, 6 Jahre vielleicht. Als der Hirsch zu nah ans Rudel kommt, wird er gleich 200 m auf Trab gebracht und das Rudel ist allein.

Plötzlich eine Bewegung in einer der Verjüngungsflächen. Einem Geist gleich wird dort in Zeitlupe ein weiterer Hirsch hoch. Ich kann nur den bulligen Körper erkennen, Haupt und Vorschlag sind hinter einer Buche. Er brummt verhalten und leise vor sich hin. Jetzt zieht er etwas vor. Ein ungerader Achter vom vielleicht 4. Kopf ist es. Was der in dem Alter schon meldet, frage ich mich. Wohl lebensmüde so nah beim Rudel. Aber er ist vorsichtig. Rührt sich nicht vom Fleck. Er weiß um den Pascha und seinen Zorn, hält sich zurück. Mit weit herausgetretenen Lichtern giert er förmlich zum Rudel hin. Aber er steht wie angeschraubt.

Der passt auch. Die Chefin möchte lieber den als den Pascha.

Die Jagdherrin sieht ihn aber nicht richtig von ihrer Position aus. Wir wechseln leise den Platz. Als wir wieder eingerichtet sind, sehe ich den Hirsch auch nicht mehr.
Vorsichtig schaue ich zum Rudel. Aha, der Platzhirsch ist zurück. Der Achter bleibt verschwunden. Das Licht schwindet auch, wir baumen ab.

Die nächsten Tage vergehen ohne Erfolg an anderen Plätzen. Den Achter habe ich darüber vergessen. Falls ich ihn noch mal sehe, darf ich ihn erlegen. Auch der "hässliche" 1er wäre für mich frei.

Wochen später bin ich noch mal am Brunftplatz. In der angrenzenden Feldmark wird der nun schon schwarz gewordene und durch das Rotwild stark gezehntete Weizen doch noch abgeerntet.
Es ist ja schon Oktober.

Bewegung im Hang. Zwei Hirsche wechseln durch. Ein stärkerer und sein Adjutant. Beide nix zum schießen. Jetzt kommen Tier und Kalb auf demselben Wechsel. Flüchtig. Auch nichts zu machen. Ditsch macht es ein paar hundert Meter weiter. Der Jagdfreund hat das Kalb. Sehr schön. Ich freue mich. Jetzt kommt aus Richtung des Schusses noch ein Hirsch. Ich glaube es kaum, es ist der ungerade Achter. Ziemlich schnell trollt er unter mir im Hang durch. Eine Schneise kommt noch, da fasse ich ihn flüchtig wie auf der Drückjagd. Bumms. Der Hirsch zeichnet und flüchtet den Wechsel weiter, als ob nichts ist. Entschwindet aus meinem Blickfeld.

Nach einer Weile gehe ich zum Anschuss. Da sind tiefe Eingriffe. Sonst nichts. 50 m will ich auf dem Wechsel noch vorgreifen, wenn sich dann nichts findet, hole ich den Hund. Nach 10 m liegt Schweiss, Lungenschweiss. Langsam folge ich der Schweissfährte und nach ca. 100 m liegt er.

Anhang anzeigen 247079

Tja wer hätte gedacht, dass es noch mal ein Wiedersehen gibt. Waidmannsheil.
Waidmanns Heil
Hat sich das Alter des Hirsches nach eurem Ansprechen, auch am Stück bestätigt ?
 
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Noch ein Erlebnis aus der Brunft...

Ich saß mit der Jagdherrin draußen, um eventuell den jährlich obligatorischen 1er Brunfthirsch zu holen.

Ich hatte einen neuen Sitz eigens für die Brunft auf einem Kopf am Rande eines Fichtenbestandes mit eingesprengten Buchenverjüngungsinseln errichtet. Rechts vom Sitz fällt der Hang 300m weit ab und ist gut einzusehen.

Unten auf ca. 150- 200 m war schon beim Angehen Brunftbestrieb zu hören. Als ich mich langsam als erster die Leiter hochschiebe sehe ich das Wild. Ein großes Rudel, 15 oder mehr Stück, teils niedergetan, teils äsend. Der Hirsch ist zwar zu hören, aber nicht zu sehen.

Nach einer halben Stunde kommt Bewegung in die Sache. Der Hirsch, der abseits im Bett saß wird hoch und beginnt die Damen zu bewinden und etwas Unruhe zu verbreiten. Ein starker Hirsch. Nach einer Weile beobachten denke ich, dass er passt. Nicht übermäßig alt, aber sicher 10- 11 Jahre. Dann das Geweih. Wie soll man es beschreiben, mir fällt nur ein menschliches Adjektiv ein. Das Geweih ist hässlich. Anders kann man es nicht sagen. Mäßig dicke Stangen, recht lang, aber ganz kurze und zum Teil nach innen gebogene Enden.

Die Chefin scheint auch zu dem Ergebnis gekommen zu sein. Die Büchse steht in der Ecke. Sie will nicht schießen. Wir diskutieren. Die Chance ist einmalig. Gutes Licht, viel Zeit.

Der permanent sprengende Hirsch (die Damen müssen mehrheitlich brunftig sein...) hat jetzt Aufmerksamkeit erregt. Eine gute Stimme nähert sich. Vorsichtshalber wird die SR 21 Superclassic in Stellung gebracht... Spannung und falscher Alarm. Von vorn kommt der Hirsch auf 50 m. Naja, 6 Jahre vielleicht. Als der Hirsch zu nah ans Rudel kommt, wird er gleich 200 m auf Trab gebracht und das Rudel ist allein.

Plötzlich eine Bewegung in einer der Verjüngungsflächen. Einem Geist gleich wird dort in Zeitlupe ein weiterer Hirsch hoch. Ich kann nur den bulligen Körper erkennen, Haupt und Vorschlag sind hinter einer Buche. Er brummt verhalten und leise vor sich hin. Jetzt zieht er etwas vor. Ein ungerader Achter vom vielleicht 4. Kopf ist es. Was der in dem Alter schon meldet, frage ich mich. Wohl lebensmüde so nah beim Rudel. Aber er ist vorsichtig. Rührt sich nicht vom Fleck. Er weiß um den Pascha und seinen Zorn, hält sich zurück. Mit weit herausgetretenen Lichtern giert er förmlich zum Rudel hin. Aber er steht wie angeschraubt.

Der passt auch. Die Chefin möchte lieber den als den Pascha.

Die Jagdherrin sieht ihn aber nicht richtig von ihrer Position aus. Wir wechseln leise den Platz. Als wir wieder eingerichtet sind, sehe ich den Hirsch auch nicht mehr.
Vorsichtig schaue ich zum Rudel. Aha, der Platzhirsch ist zurück. Der Achter bleibt verschwunden. Das Licht schwindet auch, wir baumen ab.

Die nächsten Tage vergehen ohne Erfolg an anderen Plätzen. Den Achter habe ich darüber vergessen. Falls ich ihn noch mal sehe, darf ich ihn erlegen. Auch der "hässliche" 1er wäre für mich frei.

Wochen später bin ich noch mal am Brunftplatz. In der angrenzenden Feldmark wird der nun schon schwarz gewordene und durch das Rotwild stark gezehntete Weizen doch noch abgeerntet.
Es ist ja schon Oktober.

Bewegung im Hang. Zwei Hirsche wechseln durch. Ein stärkerer und sein Adjutant. Beide nix zum schießen. Jetzt kommen Tier und Kalb auf demselben Wechsel. Flüchtig. Auch nichts zu machen. Ditsch macht es ein paar hundert Meter weiter. Der Jagdfreund hat das Kalb. Sehr schön. Ich freue mich. Jetzt kommt aus Richtung des Schusses noch ein Hirsch. Ich glaube es kaum, es ist der ungerade Achter. Ziemlich schnell trollt er unter mir im Hang durch. Eine Schneise kommt noch, da fasse ich ihn flüchtig wie auf der Drückjagd. Bumms. Der Hirsch zeichnet und flüchtet den Wechsel weiter, als ob nichts ist. Entschwindet aus meinem Blickfeld.

Nach einer Weile gehe ich zum Anschuss. Da sind tiefe Eingriffe. Sonst nichts. 50 m will ich auf dem Wechsel noch vorgreifen, wenn sich dann nichts findet, hole ich den Hund. Nach 10 m liegt Schweiss, Lungenschweiss. Langsam folge ich der Schweissfährte und nach ca. 100 m liegt er.

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Tja wer hätte gedacht, dass es noch mal ein Wiedersehen gibt. Waidmannsheil.
Ein spannender Bericht, toll geschrieben - so wünscht man sichs im Jagdforum!
WMH!
 
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Im Rahmen meiner begrenzten Möglichkeiten spreche ich so gut an, wie ich es kann und gelernt habe. Entschließe ich mich zum Schuss, sind die Würfel gefallen und am Stück freue ich mich zunächst erst mal. Tot ist tot und das Stück ist dann so alt wie es ist. Hinstellen kann man es nicht mehr.

Wenn ich abkoche, schaue ich mir Schädelmerkmale und Kiefer natürlich an. An jedem Bock/Hirsch (älter 2 a) hängen bei mir die UK. Nur um zu sehen, wie groß die Irrtumswahrscheinlichkeit ist.

Und ja, der Hirsch hat gepasst.
 
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20240214_113536.jpg

Zum Vergleich mal der damalige kurzzeitige Weltrekordhirsch, der den Fehler machte, in seinem Lebenslauf eine solide 12 jährige Gattervergangenheit zu verschweigen. Original fotografiert von mir in Friedenfels auf E. v. G-H's Schiesstand. Da hing er. Der Baron war beim 8,5 Schießen mit anwesend und konnte darüber lächeln. Das fand ich sehr weltmännisch von ihm.

Da sieht man mal die Dimensionen, die ein Geweih hervorbringen kann (auch wenn es zugefüttert ist). Interessant obwohl unnatürlich ist es trotzdem.
 
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@ Mitch: Spricht man die auch nach Zahnabschliff an?
Ich sag ja, diese Fastfranzosen baggern alles an! 🤣
 

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